Sturmwelten 01
Jaquento. »Du sagtest: Folgt mir. Und das werden sie tun.«
Die Erkenntnis traf Jaquento wie ein Schlag. Er hatte nicht über das »Nachher« nachgedacht. Sein ganzes Trachten hatte Quibon gegolten, der Freiheit und der Rache. Er hatte seine Ziele erreicht, und dabei hatte er sich zum Kapitän aufgeschwungen, ohne es zu bemerken.
»Was ist mit ihm?«, fragte Manoel und deutete auf Quibon.
»Werfen wir ihn über Bord. Schaut nach, wie viele gehen wollen. Macht die Boote klar. Und Beeilung. Die Windreiter war schon viel zu lange hier draußen.«
»Aye, aye!«, erwiderte der junge Maestre mit einem derart linkischen Salut, dass Jaquento belustigt den Kopf schüttelte, während er sich bei Bihrâd erkundigte: »Wie sieht’s aus?«
»Die Fregatte ist wohl auf Grund gelaufen und liefert sich ein Gefecht mit dem Begleitschutz. Capitane Deguay hat die Gunst der Stunde genutzt und macht sich an die Beute ran.«
»Verflucht! Auf Grund gelaufen?«
Ohne viel Federlesens nahm er Quibons Leichnam dessen Fernrohr ab und überzeugte sich selbst von den Worten des Mauresken. Tatsächlich lag die Mantikor weit in der Bucht. Sie rührte sich nicht. Die beiden Korvetten hatten am Bug und am Heck des großen Schiffes Stellung bezogen und feuerten unablässig, während die Fregatte nur mit wenigen Geschützen antworten konnte. Fluchend schwenkte Jaquento das Fernrohr und sah die Todsünde , die in einem waghalsigen Manöver an das schwarze Schiff heranfuhr. Deguay unterlief die Kanonen des Forts und brachte das schwarze Schiff zwischen sich und die Korvetten. Ein derartiges Manöver in der engen, umkämpften Bucht nötigte Jaquento widerwilligen Respekt ab.
»Wenn die Boote abgelegt haben, setzen wir Segel«, erklärte er Bihrâd. »Wir fahren rein.«
»Was hast du vor?«
Einige Sekunden lang schwieg der junge Hiscadi. Ich täte nichts lieber, als längsseits zur Todsünde zu gehen und das verdammte Schiff zu entern. Aber ich bezweifle, dass mehr als eine Handvoll der Männer und Frauen hier an Bord die Waffen gegen Deguay richten würden. Verfluchter Bastard!
»Wir greifen die Korvette am Heck der Mantikor an. Und dann werden wir beten, dass sich die Thayns aus ihrer Lage befreien. Sonst stehen wir mit unserer schlechten Bewaffnung praktisch allein gegen die Korvette, und das dürfte eine verdammt kurze Schlacht werden.«
ROXANE
Die beiden schweren Anker in die Boote zu schaffen war eine schwierige Aufgabe, die Roxane nur unter lautem Gebrüll und mehreren Verwünschungen lösen konnte. Die beiden Enterboote ruderten derweil weiter, und jede noch so geringe Verzögerung trieb der jungen Offizierin den Schweiß auf die Stirn, mochte doch ihre Ablenkung jederzeit in das Visier der Korvette geraten. Der erste Anker lag bereits in dem Langboot, doch der zweite erwies sich als problematisch, da das beständige Feuer ihrer Feinde die Winsch beschädigt hatte.
»Hievt!«, brüllte sie erneut aus vollem Hals. »Und jetzt fieren. Vorsichtig!«
Mit einem Unheil verkündenden Krachen schlug der Anker im Boot auf, und Roxane fürchtete schon, dass sie das Dingi eigenhändig versenkt hatten, doch es hielt dem Aufprall stand.
»In die Boote! Fähnrich Imrin, Sie haben das Kommando. Bringen Sie die Anker voraus, etwas querab nach Steuerbord. Nehmen Sie ein Lot mit, und achten Sie bei der Einheit darauf, dass Sie mindestens fünfzehn Fuß Tiefe finden.«
Der junge Fähnrich blickte Roxane mit großen Augen an. Eigentlich wäre eine solche Aufgabe einem Leutnant zugefallen, doch sowohl Roxane als auch Aella Hugham wurden an Bord gebraucht.
»Sie schaffen das, Fähnrich. Sie haben unser vollstes Vertrauen.«
»Aye, aye, Thay!«
Sorgenvoll blickte sie dem Jungen nach, während er hinab in das Boot kletterte. Für den Augenblick war das Feuer der Korvette vor ihnen verstummt; vermutlich richteten sie ihre Kanonen auf die Boote aus, die sich ihnen näherten. Gebe die Einheit, dass sie sie verfehlen.
Mühsam arbeitete sich Roxane zurück zum Achterdeck. Inzwischen waren die Schäden an der Takelage bedenklich. Zwei Rahen waren ihnen zerschossen worden und hingen nun in ihren Tauen gefangen herab. Stehendes und bewegliches Gut war gerissen, und überall lagen Holzsplitter und größere Trümmer herum. Der Rumpf hielt dem Beschuss besser stand, doch das Feuer auf die schwächsten Partien, Bug und Heck, würde über kurz oder lang Wirkung zeigen. Wir müssen hier weg. Wir müssen sie mit dem Gewicht unserer Breitseite erdrücken!
Sie sah
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