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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Sklaven, die nicht weiterarbeiteten, gewiss auffallen.
    »Iss die Wurzel nicht«, befahl Majagua leise. »Ich gebe dir heute Abend etwas von meinem Eintopf. Anui straft dich sonst und nimmt dir die Kraft deiner Beine und deiner Augen!«
    Widerwillig nickte Aymero und schniefte noch einmal, bevor er sich wieder hinabbeugte und weitermachte.
    Auch Majagua beeilte sich, den Rücken wieder zu krümmen, um nicht aufzufallen. Schon aufrecht zu stehen ist gefährlich. Auch wenn seine Worte gegenüber dem Jungen hart gewesen sein mochten, waren sie wahr. Wer die Maniokwurzel nicht richtig zubereitete, den bestraften die Ahnen mit Lähmungen, häufig in den Beinen, und mit Blindheit. Einst hatten die Paranao die Gesetze der Ahnen gewissenhaft befolgt, doch mit den blasshäutigen Menschen kamen die neuen Götter, und die kannten die Regeln und Gesetze für das Leben auf den Inseln nicht. So hatte Majagua schon so manchen gesehen, dessen Beine taub und lahm waren, weil er die Ahnen erzürnt hatte, indem er frische Maniokwurzeln aß.
    Der Zorn der Ahnen traf auch jene, die von ihren Tabus nichts wussten, ein Zeichen ihrer Macht und Weisheit, die viel größer als die der Einheit waren. Verächtlich blickte Majagua zu den Aufsehern hinüber. Wir sollten euch den Maniok geben, damit die Ahnen euch strafen. Ich glaube Dagüey nicht, dass unsere Ahnen diese Insel verlassen haben. Anui brennt auf uns herab, Yuara fließt um uns herum, und Maniok gedeiht nur dort, wo ihr Sohn ist. Die Ahnen sind hier!
    Diese Gedanken machten ihm die Arbeit ein wenig leichter. Kaum hörbar summte er ein altes Loblied auf Anui und Yuara, die den Paranao am Morgen der Zeit die Inseln gezeigt hatten, damit ihr Leben gut war. Erst als neben ihm ein Schlag ertönte und jemand schrie, wurde er aus seinen Träumereien gerissen.
    Der alte Mann, dessen Name Majagua nicht kannte, lag neben ihm am Boden, die Hände schützend vor das Gesicht gepresst, während ein Aufseher mit der Knute auf ihn einschlug. Die anderen Sklaven wichen zurück, duckten sich, während die Peitsche wieder und wieder klatschend die nackte Haut traf.
    »Du verfluchter Dieb!«, brüllte der Aufseher mit von Zorn erfüllter Stimme. Sein Gesicht war rot, ob vor Wut oder Hitze, konnte Majagua nicht sagen. An seiner Schläfe pochte eine Ader, so fest schlug er auf den Mann am Boden ein. Aufgebracht blickte der junge Paranao sich um, doch die Soldaten und Aufseher standen um sie herum, mit Musketen und Knuten in den Händen, und beobachteten aufmerksam die Sklaven. Allein ihre Anwesenheit brach den Willen der meisten Arbeiter. Niemand half dem Alten, und niemand würde Majagua beistehen, wenn er die Hand gegen den Aufseher erhob.
    »Was ist hier los?«, donnerte eine Stimme über das Feld. Mit langen Schritten kam Tangye heran, den Hut tief ins Gesicht gezogen, die Peitsche in der Hand.
    »Er hat gestohlen, Thay. Er frisst unsere Ernte auf, das alte Schwein!«
    »So?«
    Die Stimme des obersten Aufsehers war kalt. Er beugte sich neben dem Geschlagenen nieder, der immer noch die Hände vors Gesicht hielt. Mit rauer Gewalt riss Tangye ihm die Arme herunter und zwängte seine Finger in den Mund des Sklaven. Der Alte drehte den Kopf weg, wollte sich wehren, doch er war zu schwach, um sich dem Aufseher zu widersetzen. Er wollte etwas sagen, aber seine Worte waren unverständlich. Schließlich hob Tangye seine Hand hoch und zeigte dem anderen Aufseher ein Stück feuchte Maniokwurzel.
    »Meinst du das?«
    Der andere nickte bestätigend, woraufhin sich Tangye schwerfällig erhob. Er sah sich um, ließ seinen Blick über die versammelten Sklaven und Aufseher gleiten. Anui, hilf uns. Blende diesen räudigen Hund mit deinem Licht. Doch das Licht der Sonne brannte einfach nur weiter mitleidslos herab.
    »Zurück an die Arbeit, verflucht noch mal!«, brüllte der Aufseher, und alle Sklaven, selbst diejenigen, die nicht in seiner Zunge sprechen konnten, verstanden ihn und beugten sich wieder hinab. Auch Majagua folgte dem Befehl, schaute allerdings immer wieder vorsichtig über die Schulter.
    »Schaff dieses Stück Dreck ins Fort. Und sag in der Mine Bescheid, dass sie die Arbeiter heute früher zurückschaffen sollen. Wir bringen sie vor Sonnenuntergang zum Fort, damit alle Zeuge seiner Bestrafung werden.«
    »Ja, Thay.«
    Der Aufseher gehorchte, packte den alten Mann und zerrte ihn vom Feld. Majagua tat, als ob ihn das nicht berühre, denn er sah, wie wachsam die Soldaten waren, nun, da sie den Blick ihres

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