Sturmwelten 01
Entscheidungen und lebt dann mit ihnen. Jeden Tag. Also steh zu dem, was du getan hast.«
»Du wirkst aufgebracht. Hat das mit Pertiz zu tun?«
»Nein, eher mit Quibon. Aber ich will nicht darüber reden. Hol uns lieber was zum Trinken, denn heute wird gefeiert.«
Obwohl ihr Gesichtsausdruck alles andere als fröhlich war, folgte Jaquento ihren Worten. Aber auch seine Gedanken waren nicht bei der Sache, und so amüsierten sie sich wenig.
SINAO
Eine grimmige Entschlossenheit hatte von Sinao Besitz ergriffen. Äußerlich ließ sie sich nichts anmerken, sondern arbeitete genauso hart wie zuvor. Sie war still, unterwürfig und ruhig. In ihrem Herzen hingegen brodelte es.
Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass Anui den Menschen das Feuer seiner Sonne gegeben hatte, nicht nur wegen der Wärme und zum Kochen, sondern er hatte es auch in ihre Herzen gelegt, damit es dort brenne und ihnen Liebe schenke. Doch wie so viele Geschenke der Ahnen, hatte auch dieses zwei Gesichter, und mit der Liebe kam der Zorn. Sowohl Liebe als auch Zorn konnten heiß brennen oder auch glühen, aber sie sollten nicht lodern und vergehen, sondern für alle Zeiten im Herzen sein.
Erst jetzt verstand Sinao die Worte ihrer Mutter, denn sie spürte die Wut in sich, aber diese Wut machte sie stark und ließ sie schweigen, wenn sie schreien wollte. All ihre Gedanken waren nun auf ein Ziel gerichtet, und ihre Ängste waren zu Rauch geworden und davongeweht. Der Schafsjunge hat die Wahrheit gesprochen: Wir sind bereits alle tot. Wenn wir auf Hequia bleiben, wird jeder Einzelne von uns in einem der namenlosen Gräber enden, ohne dass unsere Nachfahren zu uns kommen, mit unseren Geistern sprechen und uns ehren. Wir werden keine Kinder haben, und wenn, dann werden sie ein so elendes Leben führen wie wir auch, und sie werden uns dafür hassen, dass wir es ihnen geschenkt haben. Er hat die Insel Oubao-moin genannt, die BlutInsel, und er hat recht!
Wir sind tot, aber Tote haben keine Furcht. Das ist unser Vorteil.
Andere Vorteile hatten sie nicht, das wusste sie nur zu genau. Alle Macht lag in den Händen der Soldaten und Aufseher. Wenn sie tatsächlich ihrem Dasein als Sklaven entfliehen wollten, dann mussten sie sich ihre Vorteile selbst schaffen. Eines ist jedenfalls sicher, dachte Sinao, während sie einen großen Klumpen Teig für neues Brot knetete, Gewalt wird uns nicht helfen. Als sie mit der Konsistenz des Teigs zufrieden war, füllte sie ihn in die eingefetteten Formen und presste das Siegel darauf. Brot für die Corbaner, heller und aus gutem Mehl gemacht. Brizula machte den Teig für das Sklavenbrot. Dunkler, wie die meisten Sklaven selbst. Nur in den Ofen wurden die Formen gemeinsam geschoben.
Erschöpft wischte sich Sinao über die Stirn. Ihre Finger hinterließen einen Streifen Mehl auf ihrer Haut, doch sie kümmerte das nicht. Während das Brot buk, würden sie die Küche putzen und sich waschen, und Bebe würde die Netze mit dem Fleisch in den großen Wassertopf des Ofens hängen. Bis zur Essensausgabe danach gab es wenig zu tun, außer sich zu unterhalten und hin und wieder nach dem Brot zu schauen. Anders als sonst sehnte sich Sinao nach der Essenszeit. Die erzwungene Warterei zerrte an ihren Nerven, und so schrubbte sie energisch die Küche und sogar die beiden Treppen.
Brizula hatte ihr einmal erklärt, dass die Zeit schneller vergehe, wenn man sich beschäftigte, doch für Sinao veränderte sich die Zeit nicht, egal, wie viel sie auch arbeitete. Jeder Moment verging so langsam wie der vorherige, aber wenigstens war die Küche so sauber wie schon lange nicht mehr.
Schließlich zeigte ihr ein Blick in den Ofen, dass die Hefe in den Broten aufgegangen war, und die Laibe hatten nun eine schöne Kruste und dufteten gut. Sinao packte gemeinsam mit den anderen die Körbe und den Kessel. Während vier Soldaten kamen, um die Rationen für die Garnison abzuholen, senkte Sinao den Blick, aber sie merkte sich jedes ihrer Worte und jede ihrer Bewegungen. Die Blassnasen fürchteten die Sklaven nicht; sie hatten ihre Musketen nicht dabei, kaum einer trug mehr als eines der langen Messer am Gürtel. Sie lachten und scherzten in ihrer Sprache und achteten nicht auf die Küchensklaven. Es waren junge Corbaner, drei Männer und eine Frau, deren helle Haut von der Sonne gebräunt worden war.
Ihre unbekümmerten Worte erschienen Sinao nicht schlimmer als die der Sklaven, und dennoch schlugen und töteten sie auf Befehl. Für sie sind wir nicht
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