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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Elend der Welt anzuprangern und anklagende Worte gegen die Mächtigen, die es verursachten, zu äußern. Etwas ganz anderes war es, seinem Unmut mitten während der königlichen Audienz freien Lauf zu lassen. Der Poet zweifelte weder an der Ernsthaftigkeit des Anliegens noch am guten Willen Urzangíns. Doch mittels solcher Methoden würde er niemals in die Nähe des Königs gelangen; im Gegenteil, er verdammte sich so selbst zu einer Existenz am Rande des Spiels, unter all den anderen Verzweifelten und Verbitterten, die sich gegenseitig von ihren gerechten Gesuchen berichteten und stets den Spott und Hohn aller anderen auf sich zogen. Diese Leute der Lächerlichkeit preiszugeben war bei Hofe eine Art Wettstreit, und je öffentlicher man sie bloßstellte, desto besser.
    »Leise«, zischte Franigo also, da er nicht, allein weil er eine solche kannte, zu jenen verlorenen Seelen gerechnet werden wollte, die ihr eigenes Versagen nicht akzeptieren wollten. Schon blickte er die Umstehenden kühl an, forderte sie heraus, das Wort zu erheben. Er beteiligte sich noch nicht an dem Spiel, aber er beherrschte es wie kaum ein anderer. Ein schlechter Poet wäre er wohl gewesen, wenn er sich nicht mit Worten zu verteidigen gewusst hätte. Und Urzangín würde in den Genuss seiner Hilfe kommen, Unbeholfenheit hin oder her. In diesem Augenblick waren sie beide Hiscadi, mitten in der Höhle des Löwen von Géronay. Doch keiner machte einen Scherz, nach und nach blickten alle wieder weg.
    »Verzeihung«, murmelte der kleine Mann und hob den Arm, unter dem er eine Mappe mit Papieren trug. »Ich werde sehen, wer mir Gehör schenken wird.«
    »Ich hoffe inbrünstig, dass Ihr der richtigen Person begegnet«, erklärte Franigo ehrlich, um seinem Landsmann in der Fremde zumindest mit guten Wünschen beizustehen, wenn er ihm schon nicht mit Worten oder gar Taten helfen konnte. Doch die schlechte Position des hiscadischen Adligen war nur allzu offensichtlich, und der Poet fürchtete, dass dessen Sache schon längst verloren war. Für einen Herzschlag fragte er sich, ob es ihm ähnlich ergehen würde. Ist mein Ansinnen töricht, und bin ich nur noch Ziel für das Gespött der Erfolgreichen? Schnell verwarf er diesen Gedanken, denn so konnte es einfach nicht sein.
    Es dauerte einige Momente, bis Franigo bemerkte, dass das unablässige Getuschel in der Halle verstummt war. Verwundert blickte er sich um und sah sofort den Grund für die einsetzende Stille. Durch eine der doppelflügligen Türen war Tareisa in den großen Saal gekommen. Obwohl sie keine offizielle Position am Hofe innehatte, wusste ein jeder, wie nahe sie dem König stand. Gerüchte gab es zahllose: sie sei seine Mätresse, seine geheime Schwester, sie habe ihn bezaubert, betört, seine Seele geraubt; eine Daemonin nannten sie manche, Hexe wieder andere. Sie sei mit Magie dem Untergang des Imperiums entkommen und durch die Jahrhunderte gereist, sie sei eine Gesandte unbekannter, fremder Mächte jenseits des Weltenrunds.
    Franigo konnte all dieses Gerede in den Augen der Höflinge gespiegelt sehen, auch wenn deren Gesichter geradezu angestrengt neutral blieben. Angst, Hass, Gier. Denn Tareisa besaß etwas, wonach es alle verlangte: das Vertrauen des Königs.
    Sie scherte sich nicht um die Aufmerksamkeit, die auf sie gerichtet war. Die Menge teilte sich vor ihr, wich sich verneigend zurück. Die höflichen, ja untertänigen Begrüßungen wurden von ihr ignoriert; Tareisas Blick war fest auf den König gerichtet. Der ganze Saal war verstummt, nur das laute Klacken ihrer Stiefelabsätze auf dem Steinboden war noch zu hören. Inmitten der bunten Höflinge, die alle nach neuester Mode gewandet waren, fiel ihr schlichtes schwarzes Kleid weitaus mehr auf, als es eine farbenfrohe Robe gekonnt hätte.
    Die Kleidung einer Trauernden . Oder einer Büßenden , dachte Franigo, während seine Hand unbewusst über sein ebenso schwarzes Wams strich. Seine Finger berührten die mit rotem Faden aufgestickte Rose, Zeichen seiner Mitgliedschaft im ältesten und angesehensten Orden seiner fernen Heimat. Erstaunt erkannte er, dass Tareisa und er die einzigen beiden in Schwarz gewandeten Personen im ganzen Saal waren. Ein unerklärliches Gefühl der Verbundenheit ergriff ihn, als sie an den König herantrat und ebenso schlicht wie stolz das Haupt neigte.
    Eine Handbewegung des Herrschers genügte, und alle traten zurück, schufen einen offenen Kreis um das ungleiche Paar. Sie allein stand im Sanktum seiner

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