Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
junge Mann, der sich als Manoel vorgestellt hatte, blickte sich gründlich in der Kajüte um, und sein Gesicht brachte deutlich zum Ausdruck, dass es in seinen Augen dennoch Thyranes Schiff sei.
Mit der Rechten wies Thyrane auf das niedrige Beistelltischchen mit den Gläsern, die in verzierten Haltern steckten. »Kann ich euch etwas zu trinken anbieten? Port oder Branntwein? Ich müsste auch etwas Rum da haben, und ich bin sicher, der Stewart kann noch mehr auftreiben.«
Der Maestre blickte seine Gefährtin an, dann sagte er: »Rum für mich. Und für dich, Sin …ao?«
»Wasser, bitte.«
Während der Junge sich in den Stuhl fläzte, als sei er an Bord zu Hause, saß die junge Paranao hoch aufgerichtet da, mit im Schoß gefalteten Händen, und blickte nur selten hoch. Ihr ganzer Leib verriet ihre Anspannung und ihr Unbehagen. Ihre Knöchel traten unter ihrer braunen Haut weiß hervor. Selbst ihre Stimme klang angestrengt und gepresst.
Es dauerte einige Momente, bis Thyrane begriff, warum das Mädchen an Bord so eingeschüchtert war. Sie war eine Sklavin. Sie hat von Leuten wie mir gewiss selten Gutes erfahren . Während der Bengel in ihrer Begleitung vermutlich ein Kanonensohn ist. Gezeugt auf dem Zwischendeck und am Hafen zwischen Spelunken und Gesindel aufgewachsen . Aber wenn er das schwarze Schiff finden wollte, war er auf die beiden angewiesen.
Der Admiral goss seinen Gästen die gewünschten Getränke ein und genehmigte sich selbst ein Glas des guten Ports. Er mochte nicht daran denken, was das Mädchen durchgemacht haben musste, aber seine Gedanken kreisten dennoch darum. Wäre die Mantikor mein Schiff gewesen, ich hätte ebenfalls keinen Moment gezögert, diese Bastarde von der Compagnie auszuräuchern und ihren Machenschaften ein Ende zu setzen . Einige Augenblicke lang gestattete er sich diese nicht unangenehme Vorstellung, dann riss ihn Manoel aus seinen Gedanken.
»Wie kommen wir ins Geschäft?«
»Bitte?«, fragte Thyrane.
Der junge Maestre zuckte mit den Schultern. »Du hast gesagt, dass du etwas von uns willst, Admiral. Du willst die Ladung dieses verfluchten Schiffs finden, und wir sollen dir dabei helfen. Du segelst den ganzen Weg von Thaynric bis nach Lessan. Lässt uns aufspüren. Die ganze Sache scheint dir und deinen Freunden in Corbane ziemlich wichtig zu sein. Also, was gibst du uns dafür, dass wir dir helfen?«
Thyrane überlegte, wie er auf diese Provokation reagieren sollte. Für einen Moment erwog er, einen harten Kurs einzuschlagen und den beiden eine Lektion zu erteilen, aber dann entschied er sich angesichts des Mädchens dagegen. Bei einem abgebrühten Kerl wie Manoel, der offensichtlich nicht allzu leicht zu beeindrucken war, hätte er nicht gezögert, diesem Manieren beizubringen, aber in Gegenwart Sinaos brachte er es nicht übers Herz.
Also legte er die Finger vor dem Gesicht zusammen und schürzte die Lippen, als denke er nach. Erst dann antwortete der Admiral: »Ich biete euch an, die Anklagen gegen euch fallen zu lassen. Und euch wieder auf freien Fuß zu setzen. Sinao kann zu ihren Gefährten zurückkehren, wenn sie das möchte. Und du kannst auf einem Schiff anheuern, wie es dein Plan war. Ihr könnt auch beide anheuern, ganz wie ihr wollt. Und ein kleines Handgeld sollte auch noch möglich sein.«
»Und was willst du dafür haben?« Das Misstrauen in Manoels Stimme war nicht zu überhören. »Informationen über das Gefecht?«
Thyrane konnte ihm die vorsichtige Erwiderung nicht verdenken. Dort, wo du herkommst, gibt es sicher nicht viel umsonst, dachte der Admiral mit einem Anflug von Sympathie für den jungen Mann. Andererseits traf das auch auf die Königliche Marine zu.
»Ja. Über das Gefecht, über die Insel, über das schwarze Schiff. Ich will alles wissen.«
»Warum?«
»Nun, das wiederum ist meine Angelegenheit, nicht wahr?«
Manoel schien zu überlegen. Unvermittelt brach es aus Sinao heraus: »Ich will, dass die befreiten Sklaven gut behandelt werden. Und die Seeleute von der Windreiter auch. Die uns geholfen haben. Und der Kapitän. Er hat uns befreit. Jaquento.«
Jetzt wirkte sie etwas älter, ein wenig erfahrener als noch vor wenigen Augenblicken. In ihrem Blick lag mehr Wissen, als es ihr Alter vermuten ließ. Während ihre Finger den Stoff ihres Rockes kneteten und dann wieder glatt strichen, blieben ihre Augen ruhig auf den Admiral gerichtet. Dunkle Augen, hinter denen sich dunkle Erfahrungen verbargen. Aber auch ein wacher Geist.
»Die
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