Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
ehemaligen Sklaven werden gut behandelt, und ich habe dafür Sorge getragen, dass ihnen geholfen wird«, erwiderte Thyrane langsam. »Die Männer und Frauen der Windreiter … nun, das ist ein anderes Thema. Die meisten von ihnen wurden bereits in den Dienst gepresst, wie es in solchen Fällen üblich ist. Ich kann zwar noch sehen, was ich tun kann, aber ich will keine Versprechen geben, die ich nicht halten kann. Und dieser Kapitän, dieser …«
»Jaquento«, sprang Manoel hilfreich ein.
»Jaquento, danke. Er befindet sich an Bord eines Schiffes, das ihn nach Corbane bringt. In dieser Hinsicht sind mir die Hände gebunden; auf das Schicksal dieses Mannes habe ich keinen Einfluss mehr.«
Sinao senkte den Kopf, und auch ihre Schultern sanken herab, bis sie mehr kauerte als saß. Ihr Moment der Kühnheit war verstrichen.
Manoel hingegen nickte gewichtig. »Wir sind einverstanden.«
Der junge Maestre spuckte sich in die linke Hand und hielt sie Thyrane hin. Obwohl seine Miene ungerührt blieb, tanzte der Schalk in seinen Augen. Ebenfalls mit ausdruckslosem Antlitz spie der Admiral ebenfalls in seine Hand und schlug ein. Doch noch bevor er wieder losließ, forderte Manoel: »Wir fahren mit diesem schmucken Schiff mit. Du setzt uns irgendwo ab, wo es weniger förmlich zugeht als auf Lessan. Ich glaube dir, aber ich traue den Leuten hier an Land nicht.«
Thyrane nickte. Die ungebührliche Anrede hatte er bisher ignoriert, obwohl es ihn einige Überwindung gekostet hatte, aber nun verstand er plötzlich. Ich habe mich getäuscht. Das hier ist kein Straßenjunge, der ein bisschen wildes Talent besitzt. Er ist gebildet. Vielleicht hat er sogar eine Ausbildung in seiner Kunst erhalten. Er ist jedenfalls kein Feld-Wald-und-Wiesenmagier. Er kann sich ausdrücken, wenn er es will, und er hat mir gezeigt, dass er meine Respektlosigkeit in der Anrede mit Gleichem quittiert. »Sie
sind ein schlauer Fuchs, Maestre, und ich akzeptiere Ihre Bedingungen. Sie beide sind Gäste an Bord, bis wir einen Ort finden, der Ihnen zusagt.«
Jetzt ließ Manoel Thyranes Hand los und nippte an seinem Rum. Als er diesen genießbar fand, stürzte er das ganze Glas mit einem Schluck hinunter. »Was genau wollt Ihr wissen?«, fragte er.
Während der Admiral zu erklären begann, auf welche Informationen es ihm ankam, versuchte er sein Gegenüber genauer einzuschätzen. Ich frage mich, was ihn zu diesen Piraten gebracht hat. Und was er wirklich an Bord will .
Als Manoel schließlich von den Geschehnissen vor Hequia berichtete, schwieg Thyrane und lauschte der Erzählung. Er versuchte, das Gehörte mit den Berichten von der Mantikor und von den ehemaligen Sklaven abzugleichen. In weiten Teilen deckten sie sich, doch als der junge Maestre auf das schwarze Schiff zu sprechen kam und auf die Wirkung, die dessen Ladung auf die Vigoris gehabt hatte, rückte der Admiral unwillkürlich in seinem Stuhl nach vorn und richtete seine volle Aufmerksamkeit auf die Worte seines Gegenübers. Was auch immer die Compagnie dort transportiert hatte, es stellte allein durch diesen Effekt eine potente Waffe, aber auch eine große Gefahr dar.
»War dies ein ähnlicher Effekt, wie ihn ein Caserdote produzieren könnte?«
Der Maestre schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht wirklich. Es war mehr ein Sog. Ein Caserdote würde die Form der Vigoris zerstören, das Muster, das ein Maestre ihr gibt, wodurch die Magie ihren Effekt verliert und sich auflöst. Aber das schwarze Schiff hat die Vigoris ganz gestohlen, bevor man ihr überhaupt Form geben konnte. Jeder Versuch, dagegen einen Zauber zu wirken, war überaus anstrengend, und die simpelsten Resultate kosteten sehr viel Kraft.«
Nachdenklich rutschte Thyrane wieder nach hinten und legte den Kopf in den Nacken. Seine Gedanken rasten, aber noch fand er keine Erklärung für die beschriebenen Phänomene. Ihm stand ein Gespräch mit dem Bordmaestre bevor, so viel war sicher. Und vielleicht ließ sich Manoels Wissen noch weiter nutzen, sofern es ihm gelang, die abwehrende Haltung des jungen Mannes zu durchbrechen.
Ein Klopfen an der Tür lenkte ihn von seinen Gedanken ab.
»Herein.«
Es war Leutnant Tarren, die gebückt den Raum betrat, steif salutierte und den Admiral dann fragend ansah. Es war ihr sichtlich unangenehm, vor den beiden Zivilisten zu sprechen, aber Thyrane fühlte sich nicht bemüßigt, dies zum Anlass zu nehmen, die beiden hinauszuschicken.
»Ja, Leutnant?«
»Gerade eben ging ein kleines Boot
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