Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
sich einige Augenblicke lang, bevor sie die Pforte öffnete, sich der Vigoris ergab und das Wort formte. Meister .
Lange musste sie nicht warten. Ihr Ruf war davongeeilt, getragen von der Vigoris, und hatte sein Ziel erreicht. Seine Antwort war weitaus stärker, seine Kontrolle der Vigoris und sein Wissen um das Arsanum ohnegleichen.
Du tust gut daran, dich zu melden, Kind. In Géronay geschehen kuriose Dinge, die jedoch keinen Einfluss auf unsere Pläne haben dürfen. Der Weg nach Maillot ist nicht sicher genug; die Stadt ist möglicherweise in der Hand von Aufständischen. In Boroges haben sich königstreue Regimenter zusammengefunden. Wird deine Autorität ausreichen, um in diesem Hafen eine sichere Übergabe zu gewährleisten ?
Tareisas Gedanken überschlugen sich beinahe. Sugérands Schicksal war ihr unbekannt, aber sie hatte schon oft in seinem Namen gesprochen. Wenn die Soldaten tatsächlich loyal geblieben waren, würden sie ihr wohl gehorchen. Und wenn nicht, hatte sie noch immer ihre Macht zur Verfügung. Sie sandte ein Ja an den alten Mann.
Gut. Begebt euch nach Boroges. Ich werde dafür sorgen, dass man euch dort empfängt. Und bereite die Trennung von diesen Söldnern vor, mein Kind . Die Stimme in ihrem Kopf klang nun zufrieden. Die letzte Phase beginnt, und wir können keine Risiken eingehen. Es ist an der Zeit, dieses Verhältnis zu beenden .
Der alte Mann erwartete keine Antwort; er erwartete nie eine, wenn er seine Befehle gab. Sie würde sie befolgen, mehr brauchte er nicht zu wissen.
Tareisa öffnete die Augen. Die Seeleute starrten sie an, aber sie hatten von der stummen Konversation nicht ein Wort mitbekommen.
»Zurück zum Schiff.«
Während die Riemen in die See tauchten, musste die Maestra daran denken, dass Deguay ihr gegenüber redlich war. Und der Preis für diese Treue würde kein geringer sein.
SINAO
Vielleicht war es die untergehende Sonne, deren Licht das Gesicht des Admirals blutig rot färbte, die in Sinaos Herz eine düstere Stimmung aufkommen ließ. Dabei sollte sie sich eigentlich freuen, denn noch in dieser Nacht würden die Menschen der Compagnie für ihre Verbrechen bestraft werden. Doch die junge Paranao ahnte, dass auch dies nicht die Leere vertreiben würde, die Majaguas Tod in ihr hinterlassen hatte. Und dennoch verlangte es sie nach Rache.
»Bald beginnt es«, erklärte Thyrane leise und legte ihr die Hand auf die Schulter, als spüre er ihren inneren Aufruhr.
»Du solltest nicht allein gehen.«
Er lächelte und blickte zur Insel, wo das Fort noch von den letzten Strahlen der Sonne hell erleuchtet wurde, während die Bucht bereits in den Schatten der anbrechenden Nacht versank.
»Ich bin nicht allein, Sinao. Mach dir keine Sorgen um mich. Denk an dich, denn du wirst mitten in der Gefahr sein. Aber der Plan ist gut – das sind meine Pläne für gewöhnlich«, sagte der alte Mann. Seine buschigen Augenbrauen hoben sich, dann zwinkerte er ihr zu.
Den ganzen Tag hatte er mit dem Kapitän und einigen Offizieren in der Kajüte verbracht und über Karten und Listen gebrütet, während Sinao auf Deck ruhelos auf und ab gegangen
war wie ein gefangenes Tier, nachdem Manoel ihr erklärt hatte, dass ihnen Schiff und Fort der Compagnie überlegen waren und sie deshalb nicht einfach angreifen konnten.
Jetzt lehnte der junge Maestre an der Reling, wie zumeist nur mit einer einfachen Hose bekleidet, die er mit einem Tau um seine Hüften geschlungen hatte. Es schien, als würden ihn die Vorbereitungen gar nicht interessieren, aber Sinao sah, wie seine Augen hinter den halb gesenkten Lidern alles genau verfolgten.
»Wir brechen auf«, befahl der Admiral mit einem Blick auf die versinkende Sonne, dann wandte er sich an Kapitän Bercons: »Sie haben Ihre Befehle, Thay. Viel Erfolg bei diesem Unternehmen.«
»Ich wünsche Ihnen Glück, Thay«, erwiderte der Kapitän und salutierte.
Thyrane hob grüßend die Hand an den Dreispitz. Dann drehte er sich um und kletterte langsam die Leiter hinab in das wartende Boot. Noch bevor er sich gesetzt hatte, befahl er abzulegen, und die Ruderer legten sich in die Riemen.
Es waren vierzehn Menschen in dem Boot, darunter lediglich zwei Marinesoldaten, und Sinao wusste, dass der Admiral in der Festung hoffnungslos in der Unterzahl sein würde. Während diese Aussicht ihm selbst offenbar nichts ausmachte, sank Sinaos Herz ebenso wie die Sonne.
Als das Boot die Insel erreichte, wich der Tag unwiderruflich der Nacht.
Im Zwielicht
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