Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
baumeln .
Außer ihm befand sich nur Bihrâd in dem improvisierten Gefängnis, das sich irgendwo im Bug befinden musste, denn es verengte sich deutlich. Die dicken Planken mussten die Bordwand sein, und die Wände waren aus schwerer Eiche errichtet. Die Bewegung des Schiffs war ruhig, als läge es vor Seegang geschützt irgendwo vor Anker.
Eine bekannte Stimme ertönte von jenseits der dicken Eichentür. Dann rasselte etwas, vielleicht eine Kette, und die Tür schwang nach außen auf. Zwei Marinesoldatinnen standen rechts und links der Öffnung, und Roxane schritt steif durch sie hindurch. Sie war in eine tadellose Uniform gekleidet, das blonde Haar hatte sie zu einem festen Zopf gebunden. Der harte Ausdruck auf ihrem Gesicht ließ nicht viel Spielraum für Spekulationen. Eine Soldatin wollte ihr in den Raum folgen, doch die Offizierin winkte ab: »Schon gut.«
»Was soll der Zinnober?«, herrschte Jaquento sie an. Er war wütend. Auf sie, auf den Admiral, auf die Thayns, aber vor allem auf sich selbst, denn als er sie gesehen hatte, war ein kurzer Funken Freude durch seinen Geist gezuckt. Das Weibsstück hat nichts außer ihrer verfluchten Karriere im Kopf. Ein Fluch auf sie und ihre Marine . Doch ihn beschäftigte noch eine andere Sache. Etwas fehlte ihm, aber er konnte nicht den Finger drauf legen, was es war.
»Können wir in Ruhe reden?«
Ihr Blick wanderte zu Bihrâd, der ihn mit vor der Brust gekreuzten Armen stoisch erwiderte. Einige Sekunden lang geschah nichts, dann nickte Jaquento. Wir sind in ihrer Hand. Besser, wir spielen ihr Spiel ein wenig mit .
Ohne ein Wort zog der Maureske sich einige Schritt zurück. Viel mehr war innerhalb ihrer beengten Unterkunft kaum möglich.
»Was ist passiert? Wir beide hatten so viel Spaß in der Residenz des Admirals, aber ich kann mich kaum noch erinnern, wie dieser bezaubernde Abend ausgegangen ist. Schöne Frauen haben diese Wirkung manchmal auf mich.«
»Es gibt keinen Grund, sarkastisch zu werden«, entgegnete Roxane. Sie hielt sich kerzengerade. Kein Muskel regte sich in ihrem Gesicht, nur die Stirn hatte sie bei seinen Worten zornig in Falten gelegt. »Die Situation ist sehr ernst.«
»Ach? Tatsächlich. Also was kann ich tun, um Euch aus Eurer nicht allzu offenkundig misslichen Lage zu erretten? Obwohl … So wie es aussieht, bin ich derjenige, der in die Brig gesperrt wurde.«
Jetzt seufzte sie leise.
»Hören Sie, mir gefällt das ebenso wenig wie Ihnen, aber ich habe meine Befehle.«
»Befehle?«, höhnte der junge Hiscadi. »Ich dachte, man hätte Euch mit Schimpf und Schande aus der Marine gejagt. Ich war schon darauf vorbereitet, Euch einen Platz auf meinem Schiff anzubieten.« Angewidert blickte er sich um: »Stattdessen habe ich wohl einen Platz auf Eurem Schiff bekommen. Und keinen allzu guten, wie ich hinzufügen möchte.«
»Meine Order lautet, die Mantikor zurück in die Heimat zu transferieren, die Gefangenen an die offiziellen Stellen zu übergeben und mich vor einem Kriegsgericht zu verantworten.«
»Warum? Warum hat der alte Bastard Euch nicht selbst fertiggemacht?«
»Ich würde denken, dass er es vorzieht, wenn eine Offizierin in Loidin mit Schimpf und Schade, wie Sie so schön sagten, aus der Marine Ihrer Majestät gejagt wird. Das erzeugt mehr Öffentlichkeit. Entsprechendes gilt für Sie und Ihre
Leute: Das Unwesen der Piraterie und vor allem der Freibeuterei ist im Zuge des Krieges immer weiter angewachsen, und man sucht händeringend nach Möglichkeiten, endlich ein Exempel zu statuieren. Ein Prozess käme da sehr gelegen.«
»Ein Prozess? Wohl eher ein Tribunal, gefolgt von einer Hinrichtung.«
Jetzt zeigte die ausdruckslose Maske ihres Gesichts doch einige Risse. Ihre Finger verkrampften sich kurz, dann aber verschränkte sie die Arme hinter dem Rücken.
»Dieser Ausgang liegt wohl in der Absicht des Admirals.«
»Das ist doch kompletter Wahnsinn«, erklärte Jaquento mit einem Kopfschütteln. »Wo ist der Rest meiner Mannschaft?«
»Der Admiral schickt nur die … die Rädelsführer nach Loidin. Der Rest wird vor Ort vor Gericht gestellt. Ich gehe davon aus, dass man sie zum Dienst in der Marine pressen wird. Erfahrene Seeleute sind recht wertvoll, besonders hier, am Ende der Welt.«
»Ich hoffe, Ihr erwartet für diese Mildtätigkeit keine allzu großen Dankesbekundungen.«
»Nun, nicht wirklich, nicht wahr?«
»Und wie soll es weitergehen? Fahrt Ihr uns nach Loidin, wie Euer wackerer Admiral es verlangt, wo man
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