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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Gesichtsausdruck zwischen zwei der Wachen hing. »Nehmt ihn mit«, sagte er, aber auf Thaynrisch und, wie es ihr schien, mehr zu Roxane als zu seinen Männern.
    »Was wollt ihr von mir?«, meldete sich Sean zu Wort. Seine Stimme klang unsicher und verriet seine Angst. »Wo bringt ihr mich hin?«
    Der Glatzköpfige trat zu dem gefangenen Seemann, das Gesicht merkwürdig regungslos. »Das wirst du schon sehen«, sagte er. Dann nickte er einem der Gerüsteten zu, der daraufhin mit dem Knauf seines Schwertes ausholte und Sean einen harten Schlag verpasste. Der Kopf des Matrosen sackte nach vorn und baumelte vor seiner Brust; offenkundig hatte Sean das Bewusstsein verloren.
    Roxane konnte spüren, wie Jaquento sich anspannte. Bleib ruhig, bat sie in Gedanken. Du kannst ihm nicht helfen.
    Augenblicke später war der Spuk vorbei und die Wachen mitsamt ihrem Anführer und Sean verschwunden. Wieder herrschte tiefste Dunkelheit. Roxane ließ sich neben Jaquento sinken und lauschte ihrem wild pochenden Herzen.

    »Was werden sie mit ihm machen?«, flüsterte sie dem Hiscadi zu, dessen Atem sie neben sich spüren konnte.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er düster. »Ich hoffe, sie wollen an ihm nicht nur ein verdammtes Exempel statuieren. Er ist zwar ein Spion und hat uns aus Rachine entführt, aber den Tod wünsche ich ihm trotzdem nicht.«
    So wenig wie ich, Spion hin oder her.
    »Jaq, verdammt, was sollen wir nur tun?«, fragte Roxane leise. Sie drängte sich an den Hiscadi, der beide Arme um sie legte.
    »Ich weiß es nicht, Quéri«, flüsterte Jaquento. »Im Augenblick können wir gar nichts tun, fürchte ich.« Dann drehte er den Kopf zur Seite. »Bihrâd? Ist bei dir alles in Ordnung?«
    »Ja, mein Freund«, ertönte die gutturale Stimme des Mauresken. »Ich bin hier. Der Bastard, der Sean abgeholt hat … ich glaube, er ist wie ich. Stark in seiner Fähigkeit.«
    Ausnahmsweise hätte Roxane die Meinung des Magietrinkers nicht gebraucht, um das selbst zu erkennen; der Glatzköpfige hatte auch so eine Aura selbstbewusster Macht verströmt.
    »Ob sie auf ihn gewartet haben?«, überlegte sie laut. »Ich meine, wir sitzen jetzt seit fast einer Woche hier fest, und in der ganzen Zeit ist nicht das Geringste geschehen, und wir haben auch niemanden zu Gesicht bekommen, der offizieller aussah als die Wachen.«
    »Du meinst, dass sie erst diesen Glatzkopf dazuholen mussten, um zu entscheiden, was sie mit uns machen wollen?«
    »Das wäre immerhin möglich, Jaq«, stimmte der Maureske Roxane zu.
    »Wenn er hier das Sagen hat, besteht vielleicht auch die Möglichkeit, dass wir hier herauskommen, sobald er sich mit Sean oder einem anderen von uns unterhalten hat«, vermutete
die Kapitänin, aber sie hörte selbst, dass der Zweifel in ihrer Stimme die hoffnungsfrohen Worte Lügen strafte.
    In den vergangenen Tagen hatten Sean, Jaquento und sie außer ihren Wachen nur einen kleinen Mann mit einem enorm langen Zopf in ihrem Gefängnis gesehen, der ihnen zweimal am Tag Wasser und Essen brachte – Reis oder eine Fischsuppe, in der dünne, beinahe durchsichtige Nudeln schwammen. Ihre Welt beschränkte sich auf den großen Raum, in dem sie warteten oder schliefen, und einen kleinen angrenzenden, der eine Latrine enthielt. Die Stimmung unter den vier Gefangenen war zunächst gereizt gewesen, da keiner vom anderen wusste, inwieweit er an ihrer vertrackten Lage schuld war, doch nach einer Weile war der fast greifbare Ärger einer beklemmenden Stille gewichen.
    »Es muss ja irgendeinen Grund geben, warum sie uns hier festhalten«, erklärte Jaquento.
    Roxane schloss die Augen und ließ sich auf die Schlafmatte zurücksinken. Sie achtete nicht darauf, was Bihrâd auf die Worte des Hiscadi erwiderte, sondern fragte sich zum vielleicht hundertsten Mal, was wohl ihre Besatzung gerade unternahm. Sie konnte sich nicht sicher sein, welchen Weg Huwert und Groferton wählen würden. Vermutlich würden sie sich zunächst bemühen, Nachforschungen anzustellen, was aus ihrer Kapitänin geworden war. In einer fremden Stadt, deren Sprache beide nicht beherrschten, konnte sich das allerdings als schwieriges Unterfangen erweisen.
    Und vielleicht war ja auch das Schiff längst beschlagnahmt.
    Als das erste Licht des Tages durch die vergitterten Fenster drang, wurde die Tür wieder aufgestoßen. Zwei Wachen schoben Sean in den Raum, der ohne ihre Stütze wie leblos zu Boden fiel. Er trug noch immer die leichte Hose, in der sie ihn abgeholt hatten. Sein

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