Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
Oberkörper wies zahlreiche Blutergüsse
auf, und sein linkes Auge war zugeschwollen. Aus seiner Nase lief Blut.
Roxane sprang sofort auf, und Jaquento und Bihrâd taten es ihr gleich. Mit wenigen Schritten waren sie bei dem ehemaligen Matrosen. Der Maureske und Jaquento hoben Sean auf und legten ihn auf eine der Schlafmatten.
»Schon gut, Kumpel … es geht schon«, murmelte Sean und öffnete das rechte Auge. Bihrâd holte den Wasserkrug und reichte dem Verletzten wortlos ein nasses Stück Stoff.
Sean schloss die Augen und presste sich den Lappen gegen die Nase. Der Stoff färbte sich zunächst rasch rot, doch dann versiegte das Blut allmählich.
»Bei der Einheit, was haben sie mit dir gemacht?«, fragte Roxane schließlich.
Der Matrose senkte das Stoffstück und betrachtete es scheinbar aufmerksam. »Mir eine ordentliche Abreibung verpasst«, erklärte er nuschelnd. »Die Bastarde haben mich hier rausgeschleift, mich an der Decke festgebunden und mir erstmal eine gute Weile zugesetzt, bis ihr Chef, dieser glatzköpfige Wichser, wieder aufgetaucht ist. Er war’s dann auch, der mir die Fragen gestellt hat.«
»Was für Fragen?«, verlangte Jaquento zu wissen.
Sean sah den Hiscadi an und hob den Wasserkrug an die aufgeplatzten Lippen. Er verzog das Gesicht, als das Glas seine Haut berührte, trank aber trotzdem.
»Sie wollten wissen, was ich über die Schiffsladung weiß. Und über euch. In wessen Auftrag wir unterwegs sind. Was wir mit der Ladung vorhaben, sollten wir sie kriegen.
Das alles waren schon Fragen, auf die ihm meine Antworten eher nich’ gefallen haben. Und dann hat er noch ein paar Mal gefragt, ob ich wüsste, wo jemand oder etwas namens Rei’Ong steckt.« Der ehemalige Matrose seufzte. »Am Ende
hat er wohl eingesehen, dass ich keine Ahnung habe, worüber er da überhaupt redet. Dann hat er es mir erklärt. Er sucht einen kleinen Drachen.«
Roxane wechselte einen raschen Blick mit Jaquento. Sie sah in seinen Augen, dass er dasselbe dachte wie sie. Sie sind auf der Suche nach Sinosh.
»Was hast du dem Magietrinker denn erzählt?«, fragte Bihrâd vorsichtig.
Sean zuckte mit den Schultern. »Nicht viel. Was aber nich’ daran liegt, dass ich unbedingt den Helden spielen wollte, sondern eher daran, dass es nich’ viel gab, was ich ihm erzählen konnte. Wir sind zusammen mit einem thaynrischen Schiff hergekommen, das den Auftrag hat, die Ladung zu suchen. Wir wissen nich’, woraus sie besteht.
Ein paar Einzelheiten hab ich auch ausgelassen, zum Beispiel, dass ihr zwei nich’ ganz freiwillig in meiner Gesellschaft wart – und dass ich von der Siorys getürmt bin.«
Bei diesen Worten ballte Jaquento die Hände zu Fäusten, und sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich seinen Ärger; er sagte jedoch nichts.
»So, so, sie glauben jetzt also, wir seien alle eine große, glückliche Familie, ja?«, fragte Roxane lauernd.
»Könnte schon sein, Käpt’n«, erwiderte Sean mit einem Lächeln, das wegen des getrockneten Blutes in seinem Gesicht eher gespenstisch wirkte.
In diesem Moment entstand an der Tür Bewegung, und Roxane und Jaquento fuhren herum. Der glatzköpfige Mann in Gold machte einen Schritt in den Raum und musterte seine Gefangenen.
»Kapitänin Hedyn von der Siorys «, sagte er, an Roxane gewandt. »Mit Ihnen werden sich später die lokalen Autoritäten befassen. Ich fürchte, die ganze Sache wird für Sie leider kein gutes Ende nehmen. Für die anderen beiden und ihre
sicher höchst interessanten Geschichten nehme ich mir jetzt gleich die Zeit.«
Mit einem nachlässigen Wink gab er einem halben Dutzend Soldaten das Zeichen, den Raum zu betreten.
Jaquento und Bihrâd sprangen auf, und der Hiscadi stürzte sich mit einem Schrei auf die nächste Wache, doch gegen die Übermacht war sein Angriff sinnlos. Nach einem kurzen Handgemenge hatten die Wachen die beiden Männer zu Boden gerungen und zerrten sie aus dem Raum.
Verdammter Hurensohn, dachte Roxane, während sie hilflos und in großer Sorge um ihren Gefährten und den Mauresken mit Sean zurückblieb.
SINAO
»Und das da ist Kap Fisterra. Wenn man das sieht, ist man als Thayn bald in heimischen Gewässern, auch wenn die Küste jahrzehntelang feindlich war«, erklärte Admiral Thyrane. In seiner Stimme schwang eine freudige Erwartung mit, die Sinao nicht teilen konnte. Die Küstenlinie war noch weit entfernt und kaum mehr als ein etwas dunklerer Streifen am Horizont.
»Famose Navigationsleistung, Kapitän«, wandte sich
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