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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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fünf Männer, alle in Stoffe gekleidet, die Sinao unbekannt waren, die aber teuer und äußerst steif wirkten. Vier Blicke waren abschätzig, die meisten davon unverhohlen. Zwei schauten neugierig drein und einer gelangweilt.
    Die letzte Person, die Sinao ansah, eine Frau in einem schwarzen Kleid, war sicherlich dreimal so alt wie die Paranao. Sie blickte sie einfach nur an, ohne ein erkennbares Gefühl in ihren Augen. Ihr Gesicht war weiß gepudert, und sie trug ihr helles rotes Haar zu einem Knoten am Hinterkopf aufgesteckt. Das Kleid sah unbequem aus, es war bis zum Hals hochgeschlossen und geknöpft und vollkommen ohne Verzierungen.
    Sinao wartete einfach ab, was geschehen würde, da Thyrane ihr gesagt hatte, dass es ungehobelt sei, einfach so zu sprechen.
    »Mein Kind, weißt du, wo du bist?«, fragte die Frau mit den roten Haaren nicht unfreundlich.
    »Natürlich. Das hier ist das Haus der Cacique von Thaynric.«

    »Das Haus der … Cacique?«
    »Königin«, berichtigte sich Sinao schnell und schalt sich selbst eine Närrin. Die Frau hingegen lächelte.
    »So ist es. Es ist mein Haus. Ich bin die Cacique dieser Nation. Admiral Thyrane hat mir eine schreckliche Geschichte erzählt, und ich möchte dich bitten, dass du mir deine Geschichte auch erzählst.«
    »Alles?«
    »Jedes Detail«, erklärte die Königin.
    Und das tat Sinao. Sie konnte sich noch an alles erinnern; sie vergaß nie etwas. Sie erzählte von ihrer Mutter und von der Trennung von ihr. Von Hequia und der Compagnie. Von Tangye und von den Soldaten. Sie erzählte von Brizula und von Dagüey. Sie erzählte von den Sklaven im Lager, von den Peitschen, von den Balken, an denen die Gehängten baumelten, bis ihr Fleisch ganz schwarz geworden war und ihre Haut aufplatzte. Sie erzählte von Majagua, der sie befreit hatte, und den die Insel doch nicht gehen ließ. Sie erzählte von Gleckham und Holt, von der Windreiter und der Imperial , von Rosarias und Malster und von den Drachen. Sie erzählte lange und ruhig, selbst als ihr Tränen über die Wangen liefen. Als sie aufhörte, stand die Sonne nur noch eine Handbreit über dem Horizont, und die Diener begannen bereits damit, Lichter im Raum zu entzünden.
    Niemand sprach ein Wort, als Sinao endete.
    Schließlich nickte die Königin. »Möchte jemand auf die Anschuldigungen antworten?« Sie blickte in die Runde. »Niemand?«
    »Morwey«, begann einer der Männer und wies mit der Hand auf Sinao. »Das ist ein Kind aus den Kolonien. Eine Eingeborene. Rührend, gewiss, aber auch ungebildet und naiv. Wer kann schon sagen, was sie erlebt und was sie nur erfunden hat?«

    Die Königin nickte erneut, dann stand sie auf und kam um den Tisch herum zu Sinao. Sie sah ihr lange in die Augen, und Sinao wich dem Blick nicht aus.
    »Ich glaube dir, mein Kind. Und nicht nur, weil Aomas für deine Worte bürgt. Ich werde deine Geschichte morgen in das Parlament tragen. Ich werde sie den Zeitungsschreibern erzählen. Es mag sein, dass nicht ich allein die Gesetze dieses Landes mache, aber ich bin die Königin der Thaynrischen Inseln und aller Kolonien, und meine Stimme findet auch im letzten Winkel der Welt Gehör.«
    Sinao wusste nicht, was sie antworten sollte. Thyrane hatte ihr nicht beigebracht, wie sie auf diese Worte reagieren sollte, also sagte sie einfach, was ihr ihr Herz einflüsterte: »Danke.«
    Dann ging die Königin zurück an ihren Platz.
    Der Livrierte berührte Sinao an der Schulter. »Kommen Sie bitte«, murmelte er, weitaus freundlicher als vorher.
    Sinao warf noch einen Blick auf die acht Menschen am Tisch. Jetzt sah keiner mehr gelangweilt aus. Dann folgte sie dem Mann zurück in den dämmerigen Korridor, wo Thyrane auf der hölzernen Bank saß und auf sie wartete.
    »Und?«, fragte er, als er sich erhob.
    »Deine Cacique hat gesagt, dass sie meine Geschichte im Paralement erzählen will.«
    »Parlament«, korrigierte Thyrane sie.
    »Was bedeutet das?«
    »Es bedeutet, dass einige Leute bald sehr schwitzen werden.« Thyrane grinste, so dass plötzlich Freude in Sinao aufstieg. »Sehr, sehr schwitzen.«
    »Deine Cacique ist nett.«
    »Nett?« Thyrane lachte. »Sie ist eine große Königin, aber nett würde ich sie nicht nennen, und es ist nicht nur ihr sicherlich großes Herz, das sie dazu bringt, dies zu tun.«

    »Was? Wieso?«
    »Die Krone hat Schulden bei der Handelscompagnie. Einen ganzen Haufen. Das Land auch. Wir liefern Thaynric vielleicht einen Ausweg aus dieser Sache.« Thyrane bemerkte, dass

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