Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
ruhig und unbeteiligt klingen zu lassen. Diese verfluchte Ladung! Wenn ich jetzt doch nur meine Kräfte zur Verfügung hätte!
»Ich danke dir. Leider ist dieses Gespräch damit beendet.«
Ohne Vorwarnung wurde ihr die Haube wieder über den Kopf gestülpt, und Tareisa keuchte vor Überraschung – und auch vor Angst.
»Ist das nötig?« Sie wusste, dass sie zu schnell sprach und damit ihre Furcht verriet. »Können wir das nicht zivilisierter lösen?«
»Du würdest nicht wollen, dass ich das Problem löse, Tareisa«,
kam die kühle Antwort, dann wurde sie wieder gepackt und davongetragen. Sie schwieg, obwohl sich nun Zorn in die Angst mischte und eine düstere Welle von Gefühlen durch ihren Geist wogte.
Erst als man sie wieder in die Dunkelheit legte, gestatte sie sich, den Tränen nachzugeben.
ROXANE
Mit gerunzelter Stirn betrachtete Roxane die Bemühungen ihrer Untergebenen. Ihre Hände hatte sie so fest hinter dem Rücken verschränkt, dass ihre Finger schmerzten, aber diese Haltung half ihr, die künstliche Ruhe zu bewahren, die sie in diesem Augenblick so dringend brauchte. Sie durfte die Mannschaft ihre Zweifel nicht sehen lassen; es war absolut überlebenswichtig, dass sie den Männern und Frauen zeigte, dass sie vollstes Vertrauen in sie und ihre Fähigkeiten hatte.
Natürlich waren sowohl der Korporal als auch der Stückmeister den Umgang mit Pulver gewöhnt, aber die Aufgabe, die sie nun erledigten, lag außerhalb ihrer Erfahrungen. Und Roxane wusste, dass schon ein kleiner Fehler ausreichen konnte, um von dem Schiff nichts als Wrackteile übrig zu lassen. Ihr Blick wanderte zu Coenrad Groferton und dem mauresken Magietrinker, die zusammen an der Reling standen und ihre Macht gemeinsam einsetzten.
»Maestre Groferton, erstatten Sie mir bitte Bericht.«
»Es … es ist da draußen«, erklang Grofertons gepresste Antwort. »Ich kann es spüren, aber ich kann nicht sagen, wo es genau ist. Das Muster ist … sehr komplex.«
Roxane verließ ihren Posten und trat zu den beiden Männern.
»Können Sie es aufhalten? Oder angreifen?«
Der Maestre schüttelte langsam das Haupt. Schon zu besten Zeiten sah er oft angegriffen aus, aber jetzt wirkte es, als habe sich ein Todkranker noch einmal erhoben, bevor er endgültig das Zeitliche segnete.
Bihrâd ließ die erhobenen Arme ein Stück weit sinken, so vorsichtig, als habe er lange schwere Gewichte darin gehalten. »Diese Schlange aus den neun Höllen ist sehr stark, Kapitän«, sagte er grimmig.
»Es nutzt Vigoris«, erklärte Groferton. »Aber eine völlig andere Art, als ich sie kenne. Oder vielleicht keine andere Art, doch eine andere Form. Ich finde keinen Zugang dazu.«
»Bihrâd, teilen Sie diese Einschätzung?«
Wie immer war es Roxane unmöglich, in den Zügen des Mauresken zu lesen. Aber die Schweißtropfen, die seine Gesichtstätowierungen glänzen ließen, sprachen eine deutliche Sprache.
»Ich gebe dem Maestre Recht: Es ist etwas da, aber es ist wie Nebel. Ich kann es nicht packen. Vielleicht wird es klarer, wenn es näher kommt.«
Roxane quittierte die Worte mit einem nachdenklichen Nicken. Dann traf sie eine Entscheidung: »Schützen Sie das Schiff, Groferton, Bihrâd, wenn ich Sie bitten darf. Wir brauchen keine Heldentaten mehr, wenn uns die Siorys verlorengeht.«
Beide Männer bestätigten den Befehl.
Roxane atmete tief ein und wanderte dann mit festen Schritten an Deck entlang. Ein Stück voraus konnte sie Jaquento erkennen, der sich einen erhöhten Platz in der Takelage gesucht hatte und mit unbewegter Miene auf das Meer hinausschaute. Noch immer zeigte sich ihr Feind nicht.
Fast schon glaubte die Kapitänin, dass der Hiscadi das Wesen mit seinem Schuss schwerer verletzt haben musste, als er gedacht hatte, aber tief in sich spürte sie, dass dem
nicht so war. Eine einzelne Gewehrkugel kann ein solches Wesen nicht ernsthaft verletzten. Ich habe in Boroges gesehen, wie hart ihre Haut ist. Es war noch nicht vorbei.
Roxane wusste, dass dieses Warten vor dem Gefecht zeigen würde, wie gut ihre Mannschaft wirklich funktionierte. Jetzt kam es darauf an, dass niemand die Nerven verlor, egal, wie sehr die erzwungene Untätigkeit an den Gemütern zerren mochte. Im Augenblick hielt die Disziplin die Männer und Frauen beisammen; doch wie lange noch?
Ein Schuss ertönte von der Mars am Großmast. Sofort war es mit der scheinbaren Ruhe an Deck vorbei.
»Geben Sie Signal!«
»Steuerbord voraus«, rief eine Soldatin vom Mast. Eine
Weitere Kostenlose Bücher