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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Sie trat um den Tisch herum und baute sich vor dem Matrosen auf. Obwohl sie gut einen Kopf kleiner als er war, hielt er sich so, als würde sie ihn überragen. Angesichts der Tatsache, dass sie Herrin über Leben und Tod auf der Siorys war, war dieser Umstand nicht verwunderlich.
    Als sie nicht weitersprach, wagte Cynedd ein leises »Thay?«
    »Nun, ich kenne Mister Bihrâd. Er ist kein Mann für Schlägereien.« Sie ließ ihren Blick zu dem Hiscadi wandern. »Mister Jaquento ist ein anderes Kaliber, aber er kam ja, soweit mir bekannt ist, erst später zu diesem Geplänkel hinzu.«
    Der Matrose schwieg. Ein Schweißtropfen lief ihm die Stirn hinab, aber er wagte nicht, ihn abzuwischen. Roxane ließ ihn noch einige Sekunden schmoren.
    »Die Situation ist äußerst unschön. Vor allem, wenn man Ihre Vorgeschichte bedenkt, Matrose.«
    »Thay?«
    »Nun, mir ist bewusst, dass Sie an Bord den inoffiziellen Status des Meisters der Wetten haben.«
    Sein scharfes Einatmen belegte seine Schuld, und er öffnete den Mund, um zu protestieren, aber Roxane hob die Hand.
    »Nein, leugnen Sie es nicht, Cynedd. Ich weiß davon, seit ich das Kommando über dieses Schiff übernommen habe. Artikel 37: Jede Person in der Flotte oder der Flotte zugehörig, die sich an Glücksspiel oder Wetten beteiligt oder von Aktivitäten dieser Art weiß und sie nicht ihrem vorgesetzten Offizier meldet,
soll eine Bestrafung erhalten, wie sie dem Kriegsgericht angemessen erscheint und wie die Natur und der Grad des Verbrechens sie verdienen. «
    Sie musste nicht über den Wortlaut nachdenken. Jahre der Wiederholung hatten ihr die Kriegsartikel der Thaynrischen Marine ins Gedächtnis eingebrannt, so klar und deutlich wie ihren eigenen Namen.
    »Dazu Artikel 23, der sich mit Disputen und Kämpfen an Bord der Schiffe Ihrer Majestät befasst. Soll ich ihn zitieren?«
    Cynedd schüttelte den Kopf, leichenblass nun und mit glasigem Blick. Das Kriegsgericht an Bord bestand aus der Kapitänin, und eine angemessene Strafe war jede, die sie verhängte. Roxane wusste, wie sehr viele Seeleute die Gerichtsbarkeit der Marine fürchteten, und sie wusste nur zu gut, wieso. Sie konnte den Mann hängen lassen, ihn kielholen oder ihm die Haut vom Rücken peitschen lassen, ganz wie es ihr beliebte. Sie selbst hatte unter Kapitän Harfell erlebt, was es bedeuten konnte, wenn ein Kapitän seine Macht missbrauchte, und sie wusste, dass wohl jeder in der Flotte zumindest vom Hörensagen eine ähnliche Geschichte kannte.
    Roxane ließ die Situation noch auf Cynedd einwirken, bevor sie wieder hinter den Tisch trat.
    »Ich werde Ihnen jetzt ein Geheimnis mitteilen, Matrose, ein Geheimnis, das sehr wohl über das Schicksal unserer geliebten Heimat entscheiden könnte. Wir sind im Auftrag der Admiralität unterwegs, und das Gelingen unserer Mission wird gewaltige Auswirkungen auf Wohl und Wehe der gesamten Flotte haben, vielleicht sogar das Verhältnis der Kräfte in Corbane neu ordnen. Dieses kleine Schiff, diese einfache Korvette, ist das Zünglein an der Waage.«
    Die Kapitänin legte eine dramatische Pause ein. Ihre Übertreibungen hatten offensichtlich die von ihr beabsichtigte Wirkung erzielt, denn Cynedd starrte sie aus großen Augen an.

    »Aber was, wenn die zwei Fremden Spione sind, Thay? Oder Maestre, die mit den Drachen …«
    Weiter ließ ihn Roxane nicht kommen. »Wir können uns keinen Streit an Bord leisten«, fuhr sie fort. »Diese Männer sind wichtig für unseren Erfolg. Die Admiralität vertraut ihnen, ebenso wie auch ich es tue, und ihre Sicherheit muss unter allen Umständen gewährleistet sein.«
    Die Admiralität vertraut ihnen? Seit wann eigentlich?, schoss es ihr durch den Kopf.
    Aus dem Augenwinkel sah Roxane, wie auch Jaquento die Mundwinkel verzog, also beeilte sie sich, weiterzusprechen: »Ich weiß, dass Sie das Geschäft mit den Wetten an Bord kontrollieren. Und ich weiß, dass Sie damit verantwortungsvoll umgehen. Niemand erhält Kredit, niemand kann seine Rationen setzen. Wetten gibt es an Bord jedes Schiffes. Ich war auch einmal Fähnrich, ich weiß das, glauben Sie mir.«
    Sie lächelte kurz, bis sie sich erinnerte, wie wenig Zeit seit ihrer Offiziersprüfung eigentlich vergangen war und welche alles verändernden Erfahrungen sie seitdem gemacht hatte.
    »Ein Mann, der das Wettgeschäft so betreiben kann, dass es kein böses Blut mit sich bringt, der kann auch die Verantwortung tragen, die das Wissen, das ich Ihnen offenbart habe, mit sich bringt.

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