Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
auf Holts Befehle hörten. Aber solange Bercons nicht aufgab, konnte Admiral Holt wenig tun, denn thaynrische Soldaten, die Schiffe der Königlichen Marine stürmten, und sei es auf Befehl des Admirals der Sturmweltflotte, waren undenkbar. Dank Bercons Unnachgiebigkeit war die Situation nun ziemlich kompliziert, und das für alle Seiten.
Noch immer hallten Gleckhams Worte in Thyranes Geist wider. Es war nicht nur sein Schicksal, das hier auf des Messers Schneide stand. Die Offiziere und Seeleute dort unten waren ohne ihr Zutun in diese Situation geraten. Und er allein konnte alle Schwierigkeiten aus der Welt räumen.
»Vermaledeite Compagnie«, brummte er, während er sich etwas Port aus einer Karaffe einschenkte, die auf dem niedrigen Tisch inmitten der Sitzgelegenheiten stand. »Die halbe Sturmwelt gehört ihr, aber sie will immer mehr, schert sich nicht um Gesetze, kauft und besticht, wen sie will, lügt und betrügt, und das alles angeblich zum Wohle der Nation. Ha! Zum Wohle ihrer Geldbeutel!«
In seinem Innersten wusste der Admiral, dass dieser Kampf der schwierigste seines Lebens werden würde. Oft genug hatte er in die Mündungen von Kanonen geblickt, hatte Verletzungen davongetragen, an denen er hätte sterben können, war in Gefangenschaft geraten, hatte Schiffbruch erlitten, hatte Stürmen getrotzt und gegen jede Übermacht den Kampf gesucht.
Aber diesmal stand sein Gegner nicht vor ihm, sondern war verborgen. Die Compagnie bot kein klares Ziel. Stets war es die Verantwortung anderer, wenn schlimme Dinge geschahen. Die Handelsgesellschaft nahm sich, was sie konnte, ließ nichts los und war so reich, dass ganze Staaten bei ihr verschuldet waren. Sie konnte einen Admiral einsperren lassen.
Insgeheim fragte sich Thyrane, wer eigentlich die Geschicke Thaynrics lenkte. Ist es die Krone? Das Parlament? Die Regierung? Die Marine? Oder eine Compagnie, die alle anderen einfach gekauft hat?
Unten im Hafen wurde ein Boot fertig gemacht. Bald würde Holt übersetzen. Und irgendwann würde Bercons wahrscheinlich nichts anderes übrigbleiben, als sich dem Willen des Admirals zu beugen, denn ewig konnte er nicht auf dem Schiff bleiben. Die Compagnie würde ihr Schiff und ihre Leute wieder in die Finger bekommen, alle Beweise verschwinden lassen, und am Ende stünde Thyrane als ein Narr dar.
Das Knarren der Tür ertönte, aber der Admiral sah sich nicht um.
»Sie kommen vergebens.«
»Ich denke nicht.«
Die leise Stimme ließ Thyrane herumfahren. Im Rahmen der Tür stand ein gut gekleideter junger Mann, der höflich nickte.
»Wer sind Sie?«
Der Mann zuckte mit den Schultern und trat zwei Schritte vor. Die Tür hinter ihm stand weit offen, aber kein Soldat kam, um sie zu schließen. Als habe der Mann Thyranes Gedanken gelesen, schloss er sanft die Tür, ohne den Admiral dabei aus den Augen zu lassen.
Vielleicht war es der Gang des Mannes, der Thyrane vorsichtig werden ließ. Leichte Schritte, genau abgezirkelte Bewegungen, wie die eines Tänzers. Er fragte sich, ob er den jungen Mann mit dem sandfarbenen Haar schon einmal gesehen hatte, aber er konnte sich an die wenig markanten Gesichtszüge seines Gegenübers nicht erinnern.
Thyrane stand langsam auf, bewegte sich in einem Halbkreis, brachte den Sessel und das Beistelltischchen zwischen sich und den Mann.
»Wer sind Sie?«
»Mein Name tut nichts zur Sache, Thay. Ich bin hier, um eine Lösung für all die Seelen dort unten und für die hier oben herbeizuführen. Eine einfache, schnelle Lösung.«
Der Admiral runzelte die Stirn. Fragen zogen durch seine Gedanken, und er spürte auch eine Antwort darunter, einen ungeheuerlichen Verdacht.
Dennoch lächelte er und schüttelte den Kopf. In der Linken hielt er noch das Portglas, mit der Rechten nahm er die Flasche vom Tischchen.
»Sie vergeuden Ihre Zeit«, erklärte er und hob die Flasche, als wolle er sich nachschenken. Doch stattdessen wirbelte er herum und warf die offene Flasche nach dem Fremden. Port spritzte in alle Richtungen. Das Wurfgeschoss sauste jedoch
am Kopf des Mannes vorbei, der sich geschmeidig wie eine Katze geduckt hatte und nun mit schnellen Schritten auf den Admiral zukam. Thyrane hob die geballte Faust, aber sein Schlag wurde geschickt abgeblockt, dann wurde er am Revers gepackt, und plötzlich drehte sich der Raum um ihn, oben wurde unten, alles verfloss in wirbelnder Bewegung.
Mit einem lauten Krachen schlug er auf dem Boden auf. Bevor er sich orientieren konnte, legten sich
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