Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
kühle Finger um seinen Hals, pressten fest zu, schnürten ihm den Atem ab.
»Je weniger Sie sich wehren, desto schneller ist es vorbei.«
Thyrane hörte nicht auf den Rat, schlug um sich, traf den Mann am Kopf und riss sich für einen Moment los. Die nackte Angst um sein Leben verlieh ihm Kraft, aber sein Gegner war jung, offenbar gut ausgebildet und entschlossen, ihn zu töten.
»Mörder!«, wollte er schreien, doch es kam nur ein heiseres Krächzen aus seinem Mund. Mit unbeugsamer Stärke legten sich die Finger wieder um seine Kehle.
»Nein«, flüsterte es direkt an seinem Ohr. »Ein alter Mann und dieses schwüle Wetter. Dazu die Anstrengung und die Aufregung. So etwas geschieht.«
Immer noch schlug und trat Thyrane um sich, doch seine Gliedmaßen wurden schwer und langsam. Sein Gesichtsfeld verengte sich. Er wollte schreien, fluchen, aber er konnte nicht einmal mehr atmen. Ein scharfer Schmerz bohrte sich in seine Brust, als sein Körper verzweifelt nach Luft gierte, die er nicht mehr bekam.
Dunkler und dunkler wurde die Welt, und alle Geräusche wurden vom Rauschen in seinen Ohren überdeckt. Es war, als ob die Sonne über dem Meer für immer unterging.
JAQUENTO
Unruhig streifte Jaquento über das Deck. Sein Weg führte ihn immer wieder an Bihrâd vorbei, der seinen Freund regungslos musterte. Schließlich wurde es dem Hiscadi zu viel, er stellte sich neben den Mauresken, atmete tief durch und betrachtete das Treiben im Hafen.
An der Mündung des Flusses war das Ufer auf beiden Seiten begradigt und befestigt worden, und die Siorys lag direkt am Kai. Hinter den Anlegestellen breitete sich die Stadt aus, und Jaquento beobachtete fasziniert das Bild, das sich ihm bot. Am Eingang zum Hafen stand ein Tor aus rotem Holz, das von zwei vergoldeten Säulen getragen wurde. Am Ufer wechselten sich flache, zumeist einstöckige Holzhäuser in dunklen Farben mit bunten Pagoden ab, und der Hiscadi konnte mehrere rot lackierte Dächer erkennen, die sich wie gekrümmte Blätter aufeinandertürmten oder sich wie Wellhornschnecken mit vergoldeten Spitzen in den Himmel wanden. Er hatte dergleichen, außer auf kostbarem Porzellan, noch nie zuvor gesehen.
Roxane hatte die Siorys für die Landung herrichten lassen, und alle Seeleute und Soldaten trugen ihre beste Tracht oder Uniform. Tatsächlich erregte das thaynrische Schiff große Aufmerksamkeit, aber bislang wurden sie nur angestarrt, und niemand näherte sich ihnen oder stellte Fragen. Die
Seeleute, sonst daran gewöhnt, dass Verkäufer und Prostituierte schnell zu jedem Schiff kamen, das neu in einen Hafen einlief, standen an der Reling und starrten zurück. Was nicht nur an der Zurückhaltung der Landbewohner lag, sondern auch an ihrem Aussehen.
Ihre Kleidung war ungewöhnlich, aber in ihrer Schlichtheit mit den röhrenförmigen Hosen und weiten Hemden nicht besonders auffällig. Es waren vielmehr die meist eher runden Gesichter mit dem bronzefarbenen Teint und den schwarzen Haaren, die von flachen Nasen und mandelförmigen Augen dominiert wurden, welche die Aufmerksamkeit der Matrosen auf sich zogen.
Auch Jaquento ertappte sich dabei, wie er die Menschen an Land anstarrte. Es fiel ihm schwer, die Blicke zu deuten oder in den Gesichtern der Menschen zu lesen. Zwar hatte er vorher gewusst, dass die Menschen jenseits der Drachenküste von einem anderen Schlag waren, und doch war es etwas vollkommen anderes, wirklich hier zu sein und ihnen gegenüberzustehen.
»Spürst du etwas?«, raunte er Bihrâd zu.
»Hier und da etwas Magie, vermutlich die Zauber Einzelner oder das Wirken ihrer heiligen Stätten. Aber nicht das, wonach wir suchen, Jaq.«
»Ich hasse diese Warterei«, erklärte Jaquento nicht zum ersten Mal. Roxane hatte das Schiff bereits vor Stunden verlassen, um mit dem Gouverneur der Géronaee zu reden, der ihnen ein Empfangskomitee gesandt hatte.
Schon der Großvater König Sugérands hatte damit begonnen, Schiffe nach Osten zu entsenden und in den Ländern jenseits der Drachenküste Handelsposten aufzubauen. Zwar war die Stadt keine Kolonie, aber die Géronaee hatten mit der Macht ihrer Schiffe erzwungen, dass ihnen ein Teil des Hafens zugesprochen wurde, und selbst, als ihre Flotte unter
dem ewigen Krieg mit den Thayns so sehr gelitten hatte, dass sie ihre Ansprüche kaum noch mit Macht durchsetzen konnten, war ihnen dieses Privileg geblieben.
Nun gab es zumindest in den Küstenregionen einen Verwalter Géronays, doch wie viel Macht dieser
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