Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
von ihnen zuckte mit den Schultern.
»Sie sind hinten raus, zu einem Boot. Wir hätten sie abknallen können, aber …«
»Schon gut, verstehe. Dann packen wir zusammen und ziehen uns zurück, bevor diese Bastarde noch zurückkommen oder ihre Freunde holen.« Sean wandte sich wieder an Jaquento und Bihrâd. »Und ihr kommt mit.«
»Nur, damit ich Bescheid weiß, Kumpel: Wenn wir uns weigern, wirst du uns dann erschießen?«
»Nein, ich würde dir bloß eine ordentliche Abreibung verpassen.« Das Gesicht des hellhaarigen Matrosen, das vorher so jovial gewirkt hatte, kam Jaquento nun verschlagen und brutal vor.
»Oder ich würde dir eine Kugel in den Arm schießen, wenn dir das lieber ist«, fuhr Sean ungerührt fort. »Bringt dich nicht um, ist aber auch nicht schön.«
Der vorgebliche Matrose schenkte Jaquento und Bihrâd ein allzu freundliches Lächeln. »Also, können wir?«
Jaquento nickte und stand auf. Neben ihm folgte der Maureske seinem Beispiel. Sie wurden in die Mitte genommen und schnell über die Straße geführt. Die Waffen ihrer Begleiter wurden nicht offen getragen, aber der Hiscadi wusste, dass jeder Fluchtversuch einem Selbstmord gleichgekommen wäre.
»Wo warst du?«, zischte er Sinosh so leise wie möglich zu, bemerkte aber dennoch Bihrâds irritierten Blick.
Auf einem Schiff. Ich hatte keine Wahl, ob ich dort bleiben wollte, es ist einfach mit mir losgesegelt.
»Hast du die Drachen gefunden, die du gesucht hast?«
Was denkst du denn? Natürlich nicht. Ich wollte zu ihnen, als ich an diesem Hafen gespürt habe, dass da noch andere wie ich sind. Stattdessen bin ich auf dem dummen Schiff gelandet und konnte nicht mit ihnen reden, weil das Ding darin im Weg war.
»Das Ding … Du meinst, die Ladung des schwarzen Schiffes? Du warst auf der Todsünde ?« Vor Aufregung hatte Jaquento lauter gesprochen als beabsichtigt. Bihrâd warf ihm einen warnenden Blick zu, und einer der bewaffneten Männer drehte sich zu dem Hiscadi um. Doch als Jaquento ein möglichst argloses Gesicht aufsetzte und einfach weiterging, wandte sich auch der Mann wieder ab.
»Sei vorsichtig, Jaq«, wisperte der Maureske. »Auch wenn du mit dir selbst sprichst.« Er zwinkerte dem Hiscadi zu, und Jaquento fragte sich, ob sein Freund wusste oder ahnte, mit wem er in Wirklichkeit gesprochen hatte.
Sinosh gab ein bestätigendes Knurren von sich. Ja, das Schiff hieß wohl Todsünde . Und es war ziemlich schwer, nicht entdeckt oder gefangen zu werden. Wenn ich nicht das Fass mit dem Rohrzucker entdeckt hätte, wäre ich vielleicht verhungert.
Jaquento bewegte vorsichtig seine Schulter, um Sinoshs Aussage zu überprüfen. Die kleine Echse war ein wenig gewachsen und schwerer geworden, aber nicht sehr viel. Noch konnte sie sich auf Jaquentos Schulter halten, und obwohl sich die scharfen Krallen in seine Haut bohrten, war der Hiscadi dankbar, seinen Freund wiedergetroffen zu haben.
»Du kannst inzwischen fliegen«, stellte er im Flüsterton fest.
Ja , kam die stolze Antwort. Also fast. Noch keine richtig weiten Strecken. Aber ein Stückchen geht schon.
»Du bist wirklich ein Drache.«
Habe ich dir doch immer gesagt!
Der Hiscadi lachte kurz auf. Hier lief er also an den Gestaden jenseits der Drachenküste herum und trug einen Drachen auf der Schulter.
»Jaq? Alles in Ordnung?« Bihrâds Stimme klang besorgt, ob aufgrund seiner vermeintlichen Selbstgespräche oder weil der Maureske fürchtete, Seans Begleiter könnten auf Sinosh aufmerksam werden, vermochte der Hiscadi nicht zu sagen.
»Ja, keine Sorge. Ich erkläre dir alles später. Wenn wir aus dem Schlamassel wieder raus sind.«
»Wenigstens wird es in deiner Nähe nie langweilig.«
Trotz ihrer Lage musste Jaquento schmunzeln. Der Maureske verfügte über eine gehörige Portion Galgenhumor. Dennoch, oder vielleicht deswegen, schätzte der Hiscadi den Magietrinker sehr.
»Wer waren diese Burschen, bei deren Haus wir dich getroffen haben?«, fragte er Sinosh.
Sie waren Hanoan. Menschen aus der Unterwelt?, antwortete die Echse zögerlich.
»Aus der Unterwelt? Aus der Hölle ?«
Nein. Verbrecher.
Jaquento zog die Augenbrauen in die Höhe. Ja, den Eindruck hatte ich auch, dachte er. Aber wenn er herausfinden wollte, was genau sich eben abgespielt hatte, in welcher Lage sie sich eigentlich befanden und was Sean mit ihnen vorhatte, dann gab es wohl nur einen Weg.
»Sean«, wandte sich Jaquento an ihren Entführer, der bislang vorausgegangen war und sich nun
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