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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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viel zu selbstsicher. Sie denken, dass ihnen Lessan gehört und jeder Respekt vor ihnen hat und dass es deshalb niemand wagen würde, hier einzubrechen.«
    Mit diesen Worten schwang sich Manoel geschickt nach oben, wirbelte mit den Beinen durch die Luft, bekam einen höher liegenden Ast zwischen den Schenkeln zu fassen und zog sich empor. Sinao folgte ihm deutlich weniger elegant. Die Rinde des Baums war recht glatt, und die Äste lagen weit auseinander, so dass es für sie eine beschwerliche Kletterei war.
    Endlich hielt Manoel auf einem breiten Ast inne und schob sich mit angezogenen Füßen ein Stück nach vorn, so dass Sinao hinter ihm am Stamm lehnen konnte. Ihr Atem ging schwer, und als sie hinabsah, erschrak sie über die Höhe, in der sie sich befanden. Dem Maestre indes schien das nichts auszumachen, denn seine Aufmerksamkeit galt allein dem wuchtigen Steingebäude vor ihnen.
    »Es wird irgendwo in den oberen Stockwerken sein«, murmelte er. »Wenn dein Kapitän Recht hat.«
    »Er ist nicht mein Kapitän«, zischte Sinao zornig.
    »Ja, schon gut«, beschwichtigte Manoel, dann kicherte er plötzlich. »Aber es ist schon lustig, dass sie ihn in so’n hübsches Haus sperren, oder? Wenn es um uns ginge oder bloß um irgendeinen Matrosen, hätte man uns in irgendein finsteres Loch im Knast geworfen.«
    »Knast?«
    »Das Gefängnis, Sin. Ist kein Spaß, kann ich dir versichern.«
Dann erinnerte er sich offenbar, mit wem er sprach. »Aber das weißt du ja.«
    Mano ist ein Gefangener gewesen?, dachte Sinao. Es gibt noch vieles, was er mir nicht über sich erzählt hat. Wenn wir den alten Mann in Sicherheit gebracht haben, will ich ihn danach fragen.
    »Lass uns schauen, ob der Admiral wirklich hier ist«, schlug die Paranao vor. »Und was machen wir eigentlich, wenn wir ihn entdeckt haben?«
    »Wir fliegen hinüber zum Fenster und klopfen an«, brummte Manoel, was Sinao die Höhe glatt vergessen ließ.
    »Wirklich?«
    »Nein. Wir schauen, ob es eine Möglichkeit gibt, am Haus hinaufzuklettern. Wenn nicht, müssen wir uns was einfallen lassen.« Er drehte sich halb um, zwinkerte ihr zu und schnalzte leise. »Das wird schon.«
    Sinao lächelte ihn an. So sehr sie seine Schicksalsergebenheit und Passivität auch manchmal störten, in Augenblicken wie diesem konnte er sie mit ein paar aufmunternden Worten mitreißen.
    »Aha!«
    Er zeigte auf ein Fenster direkt an der Ecke des Gebäudes im dritten Stock. Sinao schob sich vorsichtig auf dem Ast ein Stück näher und spähte über seine Schulter, konnte jedoch nichts erkennen.
    »Wo?«
    »Ich habe ihn gesehen. Ganz kurz nur, aber ich bin sicher, dass er es war. Diese mächtige Nase kann man nicht übersehen.«
    Ohne ein weiteres Wort glitt er von dem Ast herab, so dass Sinao einen Moment beinahe glaubte, er sei gestürzt. Doch dann fing er sich, kletterte tiefer, hüpfte geradezu von Ast zu Ast dem Boden entgegen. Sinao seufzte. Sie hielt sich
am Stamm fest und machte sich weitaus langsamer an den Abstieg.
    »Wollen wir hoffen, dass der Käpt’n mit seiner Ablenkung Erfolg hatte.«
    Sinao nickte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Nervös blickte sie sich um, sah aber immer noch keine Wachen. Manoel lief geduckt los, und die junge Paranao folgte ihm. Im Zickzack, wobei sie sich immer wieder hinter Goldähren, Fackelklee und Korallenweinbüschen versteckten, erreichten sie schließlich die Mauer des Gebäudes und drückten sich dort in den Schatten. Aber Sinao war klar, dass sie sich hier nicht verbergen konnten. Sobald jemand um die Ecke kam, würde man sie sehen.
    Das Haus war aus mächtigen, weißen Steinen erbaut, und die Paranao wusste, dass es viel Mühe und Aufwand gekostet haben musste, es zu bauen, denn auf den Inseln gab es nicht viele Steinbrüche, und Quader von dieser Größe hatte man vielleicht extra mit dem Schiff nach Lessan schaffen müssen.
    Aus der Nähe wirkte die Mauer weit weniger glatt. Zwar bot die Fassade keine Verzierungen, aber an den Ecken hatte man breitere Steine verwendet und mit ihnen ein kantiges Muster geschaffen, das sich bis zum Dach zog. Manoel legte prüfend eine Hand auf einen der hervorstehenden Steine und wiegte nachdenklich den Kopf, so dass seine verfilzten Zöpfe wippten.
    »Könnte klappen. Du wartest hier auf mich, ja?«
    »Ja.« Sie wollte nicht gern warten, weil sie sich an dieser Mauer schutzlos vorkam. Aber die Mauer hinaufzuklettern traute sie sich auch nicht. Und mehr als eine Person wurde da oben bestimmt nicht

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