Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
worden. Als ob ihn die Ereignisse in seiner Heimat nicht genauso überrascht hätten wie uns.«
    »Das haben sie vermutlich, Thay, aber ich glaube, genau deswegen versteckt er sich hinter all diesen nichtssagenden Phrasen. Weil er keine Ahnung hat, wo seine Nation jetzt gerade steht, oder auch nur, wer ihm künftig seinen Lohn zahlt«, gab Groferton zu bedenken, und Roxane musste dem Maestre zustimmen.
    Während des Besuches in der Residenz des Gouverneurs hatte sie viel ermüdendes Protokoll über sich ergehen lassen
müssen. Sie hatten ein äußerst förmliches Mittagessen eingenommen, etliche Hände geschüttelt und wohl jeden Verwaltungsbeamten der Stadt kennengelernt, nur um schließlich und endlich in einer Privataudienz ihre Fragen an den géronaischen Verwalter von Rachine richten zu dürfen. Und absolut keine Antworten zu bekommen, dachte Roxane bitter.
    Die offene Kutsche, die ihnen zur Verfügung gestellt worden war, fuhr nur langsam durch die belebten Straßen. Immer wieder mussten sie anhalten und warten, bis man ihnen Platz machte. Die Wege wurden von Karren befahren, vor die ein oder zwei Ochsen gespannt waren, von kleinen Gefährten, die direkt von Menschen gezogen oder geschoben wurden, von Pferdekutschen corbanischer Bauart, die der glichen, in der sie saßen.
    Vor allem aber drängten sich Menschen auf den Straßen, eine gewaltige Menge von Männern und Frauen, die Körbe auf dem Kopf oder Wassereimer an einem Schulterjoch trugen, Würdenträgern oder Adeligen, die in Sänften transportiert wurden, und Leuten, die scheinbar dem Müßiggang frönten und ohne erkennbare Bestimmung durch die Straßen gingen.
    Schon in der Sturmwelt waren die Straßen voller als in Thaynric gewesen, doch Rachine schlug selbst Lessan um Längen. Dafür war das Bild, das sich ihren Augen hier bot, weitaus weniger farbenfroh; die Menschen schienen blasse Töne für ihre Kleidung zu bevorzugen, helles Blau und Grau, manchmal einen Grünton, seltener Braun oder gar Rot. Die meisten trugen sehr einfache Kleidung, gerade Hosen und Hemden, die mit einem Stoffgürtel zusammengehalten wurden.
    Auch die Häuser schienen alle aus demselben dunklen Holz gemacht; einzige Ausnahme waren die Tempel, die sich mit ihren prachtvollen bunten Verzierungen und dem
rotem Lack und Gold ihrer Dächer geradezu gegenseitig überboten.
    Ebenfalls anders als in Lessan war, dass jeder ständig in Bewegung zu sein schien. Nirgends sah Roxane Menschen einfach sitzen oder stehen. Überall liefen sie, redeten oder feilschten.
    Was für ein faszinierender Bienenstock.
    »Der Gouverneur erinnerte mich an einen Aal, Thay«, stellte Groferton gerade fest und riss Roxane damit aus ihren Gedanken. »Er war so glitschig wie ein Fisch. Ich mag Aal nicht besonders. Zu fettig.«
    »Das ist mir bekannt, Coenrad. Und obwohl ich einem gut zubereiteten Räucheraal sicher nicht abgeneigt bin, teile ich Ihre Einschätzung. Der Mann war sehr ausweichend und hat unsere Fragen de facto nicht beantwortet. Was uns vor ein Problem stellt: Wie finden wir heraus, ob die Todsünde in Rachine war oder nicht?«
    Sie fragte sich, ob Jaquento sich ein ›Ich habe es dir ja gleich gesagt‹ würde verkneifen können, wenn sie wieder an Bord der Siorys kamen. Tatsächlich hatte ihr der Hiscadi prophezeit, dass die offiziellen Stellen ihnen bei ihrer Suche nicht helfen würden. Und überdies hatte er Roxane zu überreden versucht, ihm zu gestatten, das Schiff zu verlassen, um selbst Erkundigungen einzuziehen.
    Sie hatte ihn gebeten, zunächst an Bord zu bleiben; solange sie keine Ahnung hatte, wie die örtlichen Autoritäten auf die Anwesenheit eines thaynrischen Kriegsschiffes reagieren würden, und sei es auch klein und schlecht bewaffnet, wollte sie lieber kein Risiko in dieser Hinsicht eingehen. Aber nun werde ich ihn möglicherweise losschicken müssen, wenn ich nicht will, dass dieser Halt ein komplettes Fiasko wird. Uh, er wird es sicher nicht versäumen, mich zu verspotten.
    »Nun, ich kann nicht helfen, will mir scheinen. Meine Versuche,
den Effekt und damit das Schiff zu lokalisieren, waren frustrierend fruchtlos«, erklärte Groferton. »Die Ladung befindet sich nicht in der Nähe.«
    »Hm.« Roxane überlegte einige Momente. »Vielleicht war es falsch, zuerst Gouverneur Senpier aufzusuchen. Wir könnten den ganz simplen Weg über die Behörden gehen. Auch hier in Rachine wird es Aufzeichnungen über den Schiffsverkehr geben. Vielleicht können wir einen Dolmetscher finden

Weitere Kostenlose Bücher