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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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es sein
wertvollster Besitz. Und in einem gewissen Sinne war es das auch. Selbst wenn er die Form nicht mochte, in der es gedruckt worden war, und die freie Verteilung seiner Bücher als einen Frevel ansah, so waren es doch seine Worte, seine Gedanken, die auf diese Seiten gebannt worden waren. Und indem man es verbrannte, nahm man Franigo einen Teil seines Selbst.
    »Ignoranten! Trottel! Kakerlaken!« Er überlegte einen Moment, bevor er fortfuhr: »Sabberndes Pack, in Dummheit gefangene, alberne, unfeine …«
    Franigo seufzte. So sehr er sich auch bemühte, es wollten ihm einfach keine passenden Worte mehr einfallen. Fast begrüßte er es, dass es an der Tür klopfte und er so von diesem missliebigen Umstand abgelenkt wurde.
    »Ja?«
    Die Tür wurde einen Spalt geöffnet, und ein Mann schob seinen Kopf hinein. »Mesér Franigo …«
    »Ja, ja, der bin ich«, unterbrach Franigo ihn ungeduldig und winkte mit der Hand, zum Zeichen, dass der Besucher eintreten sollte. »Und mit wem habe ich die Ehre?«
    Die Tür wurde ganz geöffnet, und herein kam ein schneidiger junger Bursche, der die improvisierte Uniform des Rates trug und sein schwarzes Haar kurz geschoren hatte. An der Seite trug er Dolch und Degen und in seiner schwarz behandschuhten Hand ein Lederfutteral.
    Er deutete eine Verneigung an und sagte: »Magistrat Juanbare Gárrer schickt mich zu euch, Mesér. Der Rat hat beschlossen, es nicht länger hinzunehmen, dass Eure Stücke die Jugend verderben, den Geist schwacher Frauen verwirren und dem allgemeinen sittlichen Verfall zuarbeiten. Deshalb wurde mit sofortiger Wirkung beschlossen, für Euer Stück ›Der gehörnte Ehemann‹ ein Aufführungsverbot zu verhängen. Das Verbot gilt mit sofortiger Wirkung, Mesér, und wer dagegen
verstößt, sei er Schauspieler, Theaterbesitzer oder Stückeschreiber, hat mit Geldbußen oder dem Kerker zu rechnen.«
    Der Bote machte eine höfliche Pause und sah Franigo erwartungsvoll an.
    »Die Pest soll diesen …«, begann der Dichter in höchstem Zorn, doch noch bevor er herausschreien konnte, was er von Magistrat Gárrer und dessen Schergen dachte, kam er wieder zur Besinnung. Der Ton, die Nachricht, der Bote … das alles soll doch nur dazu dienen, dich zu reizen, dachte er. Nichts würde der verehrte Magistrat lieber sehen, als dass Franigo sich in Schwierigkeiten brachte. Vermutlich haben dieser Mann und seine Sechsermannschaft, die zweifellos unten wartet, den Auftrag, mich gleich zu verhaften, falls ich ausfällig werde. Nun, diesen Gefallen werde ich Gárrer nicht tun.
    Mit äußerster Anstrengung zwang er sich zur Ruhe und einem Lächeln.
    »Ich habe verstanden. Wenn das der Wille des Rates ist …«
    Der Bote nickte bekräftigend. »Das ist er. Hier sind die Bestimmungen genau nachzulesen.«
    Er öffnete das Lederfutteral, entnahm ihm ein zusammengerolltes Pergament, an dem das protzige Siegel des Rates hing, und überreichte das Dokument Franigo, der es zähneknirschend entgegennahm. Der Bote verneigte sich erneut und wandte sich schon zum Gehen, doch dann schien ihm noch etwas einzufallen.
    »Oh, fast hätte ich es vergessen, Mesér – der Magistrat lässt Euch grüßen und empfiehlt Euch, die morgigen Hinrichtungen zu besuchen. Er sagt, es fördere den Gemeinsinn zuhöchst, sich anzuschauen, wie unsere Gesellschaft von Subjekten befreit wird, die ihr zu schaden trachteten.«
    »Welche Subjekte meint Ihr, Mesér?«, fragte Franigo lauernd.
    »Nun, es sind mehrere, die morgen ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Doch ich glaube, mein Herr nannte mir
im Besonderen Vimaro Froiga als einen der Verurteilten. Ein Drucker, mit dem Ihr möglicherweise Eurer Profession halber Umgang gehabt habt?«
    Kaum hatte er das gesagt, ging der Bote und schloss die Tür hinter sich. Franigos Herzschlag setzte für einen Augenblick aus. Es war einer der seltenen Momente, in denen er wahrlich sprachlos war.
    Natürlich wusste er von den Hinrichtungen, die immer häufiger stattfanden. Er hatte davon gehört, sie aber selbst nie besucht, und er wagte es üblicherweise nicht, nachzufragen, wen es getroffen hatte. Lieber machte er einen weiten Bogen um den Richtplatz, als Zeuge eines solchen Schauspiels zu werden. Das Verbrechen, das man diesen armen Seelen vorwarf, denen man mit großem Enthusiasmus den Kopf vom Hals trennte, war eigentlich stets dasselbe. Sie waren Feinde des hiscadischen Volkes allesamt, ganz sicher. Noch ein wenig mehr von dieser Medizin, und das hiscadische Volk

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