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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Gesundheit Gedanken. Sie tat alles, um ihn zu schonen, und hatte deshalb die täglichen Arbeiten in der Werft übernommen. Die meisten Männer akzeptierten sie auch. Mit den Ausnahmen wie Minter wurde sie schon fer-
    »Guten Morgen, Vater.«
    »Genny – Eugene! Du siehst hübsch aus. Genau wie deine Mutter.«
    Das sagte er immer, wenn sie Männerkleidung trug. Wenn sie dagegen in einem Kleid steckte, war sie für ihn sein reines Ebenbild.
    »Du, zum Frühstücken habe ich keine Zeit mehr. Ich erwarte den Baron in der Werft.«
    James bemerkte, daß ihre Wangen gerötet waren. Sehr interessant, dachte er.
    Und schon huschte sie aus dem Zimmer. Gar nicht wie ein Mann. James schaute seiner Tochter nach. Nie würde ein Mann sich so bewegen. Sie war das Bild einer Frau, die ein Zauber berührt hatte, einer Frau, die sich überschwenglich glücklich fühlte. Und alles, weil sie sich in Alec Carrick verguckt hatte. Seine Tochter, die zuerst die Jungen, dann die Männer ihrer Bekanntschaft ohne Zögern und mit beachtlichem Verstand verschmäht hatte! Öfter, als ihm lieb gewesen war, hatte sie zu ihm gesagt: »Sie sind alle nichts wert oder zu eingebildet. Oder sie wollen mich nur küssen oder mich hinter die Büsche locken.«
    Wenn ich ehrlich sein soll, dachte James, dann hat sie damit die Männer im allgemeinen gut charakterisiert, besonders was die letzte Bemerkung angeht. Aber die Art der Annäherungsversuche war doch sehr unterschiedlich. Er fragte sich, wie es der Baron wohl anstellen würde. Er biß etwas von dem trockenen Toast ab und begann langsam zu kauen. Plötzlich hielt er inne. Sein Blick strich zu dem Porträt seines Großvaters, das gegenüber an der Wand hing. Der alte Herr sah unter seiner dichten Lockenperücke strahlend auf ihn herab. »Würde wirklich gern wissen …«
    Natürlich, das war das Problem. Sobald die Frauen von Baltimore nur einen Blick auf Alec Carrick geworfen hätten, würden sie ihm nachlaufen, ihn unerbittlich jagen, bis … Alec Carrick war jetzt seit fünf Jahren verwitwet. Er hatte sich aber nicht einfangen lassen. James konnte sich vorstellen, daß die englischen Frauen ihn genauso anziehend gefunden hatten, wie ihn die Amerikanerinnen finden würden. Der Baron mußte sich in allen Taktiken auskennen, die dem gejagten Mann das Entkommen vor seinen Verfolgerinnen ermöglichten.
    Darüber mußte man gehörig nachdenken. Laut rief James: »Moses!«
    »Ja, Sir.«
    »Ach, da bist du ja. Laß Andrews den Wagen anspannen! Ich muß einige Besuche machen.«
    »Ja, Sir.«
    Es war ein kühler, heller Oktobermorgen. Eine leichte Brise wehte. Genny schaute zum Fort McHenry hinüber, das noch vom Morgennebel verschleiert war, eine düstere Mahnung an alle Engländer – auch an Alec Carrick – daß die Amerikaner, insbesondere die Einwohner von Baltimore, nicht mit sich spaßen ließen. Sie ging, wie es ihre Gewohnheit war, zu Fuß zur Werft. Vor dem Eingang blieb sie stehen und schaute zu dem großen Schild mit der gemalten Aufschrift empor: PAXTON-WERFT. Sie wünschte, es stände ›Paxton & Tochter‹ darauf. Wäre ihr Bruder Vincent nicht gestorben, hätte bestimmt ›Paxton & Sohn‹ daraufgestanden, daran zweifelte sie keinen Augenblick. Die übrigen Schiffsbauer ließen sie eben so gelten, aber nur, weil ihr Vater sehr beliebt und geachtet war. Sie sahen in ihr eine exzentrische alte Jungfer, die Männerkleidung trug, aber dennoch nicht auf eigenen Füßen stehen konnte. Nein, auch sie befolgte die Anordnungen ihres Vaters. Es war eben eine Männerwelt, und das erfüllte sie mit Zorn.
    Aber der Tag war zu schön, um zornig zu sein.
    Sie war frühzeitig in der Werft am Fells Point angekommen. Die Männer hatte noch nicht mit der Arbeit angefangen. Sie sah nur Mimms. Er saß an Deck und hielt ein besonders schönes Stück Kirschbaumholz in den großen Händen.
    »Das kommt auf den Nachttopf des Kapitäns«, sagte er.
    »Oh«, sagte Genny. »Dafür wird Ihnen der Kapitän – wer immer es sein mag – sehr dankbar sein.«
    »Hat er auch allen Grund zu«, sagte Mimms und spuckte aus. »Bei dem kriegt er keine Splitter in den Hintern.«
    Genny wühlte einen Augenblick lang in einem Haufen Schrauben für die Unterwasserplanken des Schiffsrumpfs.
    Ohne den Blick von dem Kirschholz zu nehmen, erkundigte sich Mimms: »Was ist eigentlich mit diesem englischen Lord?«
    »Englisch was? Ach, der. Er wird uns wohl heute wieder besuchen, Mimms. Ich geh’ jetzt unter Deck. Habe mit den Büchern zu

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