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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Insel.«
    »Das stimmt. Ihr in Baltimore wart jedenfalls widerstandsfähiger als eure Nachbarn in Washington. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich mir jetzt lieber überlegen, was wir heute abend unternehmen wollen.«
    »Aber Sie werden es mir natürlich nicht verraten.«
    »Noch nicht.«
    Alec und Eugene waren aus der Charles Street in die North West Street eingebogen, die in die Saratoga Street mündete. Als sie sich der Howard Street näherten, verschwanden die sauberen, nüchternen Häuser. Statt dessen kamen mehr hellerleuchtete Bars mit bunten Fassaden. Auch die Bewohner dieses Stadtteils waren lauter und raubeiniger. Als sie an The Maypole vorbeikamen, warf Genny einen verstohlenen raschen Blick ins Innere. Es war hell und geräuschvoll. Sie sah mehrere spärlich bekleidete Frauen, die um die Tische herumstrichen, an denen Männer Karten spielten. Vor ihnen standen scharfe Getränke.
    »Gehen Sie gern in Kneipen, Eugene?«
    »Nicht immer, aber manchmal schon. Sie nicht?«
    »Nein, nicht besonders gern. Ich finde sie für meinen Geschmack zu gewöhnlich.«
    »Sie verletzen Ihr aristokratisches Feingefühl, nicht wahr?«
    »Werden Sie nicht frech, mein Junge!«
    »Wo gehen wir eigentlich hin? Habe gar nicht gewußt, daß Sie Baltimore kennen. Sie schlendern herum, als wären Sie hier geboren.«
    Alec bog in die Dutch Alley ein und warf Genny einen amüsierten Blick zu. »Glauben Sie vielleicht, ich würde Ihre Aufklärung nicht ordentlich durchführen?«
    »Ich weiß nicht. Wo gehen wir hin?«
    Dahin, wo du gezwungen wirst, mit diesem Unsinn ein Ende zu machen, meine liebe Eugenia. Wo du in deinen Hosen blaß wirst und die Flucht ergreifst.
    »Mein lieber Junge«, sagte Alec, ganz freundliche Herablassung, aber entschlossen, bald seine Kanonen abzufeuern, »ein richtiger Mann findet auch in einer fremden Stadt sofort heraus, wo er die besten Frauen finden kann.«
    »Die besten Frauen finden! Das hört sich an wie: den besten Fischmarkt finden! Oder das beste Herrenmodegeschäft! Als handelte es sich um einen – einen Gebrauchsgegenstand.«
    »Na, gewiß sind Frauen ein Gebrauchsgegenstand. Wofür sind sie denn gut, wenn ein Mann heiraten muß, um Erben zu bekommen? Nur um seine Kinder auszutragen! Und wenn man nachts eine gute Frau im Bett hat, ist man den ganzen nächsten Tag in besserer Stimmung.«
    »Das ist völlig – nun, unchristlich gedacht.«
    Alec konnte nicht anders, er mußte laut lachen. »Ganz und gar nicht. Die größten Frauenhasser findet man in der Kirche. Wußten Sie, daß in der Vergangenheit unsere Kirchenmänner jahrhundertelang darüber diskutiert haben, ob Frauen eine Seele hätten oder nicht? So habe ich es jedenfalls in Oxford gelernt.«
    »Oxford«, sagte Genny, und ohne ihr Zutun schlich sich Sehnsucht in ihre Stimme ein. »Ich würde auch sehr gern nach Oxford oder Cambridge gehen.«
    »Warum tun Sie es nicht? Sie sind zwar, zugegeben, schon ein bißchen alt dafür. Trotzdem könnte Ihr Vater Sie bestimmt in Oxford einschreiben lassen. So viel Geld wird er schon haben.«
    Das verschlug ihr die Sprache. Und er wußte, daß sie ihm gern ins Gesicht geschrien hätte: Frauen werden ja in euren eingebildeten Männer-Colleges gar nicht zugelassen!
    Doch gelassen brachte er das Gespräch wieder auf sein altes Thema zurück. »Wenn ein Mann nicht gerade homosexuell ist, hat er gar keine andere Wahl, als sich eine Frau zu suchen, bei der er seinen Trieb stillen kann.«
    »Was ist denn das, homosexuell?«
    »Ein Mann, der es lieber mit anderen Männern oder mit Knaben treibt als mit Frauen.«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, war so wunderbar entsetzt, daß er sich um ein Haar verraten und alles verpatzt hätte.
    Plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen. »Sie wollen doch nicht sagen, daß wir ein Bordell aufsuchen? Nein, natürlich nicht. Sie denken doch nicht daran …«
    Es sah so aus, als stände sie dicht davor, ihr Spiel verloren zu geben. Deshalb verstärkte er den Druck. »Nur ins beste Bordell, das Baltimore zu bieten hat. Das von Madame Lorraine. Oder irre ich mich? Ist es gar nicht das beste? Hat man mich falsch informiert? Mr. Gwenn sagte mir, er gehe nie in ein anderes …«
    »Mr. Gwenn? Mr. David Gwenn?«
    »Ja.«
    Genny wäre am liebsten im Erdboden versunken. David Gwenn war ein Freund ihres Vaters. Als Kind hatte sie auf seinen Knien gesessen. Seine Gattin war eine liebenswürdige, mütterliche Frau, die immer ein freundliches Wort für Genny übrig hatte. Die

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