Sturmwind der Liebe

gegeben, die stützenden Holzblöcke wegzuhauen. Dann war die
Pegasus
ins Wasser geglitten. Alle hatten laut Beifall geklatscht.
    Dann hatte Moses ihren Vater nach Hause gebracht, denn er war so erschöpft, daß er kaum noch gehen konnte.
    Genny kam es so vor, als wären seit ihrer frechen Herausforderung zur Wettfahrt und Alecs Annahme erst wenige Augenblicke vergangen, aber in Wirklichkeit war das schon zwei Tage her. Seitdem hatte sie ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie wußte nur, daß er mit ihrem Vater alle Aufzeichnungen der Paxton-Werft durchgegangen war und in Begleitung von Mr. Furring die Werkstatt der Segelmacher und das Lagerhaus besichtigt hatte. Sie hätte gern gewußt, wo er sich heute vormittag herumtrieb.
    Sie brauchte sich nicht lange den Kopf darüber zu zerbrechen. Als sie aufsah, erblickte sie den Baron in voller Lebensgröße. Er kam gerade an Bord der
Pegasus.
Mit jedem, dem er begegnete, wechselte er einige Worte. Wahrscheinlich machte er zutreffende Bemerkungen über den Fortgang der Arbeiten. Er sah aus, als gehörte er hierher. Das machte sie unerklärlich wütend.
    Alec erwiderte ihre böse Miene unter der albernen Strickwollmütze mit einem breiten Grinsen und trat zu ihr. Ohne Einleitung fragte er: »Worum geht unsere Wette?«
    »Das weißt du sehr gut.«
    »Ja, wirklich? Nun, es ist doch von vornherein klar, daß ich dich trotz der möglicherweise höheren Geschwindigkeit der
Pegasus
schlagen werde …«
    »Unsinn! Du kennst die überlegene Geschwindigkeit der
Pegasus
und weißt, daß der Sieg in den Händen der Frau liegt, die auf ihr das Kommando führt.«
    »Ich weiß, Genny, ich weiß. Schon gut. Wenn ich verliere, erwartest du von mir, daß ich mich in die Werft einkaufe – ich vermute mit neunundvierzig Prozent – aber alle geschäftlichen Angelegenheiten in deinen weißen Händen lasse. Stimmt’s?«
    »Ganz genau.«
    »Sehr gut. Ich bin einverstanden. Und jetzt sage ich dir, was ich verlange, wenn ich gewinne.« Beim Sprechen ruhte sein Blick unverwandt auf Gennys Brüsten. Er wußte, daß sie das wütend machte. Und deshalb setzte er eine möglichst lüsterne Miene auf. Er ließ sich absichtlich Zeit, weil ihm klar war, daß sie das Allerschlimmste fürchtete. Immer noch schwieg er scheinbar ganz versunken in die Beobachtung von Boß Lamb und seiner Deckmannschaft, die beim Segelsetzen über den Klipper ausschwärmte.
    Boß Lamb schwankte, an seinem Schnurrbart kauend, in dem Ausguckkorb auf der Vorbramstenge vor und zurück. Prüfend überblickte er die Stellung der Masten und fühlte die Spannung in den Wanten. Er war ein wortkarger Mann, für den es kein Problem bedeutete, unter einer Frau zu arbeiten. Er hatte Alec sehr nachdenklich angesehen, aber kein Wort geäußert. Aus einer Bemerkung Gennys hatte Alec entnommen, daß Boß Lamb und James Paxton sich schon seit ihrer Kinderzeit kannten. Das, dachte Alec, ist der Grund für seine Treue.
    »Nun?«
    Alec wandte sich ihr zu. »Da, sieh mal, sie haben die schwere Takelage am Bugspriet aufgebracht! Mein Onkel hat mir oft gesagt, daß man ein Schiff wie eine Gitarre stimmen müsse. Ein bißchen mehr Spannung an den Wanten der Steuerbordmarsstenge, dafür etwas weniger am Stag der Großbramstenge, und so weiter und so weiter.«
    »Alec, wenn du dich weiter über mich lustig machst, schlag ich dir den Schädel ein!«
    »Aber gerade das macht mir ja so viel Spaß. Und wenn ich an deine schönen Brüste denke, kribbelt es mich in den Händen, sie anzufassen und …«
    Sie sah ihn bitterböse an. Alec konnte sich leicht ausmalen, daß sie ihm jetzt am liebsten mit einem Kalfaterschlegel auf den Kopf geschlagen hätte.
    »Aber warte, so geht da ja nicht. Du hast auf dem Rücken gelegen, die Hände über dem Kopf gefesselt. In dieser Stellung sehen die Brüste einer Frau nicht ganz so groß aus, und deshalb …«
    So verstohlen wie möglich stieß Genny ihm den Ellbogen in die Rippen.
    Er lachte und hob beruhigend die Hand. »Schon gut. Ich werde meine Zunge zügeln. Du siehst einen ernsthaften Menschen vor dir. Wenn ich gewinne, will ich zwei Dinge. Erstens, daß du freiwillig zu mir ins Bett kommst. Zweitens einundfünfzig Prozent der Werft, und das, mein lieber Mr. Eugene, bedeutet die Kontrolle darüber.«
    Belustigt beobachtete er, wie sich Unglauben und Wut im schnellen Wechsel auf ihrer Miene abzeichneten. In diesem Augenblick wollte er ihr die Mütze vom Kopf reißen und sie küssen, bis sie schwach würde. Er wollte