Sturmwind der Liebe
hat.«
»Hat Genny Angst, ein Kind zu kriegen?«
»Das ist ja das Seltsame an meinem Traum. Ich weiß gar nicht, ob Genny davor Angst hat oder nicht. Es war wohl so, daß ich Angst hatte, sie könnte sterben. Deine Mama, Hallie, war etwas ganz Besonderes, und es hat mir sehr weh getan, als sie uns verließ. Aber das ist eben der Lauf der Welt. Du hattest eine sehr nette Mama, vergiß das nie!«
»Aber sie ist nicht gern auf solche Reisen gegangen wie wir.«
»Ja, das stimmt.« Am hellen Tage werde ich es wohl bereuen, daß ich so offen zu meiner Tochter gesprochen habe, dachte Alec. Aber er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, alle Fragen freimütig mit ihr zu besprechen.
»Es hat mir Spaß gemacht mit Genny. Papa, sie versteht überhaupt nichts von Frauenkleidern. Sie ist ganz anders als Mrs. Swindel. Mrs. Swindel hat über alles ihre Meinung und läßt keine andere Meinung gelten. Ich fand es komisch, daß Genny überhaupt keine Ahnung hatte.«
»Ihr habt beide keine Ahnung. Ich kam mir wie ein Modefachmann vor.«
»Ich kann Genny eigentlich gut leiden …«
»Aber?«
»Sie wird aus sich selber nicht schlau. Ich glaube, sie hat irgendwie Angst vor dir, und du ziehst sie ja auch mächtig auf. Aber, soll sie meine neue Mama werden?«
»Nein«, sagte er, »bestimmt nicht.«
»Aber du hast doch geträumt, daß du ein Kind von ihr kriegst, und hattest Angst um sie.«
»Das begreife ich selber nicht. Aber was meinst du damit, daß sie aus sich selber nicht schlau würde?«
»Sie hat einfach Angst.«
»Vor mir?«
Hallie nickte bestätigend an seiner Schulter. Na ja, zumindest würde sich Genny in Zukunft vor ihm vorsehen. Er hatte alles mit ihr gemacht, was er wollte – nein, alles nicht. Er wünschte nichts mehr, mit ihr eins zu werden und ihr alles zu zeigen, was zwischen Mann und Frau möglich war.
»Sie ist wirklich wütend auf dich. Ich glaube, sie würde dir gern ein Ding auf den Kopf geben.«
»Mag sein. Irgendwie ärgere ich sie.«
»Wie ist es dazu gekommen, daß sie sich den Knöchel verstaucht hat, Papa?«
»Sie sagt, sie sei die Treppe hinaufgefallen.«
Hallie schnaufte. »Hast du das gemacht, Papa?«
»Nein. Jedenfalls bin ich nicht daran schuld, daß sie sich den Knöchel verstaucht hat.«
Eine Zeitlang schwieg Hallie. Dann sagte sie mit schläfriger Stimme: »Ich hätte gern noch Brüder und Schwestern, Papa. Genny ist nicht dumm, und sie will mich bestimmt nicht dumm machen. Sie könnte mir beibringen, wie man Schiffe baut, stimmt’s? Und sie würde gern überall hinsegeln. Ich glaube, sie reist noch lieber als du.«
»Das mag sein.«
»Vielleicht will sie gar keine Mama werden. Vielleicht will sie lieber rumreisen wie du und keinen Mann haben.«
Aber eine Frau sollte einen Mann und Kinder, Heim und Herd haben, dachte er. Solange er mit Nesta zusammen gewesen war, hatte er nie bedacht, daß alles nach seinem Willen gegangen und sie vielleicht nicht mit seinen Plänen einverstanden gewesen war. Sie hatte sich ohne Klage in alles gefügt. Was war er gewesen? Ein egoistischer, arroganter Schweinehund! Genny war anders. Sie hatte ihren eigenen Kopf, sie war verwirrend weiblich – überhaupt nicht wie Nesta. Man mußte ihr befehlen, was sie zu tun hatte. Und er war der geeignete Mann dazu.
Er wollte seiner Tochter schon sagen, daß Genny alles tun würde, was er wünschte. Doch da kam es ihm zum Bewußtsein, daß er damit eine Dummheit begehen würde. Außerdem verriet ihm ihr gleichmäßiges Atmen, daß sie eingeschlafen war. Eine Weile hörte er ihr noch zu. Dann schlief er selber ein.
Alec saß mit Hallie am Eßtisch der Paxtons. Sie trug ein neues Musselinkleid mit blauweißem Blumenmuster. Genny hatte ein pfirsichfarbenes Seidenkleid an, das ihren Teint leuchten, ihre Haare goldrot flammen und ihre Augen so grün schimmern ließ, daß … Alec hielt inne. Es war idiotisch, Genny Paxtons Vorzüge zu katalogisieren. Plötzlich merkte er, daß er auf ihren Bauch starrte. Er sah ihn wie im Traum angeschwollen.
Genny lachte gerade. Ihr war nicht bewußt, daß sie schwanger war. »Hört euch das mal an, Vater und Hallie! Alec stand an der Hecksüll.« Zur Erklärung sagte sie zu Hallie: »Die Hecksüll ist ein Kasten, der verhindern soll, daß Wasser durch ein Loch unter Deck schwemmt, vor allem, wenn es regnet. Der Kasten war noch nicht festgemacht. Alec wollte gerade eine Frage von Mr. Knowles beantworten, da fiel einem der Männer, die oben in der Takelage beschäftigt waren,
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