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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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wird es nicht ungewöhnlich sein, uns hier zu sehen.«
    »Aber wenn sie uns nach Mama fragen?« Peter weigerte sich, weiter aufzurücken. Sofort schoben sich zwei Frauen und ein Kleinkind an ihnen vorbei, gleich darauf ein paar alte Männer.
    »Und wenn schon. Sie können uns nicht festhalten. Wir entwischen ihnen spielend.«
    In diesem Augenblick riss Peter erschrocken die Augen auf. Nur mit Mühe konnte Willi ihn davon abhalten, einfach davonzurennen. Während Willi mit seinem Bruder rang, drehte er den Kopf. Er sah einen Wachmann, der sich mit Lina unterhielt, dabei war sein Blick, vermutlich eher willkürlich, genau auf die Zwillinge gerichtet. Für den verängstigten Peter war das jedoch zu viel. Er stieß Willi den Ellenbogen in die Magengegend, sodass der ihn mit einem schmerzhaften Aufschrei losließ und hilflos zusehen musste, wie Peter die Flucht ergriff.
    Willi blickte für einen Moment unschlüssig auf die Töpfe. Er war so knapp davor, eine warme, verlockend duftende Mahlzeit zu erhalten. Aber auch er drehte sich um, obwohl sein Bauch protestierend rumorte. Er durfte Peter nicht aus den Augen verlieren! Es konnte lange dauern, bis sie sich im Gewirr der Straßen und Gassen wiederfanden. Ohne ihn war Peter doch verloren!
    Willi zwängte sich zwischen den hinter ihm wartenden Personen hindurch und rannte Peter nach, der bereits aus seinem Blickfeld verschwunden war. Zuerst wollte er einen Zuruf in seinem Rücken ignorieren, dann wandte er aber doch den Kopf, allerdings ohne im Laufen innezuhalten. Kam der Wachmann ihm nach? War er verdächtig, nur weil er aus der Schlange vor der Suppenküche ausbrach?
    ***
    Keuchend ließ Willi sich mit dem Rücken gegen eine feuchte Hauswand sinken. Den misstrauischen Wachtmeister hatte er abgeschüttelt, dabei aber Peter aus den Augen verloren. Inzwischen warfen die Häuser lange Schatten. Sie vermischten sich mit dem Grau der Gassen und dem weißen Nebel zu einer düsteren Atmosphäre, in der Willi sich plötzlich gar nicht mehr stark fühlte, sondern hilflos und schrecklich allein. Peter brauchte nicht nur ihn – er brauchte auch Peter, das wurde ihm in diesem Augenblick deutlich bewusst.
    Eine der vielen Prostituierten dieser Gegend taumelte angetrunken an ihm vorbei, ohne ihm Beachtung zu schenken. Auch ihr Leben wurde durch den Krieg und seine Folgen erschwert. Wer hungerte, gab weniger Geld für sein körperliches Vergnügen aus, das hatten die Frauen schnell erfahren müssen. Nun trugen sie unter sich ihre eigenen Schlachten aus.
    Der Klang von schweren Schritten ließ Willi aufhorchen. Erst kürzlich hatte ein Freund die Frustration eines Mannes zu spüren bekommen und war an den Folgen der brutalen Schläge gestorben. Sie galten nichts, die namen- und heimatlosen Kinder Berlins.
    Willi stieß sich von der Wand ab, überholte die Frau und bog in eine noch kleinere Gasse ein. Drei bärtige orthodoxe Juden mit ihren langen Mänteln, den schwarzen Hüten und ihren eigentümlichen Schläfenlocken versperrten ihm unbeabsichtigt den Weg. Noch ehe sie auf sein plötzliches Auftauchen reagieren konnten, war er zwischen den Beinen der Männer hindurchgerutscht, sprang wieder auf die Füße und stürmte weiter.
    Achtlos weggeworfener Müll verschmutzte die Straße, zwischen den Pflastersteinen wucherte Unkraut, und aus der Kanalisation stieg stinkender Dunst auf, der sich mit dem Nebel vermischte.
    Willi trieb es in den Unterschlupf, den sie in den letzten Tagen benutzt hatten. In einem der alten Gemäuer befand sich ein Spalt in der Außenmauer, durch den die schmächtigen Kinder gerade so hindurchpassten. In dem feuchten Kellerloch hatten insgesamt sieben Jungen Schutz gefunden und Willi hoffte inständig, dass Peter dort war. Endlich gelangte er in die Gasse. Prüfend sah er sich um. Niemand hielt sich in seiner Nähe auf, alle Fenster waren geschlossen. Wer das Glück hatte, Vorhänge zu besitzen, hatte sie zugezogen, um der Trostlosigkeit der Welt draußen zu entkommen.
    Schnell betrat der Junge den schmalen Durchgang zwischen zwei Hausfassaden, zwängte sich durch den Spalt und ließ sich die eineinhalb Meter in die Tiefe rutschen. Geschickt landete er im Dunkeln auf seinen Füßen. Das Geräusch, das an sein Ohr drang, schrieb er einer flüchtenden Ratte zu, wurde aber schnell eines Besseren belehrt. Eine kräftige Hand ergriff den Knöchel seines linken Beins und zog ihm den Fuß weg. Willi stürzte und konnte gerade noch verhindern, dass sein Kopf auf dem harten

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