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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Ljudmilas wartender Kutsche angelangt verabschiedeten sich die beiden Frauen voneinander. Während der Kutscher der Zoraws der Gräfin in das Gefährt half, bog Anki zu Fuß in die Straße entlang der Mojka ein. Dabei sah sie sich prüfend um und entdeckte tatsächlich einen kleinen Mann mit grauem Hut, der über den Nevskij Prospekt davoneilte. Fassungslos starrte sie der Gestalt nach. War er ihr und Ljudmila vom Kaufhaus bis zur Petrischule und anschließend hierher gefolgt? Gehörte er zur Staatssicherheit? Eine erneut aufflackernde innere Unruhe trieb sie mit schnellen Schritten voran, während sich die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen.
    Würde Ljudmila auf ihre Bitte hören und Rasputin fernbleiben? Wie schnell konnte die Staatssicherheit auf ihren Namen stoßen? Immerhin war Komtess Ljudmila Zoraw nicht eben mit vielen deutschstämmigen Frauen befreundet! Nach einer Begegnung mit den Beamten der Staatssicherheit stand Anki wirklich nicht der Sinn!
    7 Kindermädchen, richtiger: Kinderschwester
    8 Stadtteil, Bezirk
    9 Luda und Ludatschka sind Koseformen des Namens Ljudmila. Die höfliche Anrede war damals der Vorname plus der Vatername. Bsp: bei Ljudmila: »Ljudmila Sergejewna«.
    10 Heiler

Kapitel 11
    Berlin, Deutsches Reich,
August 1914
    Demy und Philippe betraten gemeinsam das Foyer mit seinen dunklen Couchtischen, wuchtigen, halb hinter Kübelpflanzen versteckten Sesseln und von dunkelbraunen Vorhängen eingerahmten Fensternischen. Die elektrischen Lampen an den Wänden erzeugten ein kaltes Licht, weshalb das in Rauten verlegte Parkett, die Stuckverzierungen entlang der Fenster und an der Decke sowie die zwei opulenten Kristallleuchter enttäuschend unscheinbar aussahen.
    Ein Junge sprang aus einem Sessel auf, kaum dass er sie sah, stürmte auf sie zu und umarmte Demy, um sie lange Zeit nicht mehr loszulassen. Interessiert beobachtete Philippe die Begrüßung der beiden. Wenn dieser schlaksige Heranwachsende sogar vor Zeugen seiner deutlich älteren Schwester mit so viel Zuneigung entgegenkam, deutete das auf ein inniges Verhältnis hin. Wie schön für Demy, dass sie hier in der Fremde ihre Geschwister um sich hatte. Philippe sah zu, wie auch Rika ihrer älteren Schwester um den Hals fiel. Die Begrüßung zwischen Demy und Tilla, ihrer mit Joseph Meindorff verheirateten Halbschwester, fiel hingegen auffällig steif aus. Demnach hatte sich die Beziehung zwischen den beiden in den vergangenen Jahren nicht wesentlich gebessert. Eigentlich erstaunlich, überlegte Philippe, denn immerhin befanden sie sich seit Jahren gemeinsam auf Reisen quer durch Europa.
    Gegenüber Edith, der Ehefrau von Hannes, hatte Demy geäußert, dass zwischen Tilla und Joseph schon seit der Hochzeitsreise eine spürbare Eiseskälte herrschte. Ob Tilla mit ihren ausgedehnten Reisen einen Weg gefunden hatte, aus ihrer Ehe zu flüchten, ohne eine skandalöse Scheidung zu inszenieren?
    Philippe hob die Augenbrauen, als Joseph Meindorff, angelockt durch die fröhlichen Stimmen, aus dem Blauen Salon in das prunkvoll ausgestattete Foyer trat. Da die Meindorffs Philippe aufgenommen hatten, betrachteten viele Menschen im Berliner Umfeld den vierzigjährigen Joseph als seinen Bruder. Allerdings hatte Philippe für den Meindorff-Erben nie geschwisterliche oder auch nur freundschaftliche Gefühle empfunden. Im Gegensatz dazu war er mit Hannes und dem wesentlich jüngeren Albert gut befreundet.
    Joseph, inzwischen an den Schläfen ergraut und mit einem deutlichen Bauchansatz, begrüßte Demy so förmlich, als sei sie eine Fremde. Feddo und Rika wichen vor dem Ehemann ihrer Schwester zurück, als der zielstrebig auf Philippe zuging. »Sieh an, der verlorene Sohn kehrt heim. Ist dir die Lust am Vagabundieren verleidet oder das Geld ausgegangen?« Joseph lachte über seinen eigenen Scherz und streckte Philippe seine Rechte entgegen.
    Philippe ging auf die abfällige Bemerkung nicht ein, drückte aber Josephs Hand so kräftig, dass dieser vor Schmerz die Augen zukniff.
    »Ach, ich weiß, was dich hierher treibt: Die Damenwelt hat endlich genug von deinen Eskapaden und …«
    »Herr Meindorff arbeitet als Ingenieur bei den Fokker-Werken, Cousin Joseph.« Sowohl Joseph als auch Philippe wandten sich Demy zu, die ihrem Schwager nicht nur unhöflich ins Wort gefallen war, sondern ihn nun noch herausfordernd anblitzte.
    »Ach, du scheinst ja bestens über Philippes Leben informiert zu sein, liebe Demy.« Joseph trat auf Demy zu und sah sie finster

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