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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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und schwarzen, tief liegenden Augen Anki am Arm gepackt und zu seinem Stand mit schlecht gemalten Ikonen gezogen hatte, bat sie Ljudmila, das Gebäude verlassen zu dürfen. Eher widerwillig fügte die Freundin sich ihrem Wunsch. Es dauerte nahezu eine halbe Stunde, bis sie endlich auf den Nevskij Prospekt hinaustraten.
    Anki beeilte sich, auch dem dortigen Trubel der an- und abfahrenden Kutschen zu entkommen. Erst in Höhe der Katharinenkirche beruhigten sich der Verkehr und auch Ankis Pulsfrequenz wieder, dafür lachte Ljudmila sie gutmütig aus. »Du magst keine Aufregung, nicht? Für dich muss alles geordnet und organisiert zugehen. Ist das dein deutsches Erbe?«
    Bevor Anki ihr recht geben konnte, trat eine adrett gekleidete, junge Frau zu Ljudmila. Jevgenia Bobow befand sich in Begleitung einer Angestellten, und obwohl Ljudmila sich bei Anki untergehakt hatte, wurde diese von Jevgenia ignoriert. Taktvoll löste Anki sich von Ljudmila und trat an die Fassade des Kleinen Glinka-Saals, in dem im vergangenen Jahrhundert die interessantesten Bälle und Konzerte stattgefunden hatten. Ihre Augen folgten den marschierenden Soldaten, den vorbeiflanierenden Damen und Herren und ein paar Kindern in ärmlicher Kleidung, die es wagten, die Wege der Herrschaften zu kreuzen. Dennoch nahm Anki Gesprächsfetzen der Unterhaltung zwischen Jevgenia und Ljudmila wahr.
    » … und er sagte, er habe dich ausdrücklich vor ihr gewarnt.«
    »Ja, das tat er. Aber sosehr ich ihn auch verehre, von ihr geht nichts Schlechtes aus. Ich mag es nicht, wenn er diese schrecklichen Dinge über sie sagt.« Ljudmila klang trotz des Versuches, ihre Stimme zu dämpfen, außerordentlich aufgewühlt.
    »Sein Eindruck trügt ihn also nicht: Du hörst mehr auf sie als auf ihn! Er bat mich darum, dass ich mit dir spreche und dich bitte, zu ihm zurückzukehren.«
    »Ich versprach Anki, keinen Kontakt mehr mit ihm zu pflegen.«
    Die Entgegnung Prinzessin Jevgenias entging Anki, da eine Kutsche vorbeifuhr und das Rattern der eisenbeschlagenen Räder laut in ihrer kleinen Nische widerhallte.
    »Ach, ich weiß nicht recht«, hörte Anki Ljudmilas zögernde Erwiderung.
    » Wir sind deine Freundinnen, Luda 9 «, schmeichelte die adelige Frau, »und das bereits seit langer Zeit. Und er ist unser gemeinsamer Freund. Vergiss das nicht!«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    »Dann wirst du also kommen?«
    Die sichtlich verunsicherte Ljudmila warf Anki einen Blick zu. Diese tat jedoch so, als sei sie vollkommen fasziniert von den Jongleuren, die inmitten des breiten Boulevards ihre Kunststücke vorführten.
    Schließlich verabschiedete sich Jevgenia von Ljudmila, bedachte Anki mit einem abschätzigen Blick und schlenderte, gefolgt von ihrer Begleiterin, in Richtung Kaufhaus Gostinyj Dvor davon. Ein verlegenes Lächeln lag auf Ljudmilas Gesicht, als sie sich zu Anki umwandte. Gemeinsam setzten sie ihren Spaziergang fort.
    »Du kennst Prinzessin Jevgenia Ivanowna Bobow, nicht wahr?«, versuchte Ljudmila ein Gespräch zu beginnen, während Anki sich mit einer Spur von Belustigung fragte, wie viele Barone, Grafen, Fürsten und Herzöge diese Stadt wohl hervorgebracht haben konnte. Gleich darauf jagte ihr die Erinnerung an ihr unheimliches Zusammentreffen mit Rasputin vor dem Palast der Bobows einen eisigen Schauer den Rücken hinunter. Obwohl das Erlebnis bereits sechs Jahre zurücklag, verspürte sie noch immer großen Widerwillen und Ekel vor diesem Mann. Mühsam versuchte sie die Beklommenheit abzuschütteln, die sie bei dem Blick in die Vergangenheit überfallen hatte, und stellte erleichtert fest, dass Ljudmila nur plaudern wollte.
    »Sie ist mit den Chabenskis verwandt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe«, fuhr Ljudmila fort.
    Anki nickte nur, denn sie traute ihrer Stimme nicht. Welch großen Einfluss dieser Starez 10 sogar auf Menschen wie sie ausübte, die nichts mit ihm zu tun haben wollten! Wie mochte das erst bei den Leuten sein, die sich ihm auslieferten: Ljudmilas Freundinnen, Damen des Adels, die Zariza?
    »Was wolltest du noch gleich erledigen?« Ljudmilas einseitigem Redefluss entnahm Anki, wie stark die Konversation mit Jevgenia sie aufgewühlt hatte. Hatte sie etwa doch einem neuerlichen Treffen mit Rasputin zugestimmt? Dass der Starez Inhalt des Gesprächs der beiden Aristokratentöchter gewesen war, stand für Anki außer Frage. Dabei hatte Ljudmila ihr mehrmals versprochen, dem seltsamen Heiligen fernzubleiben. Das erste Mal nach seinem Angriff auf Anki

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