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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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gebracht werden konnte, zeigt mir, wie begründet der Verdacht der Staatssicherheit ist, und dass Sie, Fräulein van Campen, über das Verhältnis Rasputin-Zoraw Bescheid wissen.«
    Anki ballte die Fäuste. So wie Michael es formulierte, klang es, als unterhalte Ljudmila eine Affäre mit Rasputin. Allein die Erinnerung an dessen stinkenden, ungewaschenen Körper ließ sie erschauern …
    »Um Ihre Frage zu beantworten, Fräulein van Campen: Ein Ermittler stellte sich letzte Woche bei uns Vertretern der Petrigemeinde vor und wurde dabei erschreckend deutlich. Wir mussten eingestehen, dass Ljudmila Zoraw in Begleitung einer Deutschen, die regelmäßig unsere Gottesdienste besucht, in unseren Räumlichkeiten gesehen wurde. Allerdings gelang es uns, Ihren Namen außen vor zu halten.«
    Anki schwieg betroffen. Der russischen Staatssicherheit wollte sie in keinem Fall auffallen. Vor allem nicht in diesen brisanten Kriegszeiten!
    »Ihnen ist klar, dass Rasputin in hochrangigen Kreisen als ernst zu nehmende Bedrohung für die Zarenfamilie, das Regime, Petersburg und ganz Russland angesehen wird? Den adeligen Frauen, die sich wie Motten um das Licht um diesen Mann scharen, wird vonseiten der Staatssicherheit nichts geschehen. Aber wie es mit Angestellten aussieht, wage ich nicht zu prognostizieren, zumal Sie hier in Petersburg eher als Deutsche denn als Niederländerin gelten. Deshalb meine Warnung an Sie, verbunden mit der Bitte: Halten Sie sich von Rasputin fern – und von all denjenigen, die sich in seiner Nähe aufhalten!«
    »Ljudmila pflegt seit ein paar Monaten keinen Umgang mehr mit diesem Mann, Herr Maier. Ich werde sie nochmals eindringlich vor ihm warnen. Vielen Dank für Ihre Offenheit.«
    »Ich möchte nicht erfahren müssen, dass Sie in die Räder der hiesigen Polizeigewalt geraten sind. Gerechtigkeit ist auch in Russland ein dehnbarer Begriff, und ich kann Ihnen die Gefängnisse dieses Landes nicht als Aufenthaltsort empfehlen.«
    Auf diese Bemerkung hin wagte sie ein zaghaftes Lächeln, das er erwiderte, ehe er ihr endlich das eigens für sie besorgte Buch reichte. »Ich weiß nicht, wie lange ich noch in Russland bleibe«, wechselte Michael zu einem nicht minder brisanten Thema.
    »Die Zeiten sind gefährlich«, stimmte Anki zu. »Falls wir uns nicht mehr sehen, wünsche ich Ihnen eine sichere Heimkehr.«
    Der Lehrer musterte sie einen Augenblick. Es schien, als müsse er erst sorgfältig abwägen, welche Worte er an sie richten solle. »Falls auch Sie den Wunsch verspüren, ins Deutsche Reich zurückzukehren, dürfen Sie Ihre Reise nicht mehr lange aufschieben.«
    Anki bedankte sich für den Hinweis, drückte dem Mann die Rubel und Kopeken für das Buch in die Hand und eilte zurück zum Eingang, wo Ljudmila ungeduldig auf sie wartete.
    Draußen begrüßte sie strahlender Sonnenschein und für einen Augusttag in St. Petersburg heiße 30 Grad. Anki blinzelte gegen das grelle Licht an und wünschte sich, sie könnte den Vormittag aus ihrem Gedächtnis löschen. Ohne ihr Zutun war das Gespenst Rasputin wieder unangenehm präsent in ihrem Leben geworden.
    »Ich treffe mich gleich mit meinem Schneider, der die neue Winterkollektion für mich fertiggestellt hat. Die Kutsche wird bereits auf mich warten. Kommst du endlich oder soll ich dich mit diesem verliebten Lehrer allein lassen?«
    »Ich muss zu Ninas Geburtstagsfeier. Wo wartet dein Wagen?«
    »Natürlich vor der Brücke über die Mojka. Immerhin brauche ich dich als Begleitung. Im Gegensatz zu dir darf ich es mir nicht erlauben, allein durch Petersburg zu spazieren.«
    Anki überhörte den Vorwurf in ihrer Stimme und unterdrückte auch die Überlegung, ob Ljudmila manchmal eifersüchtig auf ihr recht ungebundenes, selbstbestimmtes Leben war. Die Freundin unterlag dem strengen Zeremoniell des Zarenhofes und den Regeln des St. Petersburger Adels ebenso wie den Anweisungen, die sie zusätzlich von ihren Eltern und Großeltern auferlegt bekam.
    Den Blick fest auf die glänzende goldene, sich nach oben verjüngende Spitze der Admiralität am Ende des Nevskij Prospekts gerichtet, erzählte Anki von Herrn Maiers Begegnung mit der Staatssicherheit. Sie kleidete die Nachricht in sorgfältig gewählte Worte, schließlich wollte sie die Freundin nicht verärgern und aus einer Trotzreaktion heraus erneut in Rasputins Nähe treiben. Ljudmila hörte ihr zwar aufmerksam zu, ihre zusammengekniffenen Augen zeigten indes deutlich, wie sehr ihr das Gehörte missfiel.
    Bei

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