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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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und seinem verstörenden Besuch bei den Chabenskis. Nachdem Rasputins Ruf sich rasant verschlechtert hatte und er vom Staatssicherheitsdienst überwacht worden war, war er für etwa ein Jahr verschwunden. Anki hatte dies mit Erleichterung wahrgenommen. Seit Rasputins Rückkehr nach St. Petersburg im Jahr 1910 mehrten sich die Gerüchte über sexuelle Ausschweifungen, Misshandlungen und Prostituiertenbesuche. Diese Exzesse gaben dem Verdacht Auftrieb, er unterhielte auch sexuelle Beziehungen in den Adelskreisen – bis hin zur Zariza.
    Nach jedem neuen Skandal, der durchsickerte, versprach Ljudmila, sich von ihm loszusagen. Doch seine Anziehungskraft auf ihre Freundin fiel kaum geringer aus, als das bei anderen Frauen der Fall war, und das Zarenpaar benötigte anscheinend Rasputins Hilfe bei ihrem an der Bluterkrankheit leidenden Thronfolger.
    »Ludatschka …«
    »Du wolltest zur Petrischule, nicht wahr? Komm, lass uns schneller gehen.« Die Russin zog Anki hinter sich her, bis sie zwischen zwei Häusern die zurückversetzt erbaute deutsch-protestantische Petrikirche mit ihren beiden quadratischen Türmen sahen. Sie lag wie die niederländische Kirche und andere nicht russisch-orthodoxe Gotteshäuser nördlich des Prospekts, wo ihre Errichtung erlaubt worden war.
    Bald erreichten sie leicht außer Atem die deutsche Schule. Anki, die sich ebenso wie Tilla den Deutschen näher fühlte als Demy und die jüngeren Halbgeschwister, war in der Petrikirche und der Schule keine Unbekannte. Deshalb dauerte es nicht lange, bis Michael Maier, einer der Lehrer, eilends die Stufen hinunter in die Halle eilte, um die Frauen willkommen zu heißen.
    Michael begrüßte Anki herzlich, Ljudmila eher zurückhaltend und bat sie, einen Augenblick zu warten, bis er das für Anki bereitgelegte Paket aus seinem Privatraum geholt hatte.
    Ein fröhliches Kichern veranlasste Anki, sich zu der Freundin umzudrehen, sobald der schlanke Mann davongeeilt war. »Anki, der Gute ist ja ganz nervös in deiner Gegenwart. Vielleicht mag er dich ein bisschen?«
    In Gedanken noch bei der Beziehung Ljudmilas zu Rasputin sagte Anki zerstreut: »Was du dir einbildest, Ljudmila! Soweit ich weiß, ist Michael Maier verlobt.«
    Gerade eilte dieser die Stufen wieder hinunter und warf einen Blick auf Ankis abseits wartende Begleiterin. »Ist das nicht Komtess Zoraw?«
    »Sie kennen Ljudmila Sergejewna?«
    »Zu behaupten, dass ich sie kenne, wäre übertrieben. Ich wundere mich allerdings über Ihr Beisammensein.«
    »Wir sind befreundet. Bereits in meiner ersten Woche in Petersburg ist sie mir bei den Chabenskis im wahrsten Sinne des Wortes über den Weg gelaufen. Die Folgen waren ein zersprungener Porzellanpuppenkopf, für den sie freundlicherweise aufkam, und eine Freundschaft, die wohl ihresgleichen sucht. Die Njanja und die Adelige.«
    »Nun setzen Sie sich nicht so herab, Fräulein van Campen. Auch Sie gehören einer angesehenen Familie an, wenngleich durch den Tod Ihrer Mutter die Bande zu den Berliner Meindorffs ein Stück weit zerschnitten wurden. Außerdem sind Sie eine liebenswerte Person.«
    »Ich danke Ihnen für das Kompliment.« Anki lächelte, warf dabei aber einen ungeduldigen Blick auf das in Papier eingeschlagene Buch in seinen Händen. Sie musste sich allmählich auf den Heimweg begeben, denn sie durfte bei der Geburtstagsfeier von Nina nicht fehlen.
    »Ich frage mich nur …« Ihr Gesprächspartner stockte und sah erneut zu Ljudmila. Diese betrachtete die Ausstellungsstücke der Schüler in den Vitrinen entlang der Zimmerwand. Michael entschied sich zum Weitersprechen: »Fräulein van Campen, ich muss Sie warnen. Ljudmila Sergejewna Zoraws Name wurde im Rahmen einer Untersuchung des Staatssicherheitsdienstes mit diesem Mönch Rasputin in Zusammenhang gebracht.«
    Ihr erschrockener Blick wanderte von ihm zu Ljudmila und wieder zu ihm zurück. Da sie wusste, dass er keiner dieser tratschenden Menschen war, die es in dieser Stadt zuhauf gab, brachten seine Worte ihr an diesem Tag ohnehin schon schwaches Nervenkostüm zum Flattern. »Die Ermittlungen des Staatssicherheitsdienstes gegen Rasputin sind intensiviert worden, und Ljudmilas Name fiel in diesem Zusammenhang? Wie kommen Sie an diese Information?«, fragte sie.
    Michael rieb sich mit einer Hand über die Stirn, als versuche er, die Falten fortzuwischen. »Ihre Frage erschreckt mich. Dass Sie nicht zuerst erfahren möchten, wie der Name Ihrer Freundin überhaupt mit Rasputin in Zusammenhang

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