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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Deutsch und Niederländisch bei, ja?«, bettelte die Kleine.
    »Versprochen, Jelena«, gab Anki sofort nach. »Und vielen Dank für deinen Besuch.«
    Fast ein wenig erleichtert hörte sie, wie sich ihre Schritte auf dem Parkett entfernten und Marfa ihre Zimmertür angenehm vorsichtig schloss. Anki drehte den Kopf, um den gewaltigen Strauß weißen Sommerflieders anzusehen. Das Sonnenlicht, das durch die Holzlamellen der Fensterläden fiel, beleuchtete die Blüten nur unzureichend, doch sie verströmten einen kräftigen Duft.
    Bevor sie einschlief, war sich Anki immer noch nicht sicher, ob sie die nächste Begegnung mit Robert herbeisehnte oder vielmehr fürchtete.

Kapitel 23
    Zarskoje Selo, Russland,
September 1914
    Die runden, wuchtigen Säulen des Alexanderpalais hoben sich mit ihrer weißen Farbe deutlich vor der gelben Fassade ab und wirkten beinahe erdrückend auf Anki. Eingerahmt von dem u-förmigen Bau und einem kleinen See, auf dem ein paar Enten schwammen, saß sie auf einer Picknickdecke nahe dem Schilfgürtel. Vogelstimmen erfüllten die erstaunlich warme Herbstluft. Schmetterlinge und Libellen tanzten vielleicht zum letzten Mal in diesem Jahr über dem Teich, ehe Dunkelheit, Schnee und Eis von diesem Landstrich Besitz ergriffen. Ein kühler Windstoß ließ die Blätter der Bäume rascheln und setzte das Schilf in Bewegung.
    Anki hatte sich um Ljudmilas willen bereit erklärt, den seit dem Blutsonntag 20 bevorzugten Wohnsitz der Zarenfamilie aufzusuchen. Ihre Freundin sah sich noch nicht in der Lage, ihre Hofdamenstellung wieder aufzunehmen. Als Fürstin Chabenski ankündigte, sie habe eine Einladung in den Alexanderpalast erhalten, wünschte Ljudmila sich allerdings, die Zarentöchter zu besuchen.
    Anki warf nur gelegentlich einen Blick zu der Zariza im Rollstuhl, ihrer Gesellschafterin Anna Wyrubowa und Fürstin Chabenski. Sie wusste um die überschwängliche Begeisterung der beiden Damen für Rasputin. Dieser Umstand hatte sie davon abgehalten, sich, wie von Alexandra Fjororowna Romanow vorgeschlagen, zu ihnen an den hübsch gedeckten Teetisch im Park zu gesellen. Dabei war die Einladung eine große Ehre für sie. Immerhin wusste Anki von Ljudmila, dass die Zariza die Zurückgezogenheit liebte, kaum Einladungen wahrnahm und sich nur im Kreise ihrer Familie wohlfühlte. Eine der wenigen Personen, die sie in ihrer Nähe duldete, war die Wyrubowa.
    Anki, die sich damit entschuldigt hatte, auf die Kinder achtgeben zu müssen, saß auf ihrer Decke im Gras, spielte mit Katja und beobachtete nebenbei Jelena und Zarewna Anastasia. Die beiden Mädchen spielten am Teich. Bis zu den Knien standen sie im Wasser, wobei Anastasia ihr weißes Kleid mit einer Hand raffte, während Jelenas fliederfarbenes bereits einen nassen Saum aufwies. Beide stocherten mit Stöcken im aufgewühlten Grund herum. Ihrer Unterhaltung konnte Anki aus der Entfernung nicht folgen, doch sie schnappte abwechselnd russische, deutsche, englische und französische Brocken auf. Amüsiert schmunzelte das Kindermädchen in sich hinein. Die zwei temperamentvollen, sprachbegabten Mädchen hatten sich gesucht und gefunden.
    Katja legte sich auf die Decke, den Kopf in Ankis Schoß gebettet, und beobachtete die gemächlich über ihnen dahinziehenden Schäfchenwolken. Das erlaubte dem Kindermädchen, sich nach dem zehnjährigen Zarewitsch umzuschauen. In Begleitung eines muskulösen Matrosen spazierte er am See entlang und sah dabei schrecklich gelangweilt aus. Für einen Jungen von zehn Jahren gab es sicherlich aufregendere Beschäftigungen, als an einem ihm nur zu vertrauten Teich Steine ins Wasser zu werfen! Alexejs dunkles Haar schimmerte leicht kupferfarben, wenn die Sonne darauf fiel, und sein schmales Gesicht ähnelte dem seiner Mutter. Der Begleiter des Jungen blieb stets in seiner unmittelbaren Nähe und ermahnte ihn immer wieder, langsamer zu gehen, auf Hindernisse zu achten und sich beizeiten etwas Ruhe zu gönnen.
    Anki kannte das sich hartnäckig haltende Gerücht, Zariza Alexandra habe dem Thronfolger die in ihrer Familie auftretende Hämophilie 21 vererbt. Seine Erkrankung und die damit verbundenen Sorgen waren vermutlich der Auslöser des Nervenleidens, das die Zariza gelegentlich, wie auch an diesem Tage, in den Rollstuhl zwang.
    Fröhliches Mädchengelächter ließ Anki abermals den Kopf wenden. Untergehakt schlenderten Olga, Tatjana, Marija und Ljudmila auf sie zu. Alle vier trugen weiße, mit Rüschen verzierte Röcke und die

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