Sturz Der Engel
beginnen«, flüsterte er.
Sie hob die Augenbrauen.
Nylan wiederholte seinen Vorschlag und dieses Mal nickte sie.
Obwohl es noch früh am Morgen war, wärmte die Sonne Nylans Rücken. Das Ende der Schlucht lag jedoch noch im Schatten.
Nylan nickte noch einmal, als ihm bewusst wurde, wie gut Rybas Planung im Grunde doch war. Gerlichs Truppen würden um die letzte Biegung der Schlucht kommen und direkt in die aufgehende Sonne schauen. Nylan war bereit zu wetten, dass der große Jäger den Sonnenstand nicht berücksichtigt hatte, aber er war sicher, dass Ryba es getan hatte. Wenn es darum ging, Gewalt einzusetzen, schien sie an alles zu denken.
Die Sonne stieg ein wenig höher, die Luft war still. Nicht einmal Vogelgezwitscher war zu hören. Nylan machte sich deshalb Sorgen. Würde Gerlich die unnatürliche Stille auffallen?
Irgendwo in den Felsen klickte ein Steinchen.
Ryba hob die Hand und fast zwanzig Wächterinnen legten Pfeile in die Bogen, aber Ryba ließ die Hand nicht sinken.
Ein einzelner Reiter kam im schräg einfallenden Sonnenlicht um die Ecke und hob die Hand, um die Augen abzuschirmen. Zwei weitere folgten gemächlich auf ihren Pferden. Rybas Hand blieb oben, bis mehr als zwanzig Reiter blinzelnd heraus ins Sonnenlicht gekommen waren.
Dann zog sie die Hand nach unten.
Fast gleichzeitig wurde die erste Salve von Pfeilen abgeschossen.
Nylan sah mehrere Reiter nach vorn kippen, einer griff nach einem Pfeil, der in seinem Oberarm steckte.
»Pfeile!«, brüllte Gerlich. Der große Mann drückte sich dicht auf sein Pferd, als die Pfeile flogen. »Mir nach!«
Nylan kletterte das Seil hinunter und bemerkte mehr aus den Augenwinkeln, dass der Bewaffnete, den er für Narliat gehalten hatte, von mindestens zwei Pfeilen durchbohrt worden war. Der Weiße Magier und sein Pferd verschwanden blitzschnell, wie es schon beim ersten echten Kampf auf dem Dach der Welt geschehen war.
Nylan kam in einer Staubwolke unten an und kletterte eilig in den Sattel, um sein Pferd zur Mündung der Schlucht zu lenken. Trotz Rybas Ausbildung würden die Wächterinnen möglicherweise zu spät kommen, falls nicht jemand an der Mündung der Schlucht wartete, um die Angreifer aufzuhalten.
Er lehnte sich zurück und klatschte die flache Hand auf die Seite der Stute, die daraufhin einen Satz machte, dass Nylan beinahe aus dem Sattel gekippt wäre.
Mit der freien Hand packte er die vordere Kante des Sattels und setzte sich wieder richtig hin. Er fragte sich, was er tun konnte, um ganz allein einen Angriff von Reitern abzuwehren.
Rechts neben ihm tauchte eine Reiterin auf.
»Eine verdammte, teuflische Art und Weise, eine Schlacht zu planen«, rief Ayrlyn.
»Wir sind nicht gerade die Leute, die am besten geeignet wären, einen Angriff aufzuhalten«, antwortete er, ohne sie anzusehen. Er hatte schon genug Mühe, im Sattel zu bleiben und das Pferd am felsigen Hang entlang zur Mündung der Schlucht zu lenken.
Er sah nach rechts. Vor ihm lag die Öffnung der Schlucht, aber bisher war keiner der Angreifer dort aufgetaucht. Vielleicht hatte Ryba die Situation doch richtig eingeschätzt. Ein rascher Blick über die Schulter zeigte ihm, dass mindestens eine Handvoll Wächterinnen bereits auf den Pferden saß und ihm folgte.
Als er wieder nach vorn sah, konnte er beobachten, wie der erste Bewaffnete aus der Schlucht herauskam. Ayrlyn konnte er in der grellen Morgensonne fast nicht mehr erkennen. Der Angreifer wandte sich mit einem langen Schwert gegen Ayrlyn, die sich jedoch unter der Klinge hindurch duckte und ihm die eigene in den Oberkörper trieb. Überall sprudelte Blut hervor, während ein weißer Nebel die Heilerin völlig einzuhüllen schien. Instinktiv wehrte sie den letzten schwachen Schlag des sterbenden Bewaffneten ab.
»Ausweichen!«, rief Nylan, denn er wusste, dass sie nichts sehen konnte. Die weiße Aura des Todes schwappte auch zu ihm herüber und schien den Schwertarm zu lähmen, aber er schüttelte das Gefühl ab. Er hatte den Reiter nicht selbst getötet und dieses Wissen machte es ihm etwas leichter.
Eine weitere Handvoll Reiter kam aus der Schlucht und wandte sich nach Süden, damit sie nicht mehr direkt in die Sonne sehen mussten. Dort stellten sie sich zu einer Schlachtlinie auf.
Hinter sich hörte Nylan Hufschläge. Er hoffte, inzwischen wären genug Wächterinnen beisammen.
Ein Pfeil flog über ihn hinweg in Richtung der Angreifer, fand aber kein Ziel. Nylan fragte sich, wer gut genug mit dem Bogen war, um
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