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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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erweisen, aber als dieser furchtbare Tag kam und sie mir sagte, sie wolle nur Flüchtlingen helfen, habe ich ihr geglaubt. Und ich habe ihr auch geglaubt, als sie gesagt hat, es würde alles wieder gut werden.«
    Er schob die Unterlippe vor und starrte zu Boden. Ich glaube nicht, dass der Rest von uns in diesem Moment noch irgendwo in seinem persönlichen Universum zugegen war. Da war kein Platz für uns, nicht, solange er sich mit der unbarmherzigen Analyse der Thesen seiner Frau und des Preises, den sie bezahlt hatte, herumschlagen musste.
    »Wir haben uns am ersten Tag, an dem wir einander begegneten, geliebt, und dann viele Jahre nicht mehr. Aber allem, was sie tat, haftete immer etwas Unausweichliches an, ob sie nun ihrem Vater trotzte oder mich liebte. Ich glaube nicht, dass sie mit all dem, was passiert ist, gerechnet hat ... aber ich bin überzeugt, sie hat die Augen stets offen gehalten. Ich glaube, ein Teil von ihr hat immer gewusst, welchen Preis ihre Pläne fordern würden.«
    Es gab noch unzählige Fragen, die wir hätten stellen können, unzählige Antworten, die der Mann uns schuldete ... aber als er uns den Rücken zukehrte, um zu Ch'tpok zurückzugehen, eigneten sich auch die anderen mein Schweigen an.
    Ich sah ihn und Ch'tpok nie wieder.
 
    Einige Zeit nach unserer Rückkehr nach New London las ich einen Geheimbericht über den derzeitigen Stand der Dinge auf Vlhan.
    Ich kann nicht erklären, warum ich das tat, nachdem ich mich wochenlang geweigert hatte, irgendeine der hartnäckigen Fragen des Dip Corps hinsichtlich dieses verwünschten Planeten zu beantworten. Vielleicht verriet schon die Titelseite irgendwie etwas über die furchtbaren Schlussfolgerungen und die grausigen, endgültigen Auswirkungen und stellte mir eine Bestätigung der Wahrheiten in Aussicht, die ich längst kannte.
    Der Bericht fing mit all den bekannten Statistiken dieser letzten paar Tage an, allen voran die Anzahl der Todesfälle innerhalb der diplomatischen Gemeinde vor Ort und ein Vergleich zwischen den verheerenden Verlusten unter den Menschen im Gegensatz zu der Zahl der Toten unter den K'cenhowten. Schließlich folgte eine Schätzung, derzufolge bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Ausbruch vorbei war, mehr als ein Drittel der Vlhani-Bevölkerung zu Tode gekommen war.
    Viel ernüchternder aber war eine Volkszählung, die aufdeckte, dass nur verdammt wenige neue Vlhani zur Welt kamen. Entweder hatte die Krise ihren Lebenszyklus auf eine Art durcheinander gebracht, die wir nicht erkennen konnten, oder das verbliebene Trauma, das mit der Zerstörung des Balletts einherging, hatte die ganze Spezies in ein Elend gestürzt, durch das die Arterhaltung für die meisten Vlhani jeden Sinn verloren hatte. Wie dem auch sei, ihre Zahl nahm weiter ab. Der Bericht besagte, dass sie, sollte sich dieser Trend fortsetzen, gegen Ende des Jahrhunderts aussterben würden. Zudem sei es nicht möglich, noch etwas von ihnen zu lernen, ehe dieser Fall einträte ... denn soweit keine unmittelbar lebenswichtigen Punkte zu besprechen waren, war die ganze Spezies in Schweigen verfallen ...
 
    Durch Oscin erfuhren wir, dass viele der Verwundeten in die von den K'cenhowten aufgegebene Botschaft gebracht wurden. Die K'cenhowten, die ihr ganzes Leben im Stehen verbrachten, hatten nie irgendwelche Möbelstücke außer denen, die sie für die Lagerhaltung oder als Arbeitsflächen benötigten, aufgebaut, sodass ihre Gebäude nicht unbedingt die behaglichsten Quartiere waren. Aber dort gab es Platz für uns, also gingen wir hin.
    Die Botschaft befand sich auf einer künstlichen Insel inmitten eines Feuchtgebiets und roch wie einige der orbitalen Habitate, die mir bekannt waren - jene Habitate, deren Betreiber zuließen, dass die Luftreinigungssysteme regelmäßig ausfielen, weshalb sich die Bewohner allmählich so sehr an den allgegenwärtigen Gestank gewöhnten, dass sie ihn gar nicht mehr wahrnahmen, bis irgendein rüpelhafter Besucher aus dem Universum jenseits des Habitats ihnen erzählte, dass ihre Raumluft das Aroma einer Toilette verströmte. Das Wasser war ein von Algen überwuchertes Klebzeug, das sogar an den Stämmen der astlosen, laublosen Bäume hinaufkletterte, die es zu allen Seiten umgaben. In meinen Augen sahen sie aus wie skelettierte Arme, die versuchten, sich der Gewächse zu erwehren, die sie zu umschlingen drohten. Die Luft selbst war feucht und voller parasitärer Insekten, die zwar nichts mit unserem fremdartigen Blut zu tun haben

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