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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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ebenen Talsohle führte. Unsere Seite bestand aus einer vertikalen Klippe, von der aus es mehr als hundert Meter in die Tiefe ging, ehe sie in eine sanftere Kurve überging, die schließlich in der Talsohle auslief. Der gefährlichste Punkt war noch ein Dutzend Meter vor uns, aber hier ging es bereits bergab, und ich hatte nicht die Absicht, näher an den Rand heranzugehen, als Hurrr'poth mich schon herangeführt hatte. Meine Fantasie machte bereits Überstunden und ersann unzählige Möglichkeiten, wie ich den Halt verlieren und auf einer Lawine aus Schmutz und Gestein über den Rand des Abgrunds hinausreiten würde.
    Jedes Hindernis, das die paar Meter Gestein vor unserer Sicht aufbauen mochten, wurde durch die bloße Größe des natürlichen Amphitheaters ausgeglichen. Unter uns, gleißend hell durch das reflektierte Licht der Sterne, wallten mit absoluter Perfektion Tausende von Peitschen über Tausenden von kugelrunden Köpfen und bildeten ein Bewegungsmuster, das wellenförmig über die Massen hinwegglitt. Die gelegentlichen Kollissionen hallten mit metallischem Klirren zu uns herauf. Und so nahe am Rand schien sich die Luft erneut zu verändern. Sie war staubig, ranzig und angefüllt mit den Erinnerungen an vergangene Gemetzel.
    Hurrr'poth drückte meine Schultern auf eine besänftigende Weise, die ich einem menschlichen Wesen keinesfalls zugestanden hätte. »Was Sie da sehen, meine Liebe, ist das größte Mysterium, das intelligente Lebewesen je gesehen haben.«
    »Sie meinen das Ballett.«
    »Nicht nur das Ritual, Counselor. Viele empfindungsfähige, intelligente Spezies betreiben auf die eine oder andere Weise Massenselbstmord, auch Ihre eigene. Und normalerweise ist das eine simple, elende und ganz einfach hässliche Angelegenheit: eine Manifestation des Wahnsinns. Wäre das auch in diesem Fall schon alles, dann würden nur wenige auch nur eine Stunde ihres Lebens daran vergeuden. Es gibt auch eine große Anzahl von Spezies, die, wie die Vlhani, Tanz als eine Form der Kommunikation nutzen. Und wieder gehört auch Ihre Art dazu. Aber diese spezielle, choreographische Sprache ist mehr - ein Code, der mehr Daten enthält als jedes auf Worten basierende System technisierter Zivilisationen. Soweit wir es erkennen können, ist sie sogar komplexer als jeder von künstlichen Intelligenzen genutzte Code. Sogar die KIquellen behaupten, sie seien außerstande, diese Sprache zu übersetzen.«
    Du kennst sie nicht so gut wie ich, Botschafter. Die lügen so selbstverständlich, wie du und ich atmen. »Fahren Sie fort.«
    »Nun, die Vlhani verfügen über einige einfache symbolische Gesten zur Darstellung schlichter Ideen, was erfreulich ist, denn es ermöglicht uns zumindest auf niedriger Ebene eine Interaktion mit ihnen. Aber das meiste von dem, was Sie sehen, wenn ein Individuum seine oberen Peitschen schwingt, ist ein hochentwickeltes System der Übertragung komplexer Bilder in Wellenform. Die messbare Bitrate jedes beliebigen Austausches ist so vollgestopft mit Einzelinformationen - von denen wir ein paar isolieren können, aber die teuflisch viele Zeit, die für die Übersetzung nötig wäre, hatten wir bisher nicht -, dass sie ein ganzes Netzwerk verwandter Ideen offenbart, alle dargestellt als dreidimensionale Bilder von frappierender Komplexität. Sie tauschen keine Gedanken aus. Sie tauschen bei jedem Satz das Äquivalent ganzer planetarer Bibliotheken aus. Wissen Sie, wozu sie das machen, Counselor?«
    »Warum erzählen Sie es mir nicht?«
    »Nun, unter anderem sind sie die intelligenteste organische Spezies, die je entdeckt wurde. Das ist keine Theorie, das ist eine messbare Tatsache. Und bis auf ein paar Tausend Meme, die zusammen gerade so etwas wie Babysprache ergeben, haben all unsere Studien uns keine Vorstellung davon liefern können, was sie sagen.«
    Die Porrinyards, die uns an den Rand der Klippe gefolgt waren, fragten: »Woher wissen wir, dass sie nicht einfach geschwätzige Langweiler sind, die nur unnützes Zeug schwafeln?«
    »Das ist natürlich eine Möglichkeit. Sie müssen nicht viel Zeit in Diplomatenkreisen verbringen, um herauszufinden, dass das Maß an Quasselei in jedem beliebigen Informationsaustausch keinen Aufschluss über seine Tiefe gibt. Ich habe einmal die Essenszeit in der Lounge einer Verkehrszentrale verbracht und mit großer Faszination zugehört, wie sich zwei junge Menschenmänner gegenseitig mit farbenfrohen Beschreibungen der Milchdrüsen einer bestimmten jungen Frau

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