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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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ein Vlhani-Ei?
    Die Porrinyards versuchten noch immer, all dem einen Sinn abzuringen, als Skye fühlte, wie sich hinter ihr etwas regte. Zwei Peitschen, lang und schwarz und so anmutig in ihren Bewegungsabläufen, dass es schien, als hätten sie eine eigene lebendige Seele, sanken vom Himmel herab und suchten unter ihren Knien und ihrem Rumpf einen Halt. Sie achteten darauf, dass Skyes Rücken abgestützt wurde, ehe sie sie sanft vom Boden hochhoben. Als ihr Vlhani sie auf die Höhe seines Kopfes gehoben hatte, nahe genug, dass sie ihr eigenes verzerrtes Spiegelbild in seinem Chitingesicht erkennen konnte, lieferten ihr die Lautsprecher ihres Peitschengeschirrs eine Übersetzung von etwas, das wohl ein Versuch seitens des Vlhani sein musste, sie zu beruhigen. Sicher. Freund. Sicher. Mensch. Vlhani. Freunde. Sicher. Du Riesenwichser.
    (Früher oder später würde irgendjemand den Vlhani verraten müssen, dass ihr jüngster Eintrag in ihrem Lexikon der Menschheit nicht bedeutete, was immer sie auch glaubten, das er bedeutete.)
    Freunde.
    Ein anderer Vlhani hob Thatharsi auf die gleiche Weise hoch. Die verletzte Frau biss die Zähne zusammen und unterdrückte ein gepeinigtes Stöhnen, als die Bewegung den Wundschmerz verstärkte. Anscheinend aus Höflichkeit und Respekt gegenüber der offenkundigen Nähe zwischen zwei Menschen, die der Vlhani hatte miteinander reden sehen, führte er Thatharsi bis auf wenige Meter an die Stelle heran, an der sein Kamerad Skye in der Luft hielt.
    Schnell.
    Und dann fingen sie an zu rennen.
    Hammersmith hatte uns im Zuge unserer Erkundungstour gezeigt, wie es aussieht, wenn ein Vlhani rennt. Und das war ein beeindruckender Anblick gewesen. Die großen, schwarzen Köpfe glitten dicht über den Boden, während die Peitschen verwegen die Distanz überbrückten.
    Und doch war ich einem Irrglauben aufgesessen, als ich gedacht hatte, der Vlhani würde rennen. Tatsächlich war das nur - wie soll man das nennen? - Jogging.
    Dies jedenfalls war die Fortbewegungsmethode, zu der die Vlhani griffen, wenn sie es eilig hatten. Dazu gehörte, alle verfügbaren Glieder zu voller Länge auszufahren und wie Speichen herumzuwirbeln, wobei der Kopf genau in der Mitte war. Jede Peitsche kreiste über den Kopf hinweg, um sich gleich wieder in den Boden zu stemmen, und trieb das Ganze mit einer Geschwindigkeit voran, bei der die Steine des Amphitheaters vor Augen verschwammen. Gnadenvollerweise bewegten sich auch die beiden Peitschen, die Skye umfassten, drehten sich gerade so, dass sie stets im gleichen Winkel auf gleicher Höhe war und von Erschütterungen verschont blieb. Wenn der heiße Wind ihr auch die Tränen in die Augen trieb und in dem kurzen Silberhaar auf ihrem Kopf raschelte, war dies doch der ruhigste Ritt, den sie je außerhalb eines Gleiters mit bordeigener Gravitation erlebt hatte. Trotz ihrer unschönen Lage und ihrer Schmerzen empfand Skye diesen Ritt als aufregend, und sie wusste, wären die Vlhani Lasttiere und keine intelligenten Lebewesen, so hätten die Mächtigen, die Herrscher über Geld und Untertanen, sich rasch die Zeit damit vertrieben, sie zu reiten.
    Ihr Vlhani wurde immer schneller, und sie ließen das Schlachthaus des Amphitheaters hinter sich, als er den Hang hinaufraste und über den Wüstenboden hinwegschoss. Sie drehte den Kopf und sah fünf andere, die, jeder mit seiner eigenen menschlichen Bürde, mit der gleichen haarsträubenden Geschwindigkeit hinter ihnen rannten. Der, der Thatharsi trug, war bald neben ihrem Träger und achtete sorgsam darauf, sich der Geschwindigkeit seines Kameraden anzupassen, sodass die Tanzpilgerin bald wie der einzig ruhige Punkt in einem vollends verwischten Universum erschien.
    Der Wind war zu stark für ein längeres Gespräch, aber Skye schaffte es, eine Frage hinauszubrüllen. »WIE WEIT BRINGEN SIE UNS WEG?«
    »SEHE ICH AUS, ALS WÜSSTE ICH DAS?«, gab Thatharsi ebenfalls brüllend zurück.
 
    (Inzwischen.)
    Das Land unter uns war voller Bäume, abgesehen von den Seen, von denen uns beinahe minütlich einer begegnete, und jeder schimmerte in genau der Art von hellem Tageslicht, das angeblich alle Geheimnisse offenbarte. Wir waren hoch genug, dass die Vlhani, die durch diese Seen wateten, aussahen wie Reißzwecken auf einer altmodischen Karte aus Papier. Da waren so viele von ihnen, offenbar neutrale Vertreter in diesem Krieg, der andere Orte dieser Welt mit Blut rot angestrichen hatte, dass ich mich fragte, ob sie überhaupt wussten,

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