Sturz der Marionetten: SF-Thriller
geben, selbst lange genug auf freiem Fuß zu bleiben, um zu tun, was immer sie konnte.
Die Vlhani wanderten umher und sammelten Opfer ein. Keine dreißig Meter entfernt hob einer einen bewusstlosen, blutüberströmten Mann, dessen Arme recht menschlich aussahen, bis sie an den Handgelenken in Peitschen übergingen, vom Boden und barg ihn in seinen Peitschenarmen. Die Geräusche, die entstanden, als der Vlhani zwei seiner Peitschen zu einer Art Krippe verwob, um seinen Körper einigermaßen bequem zu lagern, erinnerten an ein mitfühlendes Wimmern.
Skye erkannte, dass ihr nur noch ein paar Sekunden blieben, ehe einer von ihnen käme, um Thatharsi und sie zu holen, und sie beschloss, die Zeit zu nutzen. »'tharsi? Dieser andere. Der, der versucht hat, mit mir zu sprechen. Ich hatte den Eindruck, er wollte mir sagen, dass ein Ei für all das verantwortlich wäre. Was hat er damit gemeint? Schlüpfen Vlhani aus Eiern?«
Thatharsi bedachte sie mit einem ungläubigen Blick. »Sie wissen überhaupt nichts über diesen Planeten, nicht wahr? Juje, wie sind Sie nur auf die Idee gekommen, hierher zu reisen? Was haben Sie getan? Eine Nadel in eine Karte gesteckt?«
Von diesem Moment an stand für die Porrinyards fest, dass sie den Planeten nicht verlassen würden, ehe sie diese Frau Andrea vorgestellt hatten. Es wäre einfach zu spaßig, dabei zuzusehen, wie die beiden sich gegenseitig in ihrem geballten Sarkasmus ertränkten. »Ich weiß wirklich nur wenig, 'tharsi. Und ich tue das, was Leute eben tun, die etwas nicht wissen. Sie stellen den Leuten, die es wissen, Fragen. Also, schlüpfen Vlhani aus Eiern oder nicht?«
»Ist das jetzt noch wichtig?«
Skye brachte alle Geduld auf, derer die Porrinyards gemeinsam fähig waren. »Wenn es für diesen Vlhani wichtig genug war, mir von Eiern zu erzählen, dann ist es für mich wichtig genug, wenigstens zu versuchen, ihn zu verstehen.«
Thatharsi verzog das Gesicht, gab aber nach. »Nein, sie legen keine Eier. Das war nur eine dämliche Fehlinterpretation von diesem idiotischen Bursteeni, der den Planeten als Erster besucht und ihm seinen Namen gegeben hat. Ein paar ihrer Exobiologen sind in einen Vlhani-Bau eingedrungen. Als sie in einer Kinderkrippe einen Haufen schwarzer Kugeln entdeckt haben, haben sie stolz verkündet, sie hätten Vlhani-Eier gefunden.«
»Aber das hatten sie nicht?«
»Natürlich nicht. Diese Kugeln waren keine Eier, sondern Kinder, die noch keine Peitschen ausgebildet hatten. Aber die Vorstellung ist geblieben, ganz einfach, weil junge Vlhani runde Objekte sind, die zufällig so aussehen wie Eier. Und wie genau hilft uns das in unserer Situation?«
Die Porrinyards konnten nicht sagen, warum es ihnen so wichtig erschien, sie wussten nur, dass es das tat. »Nur, um sicherzugehen, dass ich das richtig verstanden habe«, sagte Skye. »Die Vlhani werden nicht mit ihren Peitschen geboren?«
»Nein, es dauert ungefähr ein Jahrzehnt, bis sie anfangen zu wachsen, und dann noch ein paar Jahre, bis das Baby groß genug ist, dass es mehr tun kann, als nur herumzuliegen, sich füttern zu lassen, wenn es hungrig ist, und sich säubern zu lassen, wenn es geschissen hat.« Thatarsi zögerte einige Sekunden, ehe sie weitersprach. »Ich habe immer gedacht, ein Vlhani-Baby müsse sich furchtbar fühlen, weil, na ja, wissen Sie, es ist, als würde man die ganze Kindheit querschnittsgelähmt und stumm verbringen müssen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie, wenn sie dann erwachsen sind, schon so viel gespeichert und so viel zu sagen haben. Und ich frage Sie noch einmal: Inwiefern soll uns das helfen?«
Die Porrinyards waren nach wie vor verunsichert. Mit Kreaturen zu kommunizieren, die soweit jenseits menschlicher Erkenntnisfähigkeit waren, war schlicht unmöglich. Sie hatten andere Bezugsrahmen, andere Prämissen, andere Glaubensgrundlagen. Vielleicht war »Ei« ganz einfach eine Art Metapher, der Vlhani-Ausdruck für eine Kreatur, die nicht imstande war, anderen ihre Wünsche und Bedürfnisse mitzuteilen; oder für einen gefangenen Geist, der Geheimnisse barg, die niemand, der nicht in seiner Haut steckte, je würde lüften können. Solch ein Ding könnte durchaus einen Groll gegen die Welt hegen, die es bewohnte ... aber wenn alle Vlhani diese Phase in ihrem naturgegebenen Lebenszyklus hinter sich bringen mussten, um anschließend ein sinnerfülltes Leben zu führen, warum sollte dann ein Ei böswilliger sein als die anderen? War das fragliche »Ei« überhaupt
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