Sturz der Marionetten: SF-Thriller
Vlhani mit seinen wirbelnden Gliedern offenbar imstande war, sie während dieser wilden Flucht trotz all der Veränderungen im Gelände zu schützen, selbst dann, wenn er einen Gebirgskamm erklimmen oder eine Schlucht überspringen musste, faszinierte sie zutiefst. Der Wind selbst war stürmisch, aber so weit sie auch davonjagten, es dauerte lange, bis sie auch nur einen einzigen, ruckelnden Fehltritt spürte. Wären die Porrinyards bereit gewesen, sich irgendetwas entgehen zu lassen, das womöglich von Bedeutung war, dann hätte sie einfach die Augen schließen und sich einer Ohnmacht hingeben können.
Und darum war der Unterschied leicht erkennbar, als sich das Wesen dieser Reise abrupt veränderte.
Zuerst fühlte Skye es in den Peitschen, die sie umfingen: ein plötzliches Zittern, beinahe wie ein Geräusch, das durch die Haut übertragen wurde. Es verschwand wieder, kehrte zurück, verschwand erneut und kehrte wieder zurück. Der Rhythmus war so gleichmäßig, dass es nur beabsichtigt sein konnte. Sie fing gerade an, sich darauf einzustellen, als es sich mehr als eine Minute lang legte, nur um anschließend machtvoller denn je zurückzukommen, und nun war jedes Beben als Aneinanderreihung verschiedener Vibrationen erkennbar, deren Abfolge sich wiederholte.
Es war ihr Vlhani, und er versuchte, ihr etwas zu sagen. Doch während all seine Peitschen damit beschäftigt waren, zu rennen oder sie zu wiegen, konnte er nicht mit ihnen in der Luft herumwedeln, um auf die übliche Weise seiner Spezies zu kommunizieren. Aber er konnte eine andere Art der Wellenform durch den physischen Kontakt weitergeben. Vermutlich hatte sie ganze Bände an Erklärungen und vielleicht sogar die Antwort auf all ihre Fragen verpasst.
Die ihr nichts genützt hätte, da sie ihn nicht verstehen konnte.
Noch ein Beben. Stärker. Dieses Mal beinahe schmerzhaft.
Unverkennbar dringlich.
Sie verlagerte ihre Position in ihrem Peitschennest, sah sich um und versuchte herauszufinden, was der Vlhani ihr zeigen wollte.
Die Gruppe rannte inzwischen in V-Formation über eine Ebene, folgte einem entschlossenen Anführer in vorderster Front. Eine Schutztruppe von ein paar Dutzend weiteren Vlhani flankierte die Gruppe, und ihre wirbelnden Peitschen waren nur mehr als unscharfe graue Schemen erkennbar. In dieser Formation lief jeder Einzelne auf seinem Weg an vorderster Stelle, was ihnen die Last ersparte, geradewegs durch die dicken Staubwolken zu rennen, die sich im Windschatten der Vorangehenden bildeten. Aber zugleich mussten sie kilometerweit aus jeder Richtung auszumachen sein, leicht verfolgbar für jeden, der ein Interesse daran hatte.
Skye, die erstmals über diesen Umstand nachdachte, hatte das unangenehme Gefühl zu wissen, was das Beben zu bedeuten hatte, und sie verdrehte sich den Hals, um einen Blick auf die nunmehr unter einer Staubwolke liegende Landschaft hinter ihnen zu werfen. Der Staub sah aus wie ein waberndes Monstrum.
War das möglich?
War da eine Bewegung in diesen braunen Schwaden erkennbar?
O Juje. Ja, da war etwas.
Ja, da war etwas Schwarzes.
Ein Dickicht aus Peitschen und glänzenden Köpfen, offenbart von einem Flecken sauberer Luft, einen Moment bevor neuer Staub, aufgewirbelt von ihrer Gruppe, ihr die Sicht versperrte.
Sie hatte nicht viel erkennen können, aber sie hatte den Eindruck, die Gruppe, die ihnen folgte, war mindestens so groß wie ihre eigene.
Vielleicht auch größer.
Vielleicht viel größer.
Aber Skye war nicht nur hier. Sie war auch Oscin in dem gestohlenen Gleiter, der auf eine Kette vulkanischer Säulen hinausblickte, die Pakh Valinia gerade als die Menschenzähne bezeichnet hatte. So sehr sie bei den Vlhani war und spürte, wie der ranzige Atem des Todes warm über ihren Nacken streifte, so sehr war sie auch dort und tat durch seine ironische Antwort, als wäre alles in Ordnung.
Kybernetisch verbundene Paare sind von jeher zu einer individuellen Furchtreaktion fähig. Diese Funktion ist für das Überleben jedes indivuellen Organismus so grundlegend, dass den an der Vereinigung beteiligten Körpern und ihren biologischen Systemen stets genug Eigenständigkeit eingeräumt wurde, ihren eigenen Adrenalinausstoß zu spüren. Folglich fühlte Skye, wie ihr das Herz bis zum Halse schlug und ein Schweißfilm ihre Haut überzog, während ein Teil von ihr an einem anderen Ort weilte, fern von jeder unmittelbaren Gefahr.
Zu sterben war nicht das, was die Porrinyards in diesem Moment fürchteten.
Sie
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