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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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schlichte, ausdruckslose Geografie von Augen, Nase und Mund reduzierte und so eine neue Fassade kreierte, die den Absender darstellen sollte, aber auch für irgendeine andere Person hätte stehen können. Das individuelle Gesicht der Person wird durch ein Gesicht ersetzt, an das sich niemand erinnern und das niemand wiedererkennen würde, ein Gesicht, das nicht unbedingt niemanden, sondern eher jeden repräsentierte, schauerlich insofern, dass es dem Menschen als solchem entsprach, ihm aber zugleich jede spezifische Persönlichkeit absprach, die dem Menschsein Bedeutung gab.
    Als Derek Schiff diese Botschaft erhalten hatte, musste es für ihn gewesen sein, als hätte er gar nichts von seiner Tochter gehört.
    »... hallo ...«, sagte es.
    Dann ein Ruckeln, zweifellos einer der herausgeschnittenen Abschnitte.
    »... ich weiß, ich habe dir das Herz gebrochen ...«
    Wieder gab es eine Unterbrechung.
    »... es tut mir leid. Es hat nicht an dir gelegen. Ich liebe dich und wünschte, ich könnte dir begreiflich machen, dass ich dies hier tue, weil ich keine andere Wahl habe.
    Hier geht es nicht um das Leben, das ich zurückgelassen habe. Es geht um meine Bestimmung auf Vlhan.
    Vor langer Zeit, noch bevor ich weggelaufen bin, habe ich ein paar Neurecs von dem Ballett heruntergeladen, weil ich einfach mal wissen wollte, was die ganze Aufregung soll. Ich war überrascht, als Teile der Aufführung plötzlich einen Sinn ergaben, und noch überraschter war ich, als ich einen eindeutigen Weg erkannt habe, das Ganze näher an sein Ziel heranzuführen.
    Ich erwarte nicht von dir, dass du das gutheißt. Für dich muss es sich anhören, als wäre ich verrückt geworden ... aber du musst mir glauben. Das ist bedeutender als ich, bedeutender als du, bedeutender als jeder, den wir kennen. Es ist wichtig, so wichtig, dass ich es nicht ertragen würde, anders zu handeln.
    Ich weiß, nicht jeder, der es nach Vlhan schafft, wird auserwählt. Die meisten von uns werden verändert und verbringen den Rest ihres Lebens mit Warten. Aber das macht mir nichts aus. Bei all dem, was auf dem Spiel steht, bin ich zufrieden, wenn ich nur irgendeinen Beitrag leisten kann.
    Ich verstoße gegen die Regeln, indem ich dir davon erzähle. Eigentlich sollte das gar nicht möglich sein. Die Chirurgen installieren Kontrollinstanzen, die uns davon abhalten, uns zu viel mit unserem alten Leben zu beschäftigen. Bei mir funktioniert das nicht so gut, nehme ich an; es tut zwar weh, mit dir zu sprechen, aber es ist nicht so unmöglich, wie es sein sollte. Ich weiß auch nicht. So ist das eben mit diesen Dingen: Sie sagen so und so, und dann ist doch alles ganz anders. Alles, was ich weiß, ist, dass ich glücklich bin, sehr glücklich, weil ich eine Chance habe, dir ein letztes Mal zu sagen, dass ich dich liebe.
    Bitte such nicht nach mir. Du würdest mich nicht einmal erkennen. Versteh nur, was ich dir sage. Ich werde immer ganz und gar deine Tochter sein.«
    Ein letztes Mal wurde die Botschaft unterbrochen, das anonymisierte Bild mitten im Atemholen eingefroren, so, als würde er/sie/es sich gerade auf ein paar letzte Worte vorbereiten. Dann verblasste das Bild.
    Auf ihre Art schien diese Botschaft so nutzlos zu sein wie das Holo-Porträt, aber uns beiden war aufgefallen, an welch sonderbaren Stellen Teile herausgeschnitten worden waren. Es wirkte willkürlich. Der Kontext gab an keiner Stelle Anlass zu der Vermutung, Merin stünde kurz davor, mit »Persönlichem« oder »Vermögensrechtlichem« herauszuplatzen. Oder, wie ich schon halb vermutet hatte, mit etwas, das Schiffs Geschäftsinteressen gefährden könnte.
    Natürlich bestand die Möglichkeit, dass Merin etwas wüst Enthüllendes von sich gegeben hatte, das wir nicht aus dem Kontext erraten könnten. (»Hallo Dad oder wie dich dein umfassendes Terroristennetzwerk heutzutage nennt. Ich weiß, ich habe dir das Herz gebrochen, Dad; und ich weiß, du denkst jetzt, das hätte etwas mit deiner Verwicklung in den Sklavenhandel und deinen Plänen für einen gewaltsamen Sturz der Regierung zu tun, aber das hat es nicht. Es tut mir leid ...«) Aber so kam es mir nicht vor. Dies war ein einfaches, ernsthaftes Glaubensbekenntnis einer jungen Frau, die überzeugt war, ihre Bestimmung gefunden zu haben. Warum sollte irgendjemand solch eine Botschaft bearbeiten wollen?
    Was hatte Derek Schiff verbergen wollen, das ihm wichtiger sein mochte, als die vollständige Kooperation mit jeder Person, die sich bereit erklärte,

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