Sturz der Marionetten: SF-Thriller
fürchteten etwas viel Schlimmeres.
Sie fürchteten, eine Hälfte ihrer selbst könnte sterben.
Der Vlhani, der Thatharsi trug, kam ihrem nahe genug, dass die verletzte Tanzpilgerin ihr etwas zurufen konnte. »Sie wollen, dass ich Ihnen sage, was los ist!«
Skye brüllte zurück: »Wir werden verfolgt, nicht wahr?«
»Sie haben es erfasst! Die da hinten sind gekommen, um zu Ende zu bringen, was ihre Freunde angefangen haben! Sie verfolgen uns schon seit zwanzig Kilometern, und sie kommen näher.«
Skye fühlte ein Schlingern. Der Ritt wurde rauer. Je schneller die Vlhani mit den Verwundeten wurden, desto weniger Aufmerksamkeit konnten sie darauf verwenden, ihren Schützlingen einen möglichst sanften Ritt zu bieten. Das mochte recht unangenehm werden, hatten sie erst die Hügel am Horizont erreicht, katastrophal, sollten ihre Verfolger sie einholen. Aber dann kam ihr ein Gedanke, einer, der Skye mit Hoffnung erfüllte. »Sie wissen, was das bedeutet, oder?«
»Wir sitzen in der Scheiße?«
»Nein! Es bedeutet, dass Sie immer noch wichtig sind!«
»Wie zum Teufel kommen Sie auf die Idee!?!«
»Wenn die da hinten denken, Sie seien es wert, vernichtet zu werden, und unsere denken, Sie seien es wert, gerettet zu werden, dann ist es für beide Seiten noch nicht vorbei! Sie glauben, bei all dem gäbe es immer noch etwas zu gewinnen.«
Thatharsi brüllte eine Antwort, aber das Geräusch der Vlhani-Peitschen, die auf den Boden aufschlugen, hatte sich zu einem Trommelschlag gesteigert, der alle anderen Geräusche der Welt verschluckte.
Skye klammerte sich an den beiden Schlaufen der Peitsche fest, die den Sitz bildeten, auf dem sie saß, zog den Kopf ein und zuckte zusammen, als ein markerschütternder Ruck Wogen des Schmerzes durch ihre böse zugerichteten Beine jagte. Der Boden flog wie ein verschwommenes Muster zornig-bräunlicher Streifen unter ihnen vorüber. Hinzusehen tat in den Augen weh, doch sie zwang sich dazu, getrieben von dem sicheren Wissen, dass es wichtig war, dass jedes Detail entscheidend sein könnte.
Dann musste sie die Augen schließen, weil Staub und Split wie zehntausende von Projektilen, abgefeuert von einem Feind, der sie bis auf die Knochen schinden wollte, auf ihre Wangen prasselten. Bis dahin war sie vor dem Schmutz, den der voranlaufende Vlhani aufwirbelte, durch die V-Formation geschützt gewesen, die ihre Retter bei ihrem Galopp über die Wüste eingenommen hatten, eine Anordnung, bei der keiner der Läufer einen direkten Vordermann hatte. Aber nun beschrieb die Gruppe eine langgezogene Kurve nach links, wobei etliche durch die Staubwolken hindurchmussten, die sie bis dahin gemieden hatten. Skye blieb keine Luft zum Atmen. Sie hustete, würgte. Etwas Bräunliches troff aus ihrem Mundwinkel, und sie schürzte die Lippen in der Hoffnung, so den Schmutz abzuwehren und doch genug Luft zum Atmen zu finden.
Der Vlhani, der sie trug, löste sich aus dem Linksdrall und richtete sich auf. Die Luft war wieder rein. Mit dem Handrücken wischte sie sich den festgebackenen Schmutz aus den tränenden Augen und blickte zum Horizont, der immer noch viele Kilometer von ihnen entfernt war.
Er wirkte höher und felsiger als die offene Ebene, die sie derzeit durchquerten.
Zweifellos gab es dort Schluchten. Schmale Pässe. Orte, an denen ihre Gruppe einen Höhenvorteil gegenüber ihren Verfolgern erringen konnte. Wenn es zum Kampf kommen sollte - und die Porrinyards konnten um Skyes willen nur hoffen, dass dieser Fall nicht eintrat -, mochte das über Vernichtung und Überleben entscheiden.
Nur, dass da noch etwas war.
Etwas, das ihr jeden Mut raubte.
Eine Reihe schwarzer Gestalten, die sich aus dem Schmutz erhoben. Noch waren es Punkte, aber sie kamen mit jedem Moment näher ...
(Inzwischen.)
Ich hatte nicht zum ersten Mal eine anonymisierte Botschaft vor Augen. Das Dip Corps benutzte sie stets bei den Gelegenheiten, zu denen das Protokoll die Vertraulichkeit eines Gespräches von Angesicht zu Angesicht erforderte, die Geheimhaltung jedoch danach verlangte, die physische Erscheinung eines Teilnehmers zu verschleiern.
Eine anonymisierte Botschaft stellte vielleicht einen der groteskeren Kompromisse dar, die je von Menschen entwickelt wurden, um den Ungereimtheiten diplomatischer Etikette zu genügen. Sie verbarg jedes charakteristische Element in den Zügen des Absenders, aber nicht durch bloße Löschung oder Verschleierung, sondern indem sie ihm die Eigenarten nahm und die Züge auf die
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