Sturz der Marionetten: SF-Thriller
sagte ich: »›Viral.‹«
Oscin rieb sich den Nacken. »Ja.«
»Also schön. Sehen wir uns das mal an.«
Uns hinsichtlich des sich ausbreitenden Chaos auf Vlhan auf den neuesten Stand zu bringen, kostete uns ganze zwanzig Minuten an Roykos Hytexsystem. Das endlose Geschnatter zwischen Botschaften und ihrem Außendienstpersonal, das seit Beginn der Katastrophe mehr als genug zu tun hatte, füllte jetzt schon Bände. Aber Oscins Gaben als kybernetisch verbundene Person umfassten auch eine superschnelle Verarbeitung eingehender Daten, und so war er in der Lage, uns die wichtigsten Punkte zu liefern, kaum dass sie ihm begegneten.
Anhand der neuesten Entwicklungen stellte sich der Verderb als nicht nur fortschreitend, sondern exponentiell um sich greifend dar. In der vergangenen Stunde waren nicht weniger als zwanzig Pilgerlager von Vlhani in großer Zahl angegriffen worden, die Zahl der Opfer bewegte sich zwischen gering und grauenvoll. Ein Tchi-Gleiter, der Verletzte aus einer Pilgerkolonie ausgeflogen hatte, war von einem Vlhani vom Himmel geschlagen worden, der hundert Meter hoch in die Luft hatte springen müssen, um ihn zu erwischen.
Einige Orte hielten noch aus. Zwanzig Tanzpilger hatten Zuflucht in der privaten Behausung eines älteren Paares namens Minnie und Earl Soundso gefunden, die sich wie Royko über das Reiseverbot für Menschen zu diesem Planeten hinweggesetzt und sich in einer der grüneren Gegenden von Vlhan unautorisiert ein Zuhause erbaut hatten. Sie gehörten nicht der Tanzpilgerbewegung an, und ihr Haus war dem Vernehmen nach nur eine einfache Kate aus heimischen Hölzern, aber sie genossen den Schutz der ortsansässigen Vlhani und hatten drei Angriffe ohne Verluste an Menschenleben abgewehrt. Jedoch hatten zwei der Verteidiger im Zuge des jüngsten Vorstoßes die Seiten gewechselt und waren von ihren ehemaligen Verbündeten niedergerungen worden.
»Schon wieder«, sagte ich.
»Das ist ein Muster«, stimmte Oscin zu.
Andere Vorkommnisse umfassten Gewalttaten der Vlhani untereinander: Kolonien, die sich gegenseitig mit einer Vehemenz angriffen, wie sie während der langen Zeit, in der wir diese Spezies schon beobachteten, nie in Erscheinung getreten war. Eine beträchtliche Anzahl von Angreifern war in eine Brutkolonie in der südlichen Wüste eingedrungen und hatte alle Eier in der Kinderkrippe ermordet, ebenso wie zwei Menschen und drei Bursteeni, die sich im Zuge einer Volkszählung dort aufgehalten hatten. Die Verluste unter den Eingeborenen wurden inzwischen auf eine sechsstellige Zahl geschätzt, und es kamen immer mehr dazu.
Croyd hatte eine planetenweite Evakuierung menschlicher Bewohner verkündet - eine Maßnahme, die fehlschlagen musste, selbst wenn ein messbarer Prozentsatz der Tanzpilger beschließen sollte, sich dem diplomatischen Exodus anzuschließen; es gab schlicht nicht genug Schiffe im Orbit, um mehr als ein paar Zivilisten zu retten, und die Sicherheit der überlebenden Angehörigen der diplomatischen Gemeinde hatte Vorrang vor der der Tanzpilger, die schon allein durch ihre Anwesenheit auf dem Planeten die Gesetze der Konföderation gebrochen hatten. Inzwischen war Befehl ergangen, die Botschaft zu räumen. Alle Einsatzkräfte auf dem Planeten waren angewiesen worden, die polare Einrichtung der Tchi-Vertretung aufzusuchen. Und es wurde erwartet, dass die Botschaften, die bisher noch keine Evakuierung angeordnet hatten, binnen einer Stunde nachziehen würden, sollten die Vlhani auf die Idee verfallen, auch andere Spezies als die menschliche zu töten.
Pakh Valinia sah krank aus. »Das erinnert mich an die Tollwut.«
Das Wort war mir nicht geläufig. »Was ist das?«
»Eine tödliche Krankheit, die auf der Heimatwelt einst endemisch aufgetreten ist. Sie ist längst ausgerottet, aber als es sie noch gab, hat sie das Gehirn angegriffen und sogar furchtsame Tiere in wilde und aggressive Bestien verwandelt, die so sehr von ihrer Raserei beherrscht wurden, dass sie ihrem Selbsterhaltungstrieb nicht mehr gehorchten. Sie haben andere Tiere angegriffen, vor denen sie normalerweise fliehen würden oder die sie als Angehörige des eigenen Rudels hätten erkennen müssen. Jeder direkte Kontakt mit dem Speichel eines infizierten Organismus, beispielsweise durch einen Biss, konnte die Infektion auf andere übertragen.«
Von etwas derart Monströsem hatte ich noch nie gehört. »Auch auf Menschen?«
»Wir waren durch den Kontakt zu unseren Haustieren besonders gefährdet. Die
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