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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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bekam, zielte Lew sorgfältig und trat ihm aufs Knie. Der Schläger kreischte und wälzte sich hin und her.
    Vor Anstrengung keuchend sagte Lew: »Richte Mister V von mir aus, er soll höflicher sein.«
    Schwer atmend ging er weiter. Hinter sich hörte er jemanden sagen: »He, Ilya, was ist passiert?«
    Zwei Straßen weiter ging Lews Atem wieder normal, und sein Herzschlag hatte sich beruhigt. Zum Teufel mit Joseph Vyalow, dachte er. Der Bastard hat mich übers Ohr gehauen, und ich lasse mich von seinen Schlägern nicht einschüchtern.
    Vyalov würde nicht wissen, wer Ilya zusammengeschlagen hatte. Im Irish Rover kannte niemand Lew. Vyalov würde stinkwütend sein, konnte aber nichts unternehmen.
    Freudige Erregung erfasste Lew. Er hatte Vyalovs Knochenbrecher zu Boden geschickt, ohne einen Kratzer abzubekommen.
    Da Lew die Taschen noch immer voller Geld hatte, kaufte er sich zwei Steaks und eine Flasche Gin, ehe er nach Hause ging. Er wohnte in einer Straße, an der sich heruntergekommene Ziegelhäuser reihten, die in kleine Wohnungen unterteilt waren. Vor der Tür des Nachbarhauses saß Marga auf der Treppe und feilte sich die Nägel. Marga war ein hübsches, schwarzhaariges, russisches Mädchen von neunzehn Jahren mit einem verführerischen Lächeln. Sie arbeitete als Kellnerin, hoffte aber auf eine Karriere als Sängerin. Lew hatte ihr ein paar Mal etwas zu trinken gekauft und sie einmal geküsst – ein Kuss, den sie leidenschaftlich erwidert hatte.
    »Hi, Kid!«, rief er.
    »Wen nennst du hier ein Kind?«
    »Was machst du heute Abend, Kid?«
    »Ich habe eine Verabredung«, antwortete Marga.
    Lew wusste nicht, ob er ihr glauben sollte. Marga würde niemals zugeben, dass sie nichts vorhatte. »Sag dem Kerl ab«, sagte er. »Er riecht aus dem Mund.«
    Sie grinste. »Du weißt ja nicht mal, um wen es geht.«
    »Komm mit.« Lew hob seine Papiertüte. »Ich brate Steak.«
    »Ich denk drüber nach.«
    »Bring Eis mit.« Lew ging ins Haus.
    Seine Wohnung war kärglich für amerikanische Verhältnisse, aber Lew kam sie geradezu riesig und luxuriös vor. Sie hatte ein Wohnschlafzimmer und eine Küche mit fließendem Wasser und elektrischem Licht – und das alles gehörte ihm allein! In Sankt Petersburg hätten in so einer Wohnung zehn oder mehr Leute gewohnt.
    Lew zog sein Jackett aus, krempelte die Ärmel hoch und wusch sich Hände und Gesicht in der Spüle. Er hoffte, Marga würde kommen. Sie gehörte zu jener Art von Mädchen, die immer lachten, tanzten oder feierten, ohne sich allzu viel Gedanken über die Zukunft zu machen. Lew schälte und schnitt ein paar Kartoffeln; dann stellte er die Pfanne auf den Ofen und gab einen Klumpen Schmalz hinein. Während die Kartoffeln brieten, kam Marga mit einem Krug Eis herein. Sie machte Drinks aus Gin und Zucker.
    Lew nippte an seinem Getränk und gab Marga dann einen flüchtigen Kuss auf den Mund. »Schmeckt gut!«, sagte er.
    »Du bist ja frech«, erwiderte sie, aber das war keine wirkliche Beschwerde. Lew begann sich zu fragen, ob er sie später vielleicht ins Bett bekommen würde.
    Er machte sich an die Steaks. »Ich bin beeindruckt«, sagte Marga. »Nicht viele Männer können kochen.«
    »Mein Vater ist gestorben, als ich sechs Jahre alt war, und als meine Mutter starb, war ich elf«, erklärte Lew. »Ich bin von meinem Bruder Grigori großgezogen worden. Wir haben gelernt, alles selbst zu machen … nicht dass wir in Russland je ein Steak gehabt hätten.«
    Marga fragte ihn nach Grigori, und Lew erzählte ihr beim Abendessen von seinem Leben. Die meisten Mädchen waren von der Geschichte der beiden mutterlosen Jungen gerührt, die Tag für Tag kämpfen mussten, in einer Eisenbahnfabrik schufteten und sich ein Bett teilten. Wohlweislich aber ließ Lew jenen Teil der Geschichte aus, als er seine schwangere Freundin im Stich gelassen hatte.
    Ihren zweiten Drink nahmen sie im Wohnschlafzimmer. Als sie mit dem dritten begannen, war es draußen bereits dunkel geworden, und Marga saß auf Lews Schoß. Zwischen den Schlucken küsste Lew sie. Als sie ihren Mund für seine Zunge öffnete, legte er ihr die Hand auf die Brust.
    In diesem Moment flog die Tür auf.
    Marga schrie.
    Drei Männer stürmten ins Zimmer. Marga sprang von Lews Schoß. Sie schrie noch immer. Einer der Männer schlug ihr mit dem Handrücken auf den Mund und sagte: »Halt’s Maul, Schlampe.« Marga rannte zur Tür, beide Hände auf die blutenden Lippen gepresst. Die Männer ließen sie laufen.
    Lew sprang auf

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