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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Namen Irish Rover, drängte sich durch die Menge, bestellte einen Krug Bier und trank durstig die Hälfte davon in einem Zug. Dann setzte er sich zu einer Gruppe von Arbeitern, die je zur Hälfte aus Polen und Engländern bestand. Er wartete ein paar Augenblicke; dann fragte er: »Raucht hier jemand Fatimas?«
    Ein kahler Mann mit Lederschürze antwortete: »Ja. Ich rauch dann und wann eine.«
    »Möchtest du eine Dose zum halben Preis? Fünfundzwanzig Cent für hundert Zigaretten.«
    »Und was stimmt nicht mit den Glimmstängeln?«
    »Jemand hat sie verloren, und jemand anders hat sie gefunden.«
    »Hört sich nicht ganz koscher an.«
    »Ich sag dir was: Leg dein Geld auf den Tisch. Ich nehme es mir erst, wenn du’s mir erlaubst.«
    Nun war das Interesse der Männer geweckt. Der Kahle kramte in der Hosentasche und zog einen Vierteldollar hervor. Lew nahm eine Dose aus dem Sack und reichte sie dem Glatzkopf. Der öffnete sie und entdeckte ein kleines, rechteckiges, gefaltetes Stück Papier, das eine Fotografie zeigte. »He«, rief der Mann, »da ist sogar ’ne Baseballkarte!« Er schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an. »Also gut«, sagte er zu Lew. »Nimm dir deinen Vierteldollar.«
    Ein anderer Mann schaute Lew über die Schulter. »Wie viel?«, fragte er. Lew sagte es ihm, und der Mann kaufte zwei Dosen.
    In der nächsten halben Stunde verkaufte Lew seine sämtlichen Zigaretten. Er war zufrieden. In weniger als einer Stunde hatte er aus zwei Dollar fünf gemacht. Auf der Arbeit brauchte er anderthalb Tage, um drei Dollar zu verdienen. Vielleicht würde er morgen noch ein paar gestohlene Dosen von Nick kaufen.
    Lew bestellte sich noch ein Bier, trank es und verließ die Bar. Den leeren Sack ließ er auf dem Boden liegen. Draußen wandte er sich in Richtung Lovejoy District, einer armen Gegend, wo die meisten Russen lebten, zusammen mit Italienern und Polen. Auf dem Heimweg, überlegte Lew, könnte er sich ein Steak kaufen und mit Kartoffeln braten. Oder er könnte Marga zum Tanzen ausführen. Oder sich einen neuen Anzug besorgen.
    Eigentlich sollte ich das Geld ja sparen, um Grigori einen Fahrschein nach Amerika zu kaufen, dachte er beschämt und wohl wissend, dass er es ohnehin nicht tun würde. Drei Dollar waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was Lew brauchte, war ein Hauptgewinn. Dann könnte er Grigori alles Geld auf einmal schicken, bevor er in Versuchung geraten konnte, es anderweitig auszugeben.
    Lew wurde aus seinen Gedanken gerissen, als jemand ihm auf die Schulter tippte.
    Sein Herz setzte einen Schlag aus. Als er sich umdrehte, rechnete er damit, eine Polizeiuniform zu sehen, aber der Mann war kein Cop, sondern ein kräftig gebauter Kerl im Overall, mit gebrochener Nase und aggressivem Gesichtsausdruck. Lew verspannte sich. So ein Mann hatte für gewöhnlich nur eine Funktion: die des Knochenbrechers.
    »Wer hat dir gesagt, dass du Kippen im Irish Rover verkaufen sollst?«, wollte der Mann wissen.
    »Ich will nur ein bisschen was dazuverdienen«, erwiderte Lew mit einem Lächeln. »Ich hab doch niemanden beleidigt, oder?«
    »War es Nick Forman? Ich hab gehört, Nick hat sich einen Wagen Zigaretten geschnappt.«
    Lew hatte nicht vor, diese Information einem Fremden zu geben. »Nick? Ich kenne keinen Nick.«
    »Weißt du nicht, dass der Irish Rover Mister V gehört?«
    In Lew stieg Zorn auf. Mister V musste Joseph Vyalow sein. Seine Stimme wurde schärfer. »Dann stellt ein Schild auf.«
    »Niemand verkauft etwas in Mister Vs Bars, es sei denn, er sagt es einem.«
    Lew zuckte mit den Schultern. »Das wusste ich nicht.«
    »Dann will ich dir was geben, damit du’s nicht vergisst«, sagte der Mann und schwang die Faust.
    Lew hatte mit dem Schlag gerechnet und sprang einen Schritt zurück. Die Faust des Schlägers ging ins Leere, und er kam aus dem Gleichgewicht. Lew trat ihm mit voller Wucht gegen das Schienbein, doch es reichte bei Weitem nicht, um den Knochen zu brechen. Der Mann brüllte vor Wut, schlug erneut zu und verfehlte sein Ziel abermals.
    Es brachte nicht viel, so einem Burschen ins Gesicht zu schlagen; Typen wie er waren in Straßenkämpfen abgehärtet und steckten so was weg. Deshalb trat Lew ihm zwischen die Beine. Der Kerl brüllte auf, klappte nach vorn und fing sich einen Tritt in den Bauch ein. Der Schläger öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen. Lew trat ihm die Beine weg, und er knallte auf den Rücken. Ehe er wieder Luft

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