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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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war.
    Plötzlich war er nervös. »Ich hab noch nie …«
    »Na und?«, unterbrach sie ihn. »Dann bist du eben meine erste Jungfrau.«

    Im Juni 1916 wurde Major the Earl Fitzherbert zum 8. Bataillon der Welsh Rifles versetzt. Er erhielt den Befehl über die B -Kompanie, die aus 128 Mann und vier Lieutenants bestand. Noch nie hatte er Männer in der Schlacht geführt, und insgeheim war er beunruhigt und von Selbstzweifeln geplagt.
    Fitz war bereits in Frankreich, während das Bataillon sich noch in England befand. Es umfasste zum großen Teil Männer, die gerade erst ihre Ausbildung hinter sich hatten, aber sie wurden durch mehrere erfahrene Soldaten in den Zügen verstärkt, erklärte der Brigadekommandeur, als er Fitz einwies. Das Berufsheer, das 1914 nach Frankreich entsandt worden war, existiere nicht mehr – über die Hälfte der Männer sei gefallen – und hier hätten sie es mit Kitcheners New Army zu tun. »Aberowen Pals« hieß Fitz’ Bataillon. »Die meisten Ihrer Leute kennen Sie wahrscheinlich«, sagte der Brigadekommandeur, der nicht zu wissen schien, wie breit die Kluft war, die einen Earl von einem Bergarbeiter trennte.
    Fitz erhielt seine Befehle zur gleichen Zeit wie ein halbes Dutzend anderer Offiziere, und er gab im Kasino eine Runde aus, um es zu feiern. Der Captain, dem die A -Kompanie zugeteilt worden war, hob das Whiskyglas. »Fitzherbert?«, sagte er. »Sie müssen der Kohlebesitzer sein. Ich bin Gwyn Evans, der Krämer. Wahrscheinlich kaufen Sie Ihre Bettlaken und Handtücher bei mir.«
    Heutzutage gab es viele solcher anmaßenden Geschäftsleute in der Army. Es war typisch für ein solches Individuum, einen Ton anzuschlagen, als wären sie Gleichgestellte, die sich nur in unterschiedlichen Branchen betätigten. Fitz wusste allerdings auch, dass die organisatorischen Fähigkeiten solcher Geschäftsleute von der Army geschätzt wurden. Und indem er sich einen Krämer nannte, übte der Captain sich ein wenig in falscher Bescheidenheit: Der Name Gwyn Evans prangte an Kaufhäusern in sämtlichen größeren Ortschaften von Südwales. Auf seiner Lohnliste standen viel mehr Männer, als der A -Kompanie angehörten. Das Komplizierteste, was Fitz je organisiert hatte, war ein Kricketspiel gewesen, und die beängstigende Komplexität der Kriegsmaschinerie führte ihm seine Unerfahrenheit lebhaft vor Augen.
    »Das ist der Angriff, auf den man sich in Chantilly geeinigt hat, nehme ich an«, sagte Evans.
    Fitz wusste, wovon Evans sprach. Im Dezember war Sir John French endlich abgelöst worden, und General Sir Douglas Haig hatte den Oberbefehl über alle britischen Heeresverbände in Frankreich übernommen. Ein paar Tage später hatte Fitz – noch als Verbindungsoffizier – an einer Entente-Konferenz bei Chantilly teilgenommen. Die Franzosen hatten für das Jahr 1916 eine Großoffensive an der Westfront vorgeschlagen, und die Russen hatten eingewilligt, einen ähnlichen Durchbruch im Osten zu versuchen.
    Evans fuhr fort: »Nach allem, was ich gehört habe, wollen die Franzosen vierzig Divisionen stellen, wir fünfundzwanzig. Aber so rasch wird es nicht dazu kommen.«
    Fitz mochte dieses negative Gerede nicht, er war schon unruhig genug, aber Evans hatte leider recht. »Das liegt an Verdun«, sagte er. Seit der Einigung im Dezember hatte Frankreich bei der Verteidigung der Festungsstadt Verdun eine Viertelmillion Mann verloren und konnte deshalb nur wenige Divisionen für die Somme erübrigen.
    Evans sagte: »Was immer der Grund ist, wir sind jedenfalls auf uns gestellt.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob das einen Unterschied macht«, sagte Fitz mit einem Gleichmut, den er nicht einmal ansatzweise empfand. »Wir werden an unserem Frontabschnitt angreifen, egal was die Franzosen tun.«
    »Das sehe ich anders«, widersprach Evans mit einem Selbstbewusstsein, das an Unverschämtheit grenzte. »Der französische Rückzug setzt große deutsche Reserven frei, die als Entsatz in unseren Abschnitt verlegt werden können.«
    »Das wird nicht möglich sein. Wir werden uns zu schnell bewegen.«
    »Glauben Sie wirklich, Sir?«, erwiderte Evans kühl, und wieder blieb der Captain nur einen Schritt von der Respektlosigkeit entfernt. »Wenn wir den Stacheldraht der ersten deutschen Linie durchbrochen haben, müssen wir noch die zweite und dritte hinter uns bringen.«
    Allmählich ärgerte Fitz sich über Evans. Solches Gerede untergrub die Moral. »Unsere Artillerie wird den Stacheldraht in Fetzen schießen«,

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