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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sagte er.
    »Also, ich habe die Erfahrung gemacht, dass Artilleriegeschosse gegen Stacheldrahtverhaue nicht allzu wirksam sind. Ein Schrapnell schleudert Stahlkugeln umher …«
    »Ich weiß, was ein Schrapnell ist, vielen Dank.«
    Evans beachtete es nicht. »… also muss es ein paar Yards über und vor dem Ziel explodieren, sonst hat es keine Wirkung. So genau schießen unsere Geschütze aber nicht. Und eine Sprenggranate detoniert, wenn sie den Boden berührt. Ein Volltreffer schleudert den Stacheldraht oft nur hoch, und dann fällt er unbeschädigt wieder runter.«
    »Sie unterschätzen die Wirkung unseres Trommelfeuers.« Fitz’ Zorn auf Evans wurde durch den nagenden Verdacht verschärft, der Captain könnte recht haben. Und dieser Verdacht wiederum machte Fitz noch nervöser, als er ohnehin schon war. »Da drüben wird nichts übrig bleiben. Die deutschen Gräben werden vollständig vernichtet.«
    »Hoffentlich haben Sie recht. Wenn die Deutschen sich während des Trommelfeuers in ihren Unterständen verkriechen und danach mit ihren Maschinengewehren wieder rauskommen, werden unsere Männer niedergemäht.«
    »Sie scheinen nicht zu begreifen«, erwiderte Fitz verärgert. »In der Geschichte der Kriegführung hat es noch nie ein vergleichbares Bombardement gegeben. An unserer Front steht alle zwanzig Yards ein Geschütz. Wir werden mehr als eine Million Granaten abfeuern. Da drüben bleibt nichts und niemand am Leben!«
    »Nun, in einer Sache sind wir uns jedenfalls einig«, sagte Captain Evans. »Dass es so etwas noch nie gegeben hat. Deshalb kann auch keiner von uns sagen, ob es funktioniert.«

    Mit einem großen roten Hut mit Bändern und Straußenfedern erschien Lady Maud vor dem Amtsgericht von Aldgate und wurde wegen öffentlicher Ruhestörung mit einer Guinea Strafe belegt. »Ich hoffe, das kommt Premierminister Asquith zu Ohren«, sagte sie zu Ethel, als sie den Gerichtssaal verließen.
    Ethel war nicht allzu optimistisch. »Wir haben keine Möglichkeit, ihn zum Handeln zu bewegen«, sagte sie. »Daran wird sich nichts ändern, solange die Frauen nicht endlich die Macht bekommen, eine Regierung abzuwählen.« Die Suffragetten hatten vorgehabt, die Frage des Frauenstimmrechts zum großen Thema der Allgemeinen Wahl von 1915 zu machen, aber das Kriegsparlament hatte die Wahlen verschoben. »Vielleicht müssen wir warten, bis der Krieg zu Ende ist.«
    »Nicht unbedingt«, entgegnete Maud. Sie blieben stehen, um sich auf den Stufen des Gerichts ablichten zu lassen. Anschließend begaben sie sich zur Redaktion des The Soldier’s Wife . »Asquith kämpft um den Zusammenhalt der liberal-konservativen Koalition«, sagte Maud. »Bricht sie auseinander, muss es eine Wahl geben. Und dann schlägt unsere Stunde.«
    Ethel war überrascht. Sie hatte die Frage des Frauenwahlrechts für todgeweiht gehalten. »Wieso?«
    »Die Regierung hat ein Problem. Nach dem derzeitigen System können Soldaten im Kriegsdienst nicht wählen, weil sie keine Hausbesitzer sind. Vor dem Krieg hat das keine große Rolle gespielt, weil nur einhunderttausend Mann in der Army dienten. Heute sind es mehr als eine Million. Die Regierung kann es nicht wagen, diese Männer bei einer Wahl auszuschließen – Männer, die für ihr Land kämpfen und sterben. Das gäbe einen Aufstand.«
    »Aber wenn sie das System reformieren, wie könnten sie die Frauen dann außen vor lassen?«
    »Im Augenblick sucht Asquith, dieser rückgratlose Halunke, nach einer Möglichkeit, genau das zu tun.«
    »Aber das geht doch nicht! Frauen leisten genauso ihren Beitrag zu den Kriegsanstrengungen wie Männer. Sie stellen Munition her, kümmern sich in Frankreich um die Verwundeten … sie tun fast alle Arbeiten, die früher nur von Männern getan wurden.«
    »Asquith hofft, sich aus diesem Streit herauswinden zu können.«
    »Dann müssen wir zusehen, dass es ihm nicht gelingt.«
    Maud lächelte. »Ganz genau«, sagte sie. »Ich glaube, das wird unsere nächste Kampagne.«

    »Ich bin zum Barras gegangen, um aus der Besserung rauszukommen«, sagte George Barrow. Er lehnte an der Reling des Truppentransporters, der unter Dampf Southampton verließ. Mit »Besserung« meinte er eine Erziehungsanstalt für jugendliche Straftäter. »Ich kam wegen Einbruch dran, als ich sechzehn war, und hab drei Jahre gekriegt. Nach einem Jahr wollte ich dem Direktor seinen Schwanz nicht mehr lutschen, also hab ich gesagt, dass ich mich freiwillig melde. Er hat mich zum Rekrutierungsbüro

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