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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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verdammten Northcliffe-Presse aus?« Lord Northcliffe, einem glühenden Militaristen, gehörten die Times und die Daily Mail .
    »Es liegt nicht nur an den Zeitungen«, sagte Bernie. »Es liegt am Geld.«
    Bernie achtete sehr auf die Staatsfinanzen, was eigentümlich erschien bei einem Mann, der nie mehr als ein paar Shilling besessen hatte. Ethel erkannte eine Möglichkeit, ihn aus seiner Verdrossenheit zu reißen, und fragte: »Wie meinst du das?«
    »Vor dem Krieg hat der Staat ungefähr eine halbe Million Pfund am Tag ausgegeben – für das Militär, die Gerichte und Gefängnisse, für Bildung, Pensionen, Verwaltung der Kolonien, für alles eben.«
    »So viel!« Ethel lächelte ihn voller Zuneigung an. »Das ist eine von diesen Statistiken, die mein Vater immer im Kopf hat.«
    Bernie trank von seinem Kakao; dann fuhr er fort: »Rate mal, wie viel wir im Moment ausgeben.«
    »Das Doppelte? Eine Million am Tag? Aber nein, das wäre unmöglich.«
    »Unmöglich? Hast du eine Ahnung. Der Krieg kostet unser Land fünf Millionen Pfund am Tag, das Zehnfache der normalen Kosten.«
    Ethel war entsetzt. »Wo haben wir denn so viel Geld her?«
    »Da liegt das Problem. Wir leihen es uns.«
    »Aber wir haben jetzt seit über zwei Jahren Krieg. Wir müssen uns Unsummen geborgt haben … fast viertausend Millionen Pfund!«
    »In dieser Größenordung, ja. Die Ausgaben von normalerweise fünfundzwanzig Jahren.«
    »Wie sollen wir das jemals zurückzahlen?«
    »Wir können es nicht zurückzahlen. Eine Regierung, die versuchen würde, die Steuern in ausreichendem Maße zu erhöhen, müsste eine Revolution auslösen.«
    »Und was wird geschehen?«
    »Wenn wir den Krieg verlieren, sind unsere Gläubiger bankrott, vor allem die Amerikaner. Wenn wir siegen, lassen wir es von den Deutschen bezahlen. ›Reparationen‹ ist das Wort dafür.«
    »Und wie zahlen sie es?«
    »Indem sie verhungern. Aber es kümmert niemanden, was aus den Verlierern eines Krieges wird. Außerdem haben die Deutschen 1871 das Gleiche mit den Franzosen gemacht.« Er stand auf und stellte seine Tasse in die Spüle. »Deshalb können wir keinen Frieden mit Deutschland schließen. Wer würde dann die Rechnung bezahlen?«
    Ethel konnte es nicht fassen. »Und deshalb müssen wir immer mehr junge Männer nach Frankreich schicken, damit sie dort in den Schützengräben sterben. Weil wir die Rechnung nicht zahlen können. Was ist das für eine grauenhafte Welt, in der wir leben.«
    »Wir werden es ändern.«
    Bernie war der Ansicht, dass eine Revolution nötig sei, um eine Veränderung herbeizuführen. Doch Ethel hatte über die Französische Revolution gelesen und wusste, dass solche Dinge nicht immer so verliefen, wie die Leute es beabsichtigten. Dennoch war sie fest entschlossen, dass Lloyd es besser haben sollte.
    Schweigend saßen sie eine Zeit lang beisammen; dann stand Bernie auf. Er ging zur Tür, als wollte er sich auf den Heimweg machen, überlegte es sich dann aber anders. »Dieser Redner gestern Abend war interessant.«
    »Aye«, sagte Ethel.
    »Und clever.«
    »Ja, clever war er.«
    »Ethel … vor zwei Jahren hast du mir gesagt, du wolltest Freundschaft und keine Liebesaffäre.«
    »Es tut mir sehr leid, dass ich deine Gefühle verletzt habe, Bernie.«
    »Das braucht dir nicht leidzutun. Unsere Freundschaft ist das Beste, was ich je hatte.«
    Er setzte sich wieder zu ihr an den Tisch.
    »Du hast gesagt, ich würde das ganze schmusige Liebeszeug bald vergessen, und wir wären nur gute Freunde. Aber da hast du dich geirrt.« Er beugte sich im Stuhl vor. »Je besser ich dich kennenlerne, desto mehr liebe ich dich.«
    Ethel sah die Sehnsucht in seinen Augen und empfand tiefe Traurigkeit, dass sie seine Gefühle nicht erwidern konnte. »Du bist mir auch sehr teuer«, sagte sie, »aber nicht auf diese Weise.«
    »Welchen Zweck hat es, allein zu sein? Wir mögen uns. Wir sind ein so gutes Team! Wir haben die gleichen Ideale, die gleichen Ziele, ähnliche Ansichten – wir gehören zusammen.«
    »Eine Ehe ist mehr als das.«
    »Ich weiß. Und ich sehne mich danach, dich in die Arme zu nehmen.« Er bewegte die Hand, als wollte er sie ausstrecken und Ethel berühren, doch sie schlug die Beine übereinander und wandte sich auf ihrem Stuhl ab. Bernie zog die Hand zurück, und ein bitteres Lächeln verzerrte sein sonst so liebenswürdiges Gesicht. »Mir ist klar, dass ich nicht der stattlichste Mann bin, dem du je begegnet bist. Aber ich glaube, nie hat jemand dich

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