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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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du für die Hochzeit und für die Flitterwochen Sonderurlaub bekommst.«
    »Hat er das gesagt?« Normalweise hasste es Otto von Ulrich, wenn Soldaten ihre Verbindungen spielen ließen, um sich Privilegien zu sichern.
    »Er weiß, wie wichtig ein Erbe ist.«
    Walters Vater war also schon überredet worden. Wie lange das wohl gedauert hatte? Otto von Ulrich gab sich nicht so leicht geschlagen.
    Walter versuchte, ruhig sitzen zu bleiben. Es war eine beinahe unmögliche Situation für ihn. Da er mit Maud verheiratet war, durfte er nicht einmal den Anschein erwecken, an einer Ehe mit Monika interessiert zu sein; zugleich durfte er nichts von Maud erzählen. »Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Mutter, aber ich werde Monika von der Helbard nicht um ihre Hand bitten.«
    »Aber warum nicht?«, rief Susanne verzweifelt.
    Walter kam sich mies vor. »Ich wünschte, ich könnte dich glücklich machen. Mehr kann ich nicht dazu sagen.«
    Sie blickte ihn streng an. »Dein Vetter Robert hat nie geheiratet, aber in seinem Fall hat das keinen von uns überrascht. Ich hoffe, bei dir gibt es kein Problem derselben Art …«
    Die Bezugnahme auf Roberts Homosexualität machte Walter verlegen. »Mutter, bitte! Ich weiß genau, worauf du anspielst, aber ich kann dich beruhigen. Was das angeht, bin ich nicht wie Robert.«
    Sie wandte den Blick ab. »Tut mir leid, dass ich es erwähnt habe. Aber was ist dann der Grund? Du bist dreißig Jahre alt!«
    »Es ist nun mal schwer, die Richtige zu finden.«
    »So schwer wohl kaum.«
    »Ich suche nach einer Frau, die so ist wie du.«
    »Jetzt ziehst du mich auf«, sagte sie verärgert.
    Walter hörte eine Männerstimme vor der Tür. Einen Augenblick später kam sein Vater ins Zimmer. Er trug Uniform und rieb sich die kalten Hände. »Es wird schneien«, verkündete er, küsste seine Frau und nickte Walter zu. »Ich nehme an, das Fest war ein Erfolg, ja? Ich konnte leider nicht kommen. Heute Nachmittag hat eine Besprechung die andere gejagt.«
    »Es war großartig«, sagte Walter. »Mutter hat aus dem Nichts die schönsten Köstlichkeiten gezaubert, und der Perrier-Jouët war hervorragend.«
    »Welchen Jahrgang hattet ihr?«
    »Den 1899er.«
    »Ihr hättet den 92er nehmen sollen.«
    »Davon ist nicht mehr viel da.«
    »Aha.«
    »Ich hatte ein faszinierendes Gespräch mit Gus Dewar.«
    »Ich erinnere mich an ihn … Das ist doch der Amerikaner, dessen Vater Präsident Wilson nahesteht, nicht wahr?«
    »Der Sohn steht dem Präsidenten jetzt sogar noch näher. Gus arbeitet im Weißen Haus.«
    »Was hatte er zu sagen?«
    Susanne stand auf. »Ich lasse euch Männer dann mal allein.«
    Otto und Walter erhoben sich.
    »Bitte, denk darüber nach, was ich gesagt habe, Walter, Liebling«, sagte Susanne, ehe sie hinausging.
    Einen Augenblick später kam der Butler mit einem Glas goldenem Brandy. Otto nahm das Glas entgegen. »Du auch einen?«, fragte er Walter.
    »Nein, danke. Ich hatte genug Champagner.«
    Otto von Ulrich trank den Brandy und streckte die Beine zum Feuer hin aus. »So, der junge Dewar ist also gekommen … Hat er eine Nachricht mitgebracht?«
    »Streng vertraulich.«
    »Natürlich.«
    Walter konnte nicht viel Zuneigung für seinen Vater empfinden. Ihre Streitgespräche waren stets zu leidenschaftlich und sein Vater zu unbeugsam. Otto von Ulrich war engstirnig, vertrat überholte Ansichten und war keinen Vernunftgründen zugänglich. An diesen Fehlern hielt er mit einer genüsslichen Hartnäckigkeit fest, die Walter als abstoßend empfand. Und die Konsequenz seiner Dummheit – die Konsequenz der Dummheit seiner ganzen Generation – war das Gemetzel an der Somme. Das konnte Walter seinem Vater nicht vergeben.
    Dennoch sprach er in freundlichem Tonfall mit ihm, denn dieses Gespräch sollte so ruhig und angenehm wie möglich verlaufen. »Der amerikanische Präsident will nicht in den Krieg hineingezogen werden«, begann Walter.
    »Gut.«
    »Er möchte, dass wir Frieden schließen.«
    »Ha!« Ottos Spott war nicht zu überhören. »Was für eine billige Masche, uns besiegen zu wollen! Der Mann hat Nerven!«
    Walter verzweifelte ob dieser unvermittelten Häme, gab jedoch nicht auf und wählte seine Worte mit Bedacht. »Unsere Feinde behaupten, der deutsche Militarismus und das deutsche Säbelrasseln hätten diesen Krieg verursacht, aber das stimmt natürlich nicht.«
    »Da hast du allerdings recht«, sagte Otto. »Die russische Mobilmachung hat unsere Ostgrenze bedroht, die französische

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