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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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herein. Ihr bäuerlicher Akzent war schwer zu verstehen, doch ein Satz wurde immer wieder laut wiederholt: »Wir wollen mit dem Fürsten sprechen!«
    Als Andrej diese Worte hörte, drängte er sich an Fitz vorbei in die Eingangshalle. Der Mob grölte und buhte, als Andrej in Abendgarderobe erschien. Er hob die Stimme. »Wenn ihr auf der Stelle verschwindet«, rief er, »kommt ihr ohne allzu große Schwierigkeiten davon.«
    Fjodor antwortete wütend: »Du bist derjenige, der in Schwierigkeiten steckt! Du hast meinen Bruder ermordet!«
    Fitz hörte, wie Valerija mit ruhiger Stimme sagte: »Mein Platz ist an der Seite meines Mannes.« Bevor er sie daran hindern konnte, ging sie in die Halle.
    »Ich wollte nicht, dass Iwan stirbt«, rief Andrej. »Außerdem würde er noch leben, hätte er nicht gegen das Gesetz verstoßen und sich mir, seinem Fürsten, widersetzt!«
    Mit einer plötzlichen Bewegung drehte Fjodor das Gewehr und schmetterte Andrej den Kolben ins Gesicht.
    Andrej taumelte zurück und drückte sich die Hand auf die Wange.
    Die Bauern johlten.
    Fjodor rief: »Das hast du auch mit Iwan gemacht, du Schwein!« Er hob das Gewehr über den Kopf. Scheinbar eine Ewigkeit schwebte die Waffe wie ein Henkersbeil in der Luft. Dann schlug er mit aller Kraft zu und traf Andrej am Kopf. Ein Übelkeit erregendes Krachen war zu hören. Wie vom Blitz getroffen, fiel Andrej zu Boden.
    Valerija schrie auf.
    Fitz, der durch den Türspalt schaute, zog seinen Revolver, entsicherte ihn und zielte auf Fjodor, doch die Bauern drängten sich um ihn, traten Andrej und schlugen auf ihn ein. Valerija versuchte, zu ihm zu gelangen, schaffte es aber nicht, sich durch den wütenden Mob zu drängen.
    Ein Bauer schlug mit einer Sichel nach dem Porträt von Beas Großvater und zerschnitt die Leinwand. Ein anderer feuerte mit einer Schrotflinte auf den Kronleuchter, der in tausend Stücke zersprang, sodass ein Kristallregen auf den Teppich niederging. Flammen schlugen aus einem Vorhang, den jemand in Brand gesetzt hatte.
    Auf dem Schlachtfeld hatte Fitz gelernt, dass Kühnheit manchmal nüchterner Berechnung weichen musste. Er wusste, dass er Andrej nicht mehr vor dem Mob retten konnte, vielleicht aber Valerija.
    Er steckte den Revolver weg und trat in die Eingangshalle. Der Mob richtete seine Aufmerksamkeit auf den am Boden liegenden Andrej. Valerija versuchte immer noch, zu ihm zu gelangen, und schlug hilflos mit den Fäusten auf die Schultern der Bauern vor ihr ein. Fitz packte sie um die Hüfte, hob sie hoch und trug sie in den Salon zurück. Sein verletztes Bein brannte wie Feuer unter der Last, aber er biss die Zähne zusammen.
    »Lass mich los!«, rief Valerija. »Ich muss Andrej helfen!«
    »Wir können nichts mehr für ihn tun«, sagte Fitz. Er verlagerte seinen Griff, warf sich seine Schwägerin über die Schulter und nahm so die Last von seinem Bein. In diesem Moment zischte eine Kugel so nahe an ihm vorbei, dass er sie hören konnte. Er schaute zurück und sah einen grinsenden Soldaten, der mit einer Pistole auf ihn zielte.
    Fitz hörte einen zweiten Schuss und spürte den Einschlag. Kurz glaubte er, getroffen worden zu sein, doch da war kein Schmerz. Eine Sekunde später sprang er durch die Verbindungstür ins Speisezimmer.
    »Sie hauen ab!«, hörte Fitz den Soldaten rufen. »Lasst sie nicht entkommen!«
    Fitz brach in dem Augenblick durch die Tür, als eine weitere Kugel in den Rahmen einschlug. Zum Glück waren gemeine Soldaten nicht im Umgang mit Pistolen ausgebildet. So schnell er konnte, humpelte Fitz an dem mit Silber und Kristall gedeckten Tisch vorüber, an dem sie hatten dinieren wollen. Er hörte, dass mehrere Soldaten seine Verfolgung aufgenommen hatten. Am anderen Ende des Raumes führte eine Tür in die Küche. Fitz eilte durch einen schmalen Gang. In der Küche standen eine Köchin und mehrere Küchenhilfen und drängten sich verängstigt aneinander. Fürstin Bea war nirgends zu sehen.
    Fitz erkannte, dass seine Verfolger so dicht hinter ihm waren, dass eine weitere Flucht sinnlos war. Sobald sie freies Schussfeld hatten, war er ein toter Mann. Er musste etwas tun, um sie aufzuhalten.
    Kurz entschlossen setzte er Valerija ab. Sie wankte, und Fitz sah Blut auf ihrem Kleid. Offenbar war sie von einer Kugel getroffen worden, aber sie war bei Bewusstsein. Fitz setzte sie auf einen Stuhl und drehte sich zum Gang um. Der grinsende Soldat rannte auf ihn zu und feuerte wild. Ihm folgten vier weitere grölende Gestalten, doch

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