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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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muss mir über ein paar Hundert verdammte Deutsche Gedanken machen.«
    »Tut mir leid, Billy.«
    Wie viele Deutsche waren da vorn? Auf dem Schlachtfeld ließ sich nur schwer schätzen, wie stark der Feind war, aber Billy glaubte, wenigstens zweihundert Mann gesehen zu haben; wahrscheinlich lagen noch mehr im Verborgenen. Er vermutete, dass sie einem Bataillon gegenüberstanden. Sein vierzig Mann starker Zug war hoffnungslos in der Unterzahl.
    Was sollte er tun?
    Seit mehr als vierundzwanzig Stunden hatte er keinen Offizier mehr gesehen. Er wusste nicht, wo der Zugführer steckte. Er selbst hatte das Kommando. Er brauchte einen Plan.
    Billy war längst darüber hinweg, sich über die Unfähigkeit seiner Offiziere zu ärgern – Ergebnis eines Klassensystems, das Billy zu verabscheuen gelernt hatte. Doch bei den seltenen Gelegenheiten, wo er anstelle eines Offiziers den Befehl über den Zug übernehmen musste, spürte Billy umso deutlicher die Last der Verantwortung und die Furcht, falsche Entscheidungen zu treffen, die seine Kameraden das Leben kosten konnten.
    Wenn die Deutschen frontal angriffen, wurde sein Zug überrannt. Andererseits wusste der Feind nicht, wie schwach Billys Kräfte waren. Konnte er die Deutschen täuschen und irgendwie den Eindruck erwecken, als hätte er mehr Männer zur Verfügung?
    Der Gedanke an Rückzug ging Billy durch den Kopf, doch er verdrängte ihn rasch: Er war in einer Verteidigungsstellung und musste versuchen, sie zu halten. Also würden sie bleiben und kämpfen, vorerst zumindest.
    »Gib ihnen noch ’ne Trommel zu schmecken, George!«, rief er. Als das Lewis- MG losratterte, rannte Billy den Graben entlang. »Immer schön das Feuer halten, Jungs!«, rief er. »Die sollen denken, dass hier Hunderte von uns sind!«
    Er entdeckte Dai Powells Leiche am Boden. An dem klaffenden Loch im Kopf des Toten wurde das Blut bereits schwarz. Unter der Uniformjacke trug Dai einen Pullover von seiner Mutter. Es war ein hässliches braunes Ding, aber es hatte ihn vermutlich warm gehalten. »Ruhe in Frieden, Junge«, murmelte Billy.
    Ein Stück den Graben hinunter traf er auf Johnny Ponti. »Mach den Stokes-Mörser klar, Johnny«, befahl er. »Ich will die Mistkerle springen sehen.«
    »Mit Vergnügen«, sagte Johnny. Er baute die Waffe mit ihrem Zweibein und der Bodenplatte an der Grabensohle auf. »Entfernung? Fünfhundert Yards?«
    Johnnys Ladeschütze war Suet Hewitt, der Junge mit dem Puddinggesicht. Er sprang auf den Schützenauftritt und rief: »Aye! Fünf- bis sechshundert!« Billy schaute selbst nach, aber Suet und Johnny waren ein eingespieltes Team, und so überließ er die Entscheidung ihnen.
    »Zwei Ringe bei fünfundvierzig Grad«, sagte Johnny. Die Werfergranaten konnten mit zusätzlicher Treibladung bestückt werden, die ihre Reichweite erhöhte.
    Johnny sprang auf den Schützenauftritt, um noch einen Blick auf die Deutschen zu werfen; dann richtete er den Mörser ein. Der Corporal ließ eine Granate ins Rohr rutschen. Der Stahldorn zündete die Treibladung, und der Mörser feuerte. Die Granate schlug weit vor den deutschen Stellungen ein. »Fünfzig Yards weiter und eine Spur nach rechts!«, rief Suet.
    Johnny korrigierte, indem er den Schusswinkel mithilfe einer Kurbel änderte und das Zweibein zur Seite rückte. Dann feuerte er wieder. Die zweite Bombe landete in einem Granattrichter, in dem mehrere Deutsche Deckung gesucht hatten. »So ist’s richtig!«, rief Suet.
    Billy konnte nicht sehen, ob feindliche Soldaten getroffen worden waren, aber der Beschuss zwang sie, die Köpfe unten zu halten. »Schick ihnen ein Dutzend davon rüber!«, rief er.
    Billy rannte weiter und kam zu Robin Mortimer, dem Ex-Offizier, der auf dem Schützenauftritt stand und rhythmisch feuerte. Mittlerweile war jeder Soldat im Umgang mit Handgranaten ausgebildet; es gab keine spezialisierten »Bomber« mehr, sodass Mortimer nun Schütze war wie alle anderen. Er hielt inne, um sein Gewehr nachzuladen, und bemerkte Billys Blick. »Hol Munition, Taffy«, sagte er. Wie immer klang er mürrisch. »Du willst doch nicht, dass alles gleichzeitig losrennen muss, oder?«
    Billy nickte. »Gute Idee.« Das Munitionslager war hundert Yards hinter ihnen und durch einen Laufgraben zu erreichen. Er winkte zwei Neue zu sich, die ohnehin kaum geradeaus schießen konnten. »Jenkins und Nosey, holen Sie Munition, los! Im Laufschritt!« Die beiden jungen Burschen rannten los.
    Billy spähte wieder durch den Sehschlitz. Er

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