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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Funkeln am Boden: ein Stolperdraht. Walter und seine Männer waren in ein bis dato unentdecktes Minenfeld geraten. Panik erfasste ihn, als ihm klar wurde, dass er mit jedem Schritt zerfetzt werden konnte, doch er riss sich zusammen. »Achtet auf den Boden!«, brüllte Walter, doch seine Worte gingen im Geschützdonner unter. Die Männer stürmten weiter voran. Die Verwundeten mussten sie wie immer für die Sanitäter oder zum Sterben liegen lassen.
    Einen Augenblick später endete der Artilleriebeschuss.
    Ludendorff hatte die alte Taktik des mehrtägigen Dauerfeuers vor einem Angriff aufgegeben; sie hatte dem Feind zu viel Zeit gelassen, Reserven heranzuführen. Fünf Stunden Beschuss galten der Heeresleitung nun als ausreichend, um den Feind zu verwirren und zu demoralisieren – zumindest theoretisch.
    Walter rannte schneller. Er atmete schwer, aber gleichmäßig, schwitzte kaum, war wachsam, aber seltsam ruhig. In wenigen Sekunden würden sie Feindkontakt haben.
    Dann erreichte Walter den britischen Stacheldraht. Er war nicht zerstört, doch die deutsche Artillerie hatte breite Lücken gerissen. Walter führte seine Männer hindurch.
    Nun war der Nebel ihr Freund. Er verbirgt uns vor dem Feind, dachte Walter mit einem Anflug von Schadenfreude. Sonst hätten sie jetzt schon unter schwerem Maschinengewehrfeuer gelegen, doch die Briten konnten sie nicht sehen.
    Walter gelangte auf ein Geländestück, auf dem der Boden von der deutschen Artillerie regelrecht umgepflügt worden war. Zuerst konnte er außer Kratern und Erdhaufen nichts sehen. Dann entdeckte er ein Stück Graben: Sie hatten die britischen Linien erreicht, aber diese waren zerrissen. Die Artillerie hatte ganze Arbeit geleistet.
    Oder war da jemand im Graben? Bis jetzt war jedenfalls kein Schuss gefallen. Aber es war besser, auf Nummer sicher zu gehen. Walter machte eine Handgranate scharf und schleuderte sie in den Graben. Nachdem sie detoniert war, spähte er über die Brüstung. Mehrere Männer lagen auf dem Boden; keiner von ihnen rührte sich. Falls einer den Artilleriebeschuss überlebt haben sollte, hatte die Handgranate ihm den Rest gegeben.
    Bis jetzt haben wir Glück gehabt, dachte Walter. Aber wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass es so weitergeht.
    Er stürmte die Linie entlang, um nach seinen Männern zu sehen, und entdeckte ein halbes Dutzend britische Soldaten, die sich ergaben. Sie hatten ihre Waffen fallen lassen und die Hände auf ihre Stahlhelme gelegt. Im Vergleich zu ihren deutschen Gegnern sahen sie gut genährt aus.
    Leutnant von Braun richtete sein Gewehr auf die Briten, doch Walter wollte nicht, dass seine Offiziere Zeit mit Gefangenen verschwendeten. Er nahm die Gasmaske ab; die Briten trugen auch keine, sodass offenbar keine Gefahr durch Gas bestand. »Bewegung!«, rief er dann auf Englisch. »Da lang! Da lang!« Er deutete in Richtung der deutschen Linien. Die Briten beeilten sich. Sie wollten schnellstmöglich aus dem Kampfgebiet. »Lassen Sie die Männer gehen, von Braun!«, rief Walter dem Leutnant zu. »Die hinten werden sich schon um sie kümmern. Wir müssen weiter vor!« Dafür waren Sturmtruppen schließlich da.
    Walter lief weiter. Über mehrere Hundert Meter hinweg bot sich ihm stets das gleiche Bild: zerstörte Gräben, gefallene Feinde, kein ernsthafter Widerstand. Dann hörte er Maschinengewehrfeuer, und einen Augenblick später stieß er auf einen seiner Züge, der in den Granattrichtern Deckung gesucht hatte. Walter warf sich neben einen Feldwebel, einen Bayern mit Namen Schwab. »Wir können ihre Stellung nicht sehen«, erklärte Schwab. »Wir schießen nach Gehör.«
    Schwab hatte die Taktik offenbar nicht begriffen: Sturmtruppen sollten starke Feindstellungen umgehen und sie der nachrückenden Infanterie überlassen. »Bleibt in Bewegung!«, befahl Walter. »Umgeht das Maschinengewehrnest.« Als das Feuer kurz verstummte, sprang er auf und winkte den Männern. »Los! Hoch mit euch! Weiter!« Sie gehorchten, und Walter führte sie weg vom Maschinengewehr und in einen leeren Graben.
    Dort stieß er wieder auf Gottfried. Der Leutnant hielt ein Kochgeschirr mit Biskuit in der Hand und stopfte sich beim Laufen das Essen in den Mund. »Unglaublich!«, rief er. »Sie sollten sich mal die britische Verpflegung ansehen!«
    Walter schlug ihm das Kochgeschirr aus der Hand. »Sie sind zum Kämpfen und nicht zum Fressen hier, Sie verdammter Idiot!«, brüllte er. »Los, weiter!«
    Walter erschrak, als plötzlich

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