Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Sommeschlacht in fast fünf Monaten an sich gerissen hatte.
    Ein deutscher Sieg lag tatsächlich in Reichweite.
    Walter setzte sich an die britische Schreibmaschine und machte sich daran, seinen Bericht zu tippen.

Kapitel 30
    Ende März und April 1918
    Über das Osterwochenende gab Fitz ein Hausfest auf Ty Gwyn. Er verfolgte damit einen bestimmten Zweck. Die Männer, die er einlud, standen dem neuen Regime in Russland genauso ablehnend gegenüber wie er.
    Sein Ehrengast war Winston Churchill.
    Churchill gehörte der Liberalen Partei an, und man hätte von ihm erwarten können, dass er mit den Revolutionären sympathisierte; aber er war auch der Enkel eines Herzogs und besaß einen Hang zum Autoritären. Fitz hatte Churchill lange Zeit als Verräter an seiner Klasse betrachtet, doch nun war er geneigt, ihm zu vergeben, weil er die Bolschewisten so leidenschaftlich hasste wie er selbst.
    Winston Churchill traf am Karfreitag ein. Fitz ließ ihn mit dem Rolls-Royce vom Bahnhof in Aberowen abholen. Churchill polterte in den Morgensalon – eine kleine, schmächtige Gestalt mit rotem Haar und rosigem Teint. Seine Schuhe waren nass vom Regen. Er trug einen maßgeschneiderten weizenfarbenen Tweedanzug und eine Fliege vom gleichen Blau wie seine Augen. Er war dreiundvierzig, hatte aber noch immer etwas Jungenhaftes an sich, als er seinen Bekannten zunickte und den Gästen, die er nicht kannte, die Hand schüttelte.
    Er betrachtete die Vertäfelung in Faltenfüllung, die gemusterten Tapeten, den Kamin aus gehauenem Stein und die Möbel aus dunkler Eiche und sagte: »Ihr Haus ist eingerichtet wie Westminster Palace, Fitz!«
    Churchill hatte allen Grund, gut gelaunt zu sein. Er saß wieder in der Regierung. Lloyd George hatte ihn zum Munitionsminister ernannt. Man hatte viel darüber geredet, weshalb der Premier einen so schwierigen und unberechenbaren Mann zurückgeholt hatte, und war allgemein zu dem Ergebnis gekommen, dass Lloyd George es vorzog, wenn Churchill mit im Zelt saß und hinausspuckte, als umgekehrt.
    »Ihre Bergleute unterstützen die Bolschewisten«, sagte Churchill teils amüsiert, teils abgestoßen, setzte sich und streckte seine feuchten Schuhe an das lodernde Kohlenfeuer. »An jedem zweiten Haus, an dem ich vorbeigekommen bin, flatterte die rote Fahne.«
    »Diese Leute ahnen nicht, was sie da bejubeln«, erwiderte Fitz verächtlich. Doch hinter seiner hochmütigen Fassade war er zutiefst besorgt.
    Maud brachte Churchill eine Tasse Tee; dann nahm er sich ein gebuttertes Muffin von einer Platte, die ein Diener ihm anbot. »Wie ich höre, haben Sie einen persönlichen Verlust erlitten.«
    »Die Bauern haben meinen Schwager, Fürst Andrej, und seine Frau ermordet.«
    »Mein aufrichtiges Beileid.«
    »Bea und ich waren zufällig anwesend und sind nur knapp mit heiler Haut entkommen.«
    »Genau das erzählt man sich!«
    »Die Bauern haben das Land meines Schwagers an sich gebracht, ein riesiges Anwesen, das rechtmäßig Erbe meines Sohnes ist. Das neue Regime hat diesen Landraub gebilligt.«
    »Ich fürchte, so ist es. Lenin hatte es sehr eilig, sein Dekret über den Grund und Boden zu verabschieden.«
    Maud warf ein: »Um gerecht zu bleiben – Lenin hat auch den Achtstundentag für Arbeiter und allgemeine kostenlose Bildung für ihre Kinder angekündigt.«
    Fitz war erbost. Maud besaß kein Taktgefühl. Jetzt war kaum der passende Moment, um Lenin zu verteidigen.
    Doch Churchill war ihr gewachsen. »Gleichzeitig verbietet er den Zeitungen, Kritik an der Regierung zu üben«, versetzte er. »So viel zur Freiheit unter dem Sozialismus.«
    »Das Geburtsrecht meines Sohnes ist nicht der einzige, nicht einmal der hauptsächliche Grund für meine Besorgnis«, sagte Fitz. »Wenn die Bolschewisten durchkommen mit dem, was sie in Russland getan haben – wo werden sie es als Nächstes versuchen? Die walisischen Bergarbeiter behaupten jetzt schon, dass Kohle nicht dem Eigentümer des Landes gehöre, auf dem sie gefunden wird, weil Kohle sich unter Tage befindet und deshalb im Besitz aller sei. Und in der Hälfte aller Kneipen wird samstagabends ›Völker, hört die Signale‹ gesungen.«
    »Das bolschewistische Regime sollte gleich bei der Geburt erwürgt werden«, sagte Churchill und blickte nachdenklich drein. »Bei der Geburt erwürgt«, wiederholte er, zufrieden mit diesem Ausdruck.
    Fitz zügelte seine Ungeduld. Manchmal glaubte Churchill, er habe eine Politik ausgearbeitet, obwohl er in Wahrheit nur eine Wendung

Weitere Kostenlose Bücher