Sturz der Titanen
was Sie tun können.« C nahm einen Stechzirkel vom Schreibtisch, wie man ihn benutzte, um auf Karten Entfernungen abzulesen. Wie geistesabwesend stieß er sich die Spitze in sein linkes Bein.
Fitz gelang es nur mit Mühe, einen Aufschrei des Entsetzens zurückzuhalten. Es war natürlich eine Prüfung. Er erinnerte sich, dass C seit einem Autounfall ein Holzbein hatte. »Guter Trick«, sagte er und lächelte. »Ich wäre beinahe darauf hereingefallen.«
C legte den Zirkel weg und starrte Fitz durch sein Monokel scharf an. »In Sibirien gibt es einen Kosakenhauptmann, der das dortige bolschewistische Regime gestürzt hat«, sagte er. »Ich muss erfahren, ob er es wert ist, dass wir diesen Mann unterstützen.«
Fitz war erstaunt. »Offen?«
»Selbstverständlich nicht. Aber ich habe geheime Mittel. Wenn wir die Keimzelle einer gegenrevolutionären Regierung im Osten aufrechterhalten könnten, wäre es die Aufwendung von … sagen wir, zehntausend Pfund im Monat wert.«
»Wie heißt der Mann?«
»Hauptmann Semjonow, achtundzwanzig Jahre alt. Er ist in Manjur an der Chinesischen Osteisenbahn stationiert, unweit der Stelle, an der diese Bahn sich mit der Transsibirischen Eisenbahn trifft.«
»Also beherrscht Semjonow eine Eisenbahntrasse und könnte eine zweite kontrollieren.«
»Genau. Und er hasst die Bolschewisten.«
»Deshalb müssen wir mehr über ihn erfahren.«
»Richtig. Und da kommen Sie ins Spiel.«
Fitz war begeistert von der Aussicht, am Sturz Lenins mitwirken zu dürfen, doch zuerst einmal kamen ihm viele Fragen: Wie sollte er Semjonow finden? Der Mann war Kosak, und Kosaken waren berüchtigt dafür, erst zu schießen und dann Fragen zu stellen. Würde Semjonow mit ihm reden oder ihn töten? Und der Mann würde natürlich behaupten, die Bolschewisten besiegen zu können. Würde er, Fitz, beurteilen können, ob das illusorisch war oder ob tatsächlich die Möglichkeit bestand? Und konnte er sicherstellen, dass Semjonow das britische Geld sinnvoll nutzte?
»Bin ich denn die richtige Wahl?«, fragte er. »Verzeihen Sie, wenn ich das sage, aber ich bin eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens und selbst in Russland kein Unbekannter …«
»Offen gesagt bleibt uns keine große Wahl. Wir brauchen jemanden von hohem Rang für den Fall, dass Unterhandlungen mit Semjonow erforderlich werden. Und es gibt nicht viele absolut vertrauenswürdige Männer, die Russisch sprechen. Glauben Sie mir, Sie sind der Beste, den wir haben.«
»Ich verstehe.«
»Natürlich wird es gefährlich …«
Fitz erinnerte sich an die Bauernmeute, die Andrej totgeschlagen hatte. Ihm konnte das Gleiche widerfahren, und für einen Moment befiel ihn Panik, die er aber rasch niederkämpfte. »Mir ist das Risiko bewusst«, entgegnete er ruhig.
»Dann reisen Sie nach Wladiwostok?«
»Selbstverständlich«, sagte Fitz.
Kapitel 31
Mai bis September 1918
Gus Dewar fiel das Soldatenleben nicht leicht. Er war dürr und ungelenk und hatte Schwierigkeiten, auf militärische Art zu marschieren und zu salutieren. Und was seine Fitness betraf, so hatte er seit der Schulzeit kaum mehr Sport getrieben. Seine Freunde, die seine Vorliebe für Blumen auf dem Esstisch und Leinenbetttücher kannten, waren der Auffassung, die Army würde ein furchtbarer Schock für ihn sein. Chuck Dixon, der gemeinsam mit Gus die Offiziersausbildung absolvierte, sagte: »Zu Hause lässt du dir nicht mal selbst das Badewasser ein, Gus.«
Aber Gus überlebte. Mit elf Jahren war er in ein Internat gekommen; also war es nichts Neues für ihn, von Schulhofschlägern drangsaliert und von dummen Vorgesetzten herumkommandiert zu werden. Vor allem seiner reichen Eltern und seiner auffallend guten Manieren wegen musste er einiges an Spott über sich ergehen lassen, doch er ertrug es geduldig.
Ging es jedoch ums Laufen, bemerkte Chuck überrascht, entwickelte Gus eine gewisse schlaksige Eleganz, die er zuvor nur auf dem Tennisplatz an den Tag gelegt hatte. »Du siehst wie eine dämliche Giraffe aus«, sagte Chuck, »aber du läufst auch wie eine.« Aufgrund seiner langen Reichweite zeigte Gus auch gute Leistungen beim Boxen; allerdings fehle ihm bedauerlicherweise der Killerinstinkt, bemerkte sein Ausbilder.
Und leider erwies Gus sich als miserabler Schütze.
Er wollte es in der Army unbedingt schaffen – teils, weil er wusste, dass viele Leute glaubten, er würde untergehen. Er musste ihnen und vielleicht auch sich selbst beweisen, dass er kein Weichling war. Aber
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