Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Körper mehr gehörte.
    War es Chucks Arm? Bestimmt musste man das irgendwie feststellen können. Doch Gus war viel zu entsetzt, um darüber nachzudenken. Mit dem Stiefel schob er ein wenig Erde beiseite, kniete sich hin und grub mit beiden Händen. Er sah einen khakifarbenen Kragen mit einer silbernen Anstecknadel » US « und stöhnte: »O Gott.« Rasch grub er Chucks Gesicht aus. Sein Freund rührte sich nicht, kein Atem, kein Puls.
    Gus versuchte sich zu erinnern, was er als Nächstes tun sollte. Wen sollte er im Todesfall kontaktieren? Und irgendetwas musste doch mit der Leiche geschehen! Nur was? Normalerweise hätte er jetzt einen Bestatter bestellt.
    Gus hob den Blick und sah einen Sergeant und zwei Corporals, die ihn anstarrten. Eine Mörsergranate explodierte auf der Straße hinter ihnen, und alle duckten sich instinktiv; dann schauten sie Gus wieder an. Gus erkannte, dass die Männer auf seine Befehle warteten.
    Gus stand auf und erinnerte sich wenigstens teilweise an seine Ausbildung. Es war nicht sein Job, sich um tote oder auch nur verwundete Kameraden zu kümmern. Er lebte und war unverletzt, und es war seine Pflicht zu kämpfen. Gus überkam eine irrationale Wut auf die Deutschen, die Chuck getötet hatten. Zum Teufel mit ihnen, dachte er. Jetzt schlage ich zurück!
    Er rief sich in Erinnerung, was er als Letztes getan hatte: Er hatte seine schweren Waffen in Stellung gebracht. Also musste er damit weitermachen. Außerdem musste er jetzt den Befehl über Chucks Zug übernehmen.
    Gus deutete auf den Sergeant, der für die Mörser verantwortlich war. »Vergessen Sie das Bootshaus, es liegt zu exponiert«, sagte er. Er wies über die Straße hinweg zu einer schmalen Gasse zwischen einer Weinhandlung und einem Mietstall. »Bringen Sie drei Mörser in der Gasse da drüben in Stellung.«
    »Jawohl, Sir.« Der Sergeant eilte davon.
    Gus blickte die Straße hinunter. »Sehen Sie das flache Dach da drüben, Corporal? Bauen Sie ein MG da auf.«
    »Sir, bitte entschuldigen Sie, aber das ist eine Automobilwerkstatt. Da drunter könnte es einen Benzintank geben.«
    »Verdammt, Sie haben recht. Gut aufgepasst, Corporal. Dann auf dem Kirchturm. Unter dem gibt’s höchstens Gesangbücher.«
    »Jawohl, Sir. Viel besser. Danke, Sir.«
    »Und ihr anderen … folgt mir. Wir werden uns Deckung suchen, während ich mir überlege, was wir mit dem Rest machen.«
    Gus führte die Männer in eine Seitenstraße. Hinter den Häusern verlief ein schmaler Pfad. Eine Granate schlug in den Hof eines Ladens für landwirtschaftlichen Bedarf ein und hüllte Gus in eine Wolke aus Dünger. Es schien, als wollte sie ihn daran erinnern, dass er noch nicht außer Reichweite war.
    Gus lief den Weg hinunter, suchte sich Deckung vor dem Beschuss, wann immer möglich, brüllte seinen Unteroffizieren Befehle zu und ließ die Maschinengewehre in den stabilsten Gebäuden aufstellen und die Mörser in den Gärten dazwischen. Hin und wieder machten seine Untergebenen Vorschläge oder widersprachen ihm. Gus hörte ihnen jedes Mal zu und traf dann eine schnelle Entscheidung.
    Es dauerte nicht lange, bis die Dunkelheit hereinbrach, was Gus’ Job noch schwieriger machte. Die Deutschen entfesselten einen wahren Feuersturm über der Stadt, und die meisten Geschosse waren genau auf die amerikanischen Stellungen am Südufer gezielt. Mehrere Gebäude wurden zerstört, sodass die Uferstraße wie ein Gebiss voller fauler Zähne aussah. Gus verlor in der ersten Stunde drei Maschinengewehre.
    Erst um Mitternacht konnte er ins Bataillonshauptquartier in einer Nähmaschinenfabrik ein paar Straßen südlich zurückkehren. Colonel Wagner studierte mit seinem französischen Gegenstück einen Stadtplan. Gus berichtete, dass seine und Chucks Mörser und MG s in Position seien. »Gut gemacht, Dewar«, sagte Colonel Wagner. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Natürlich, Sir«, antwortete Gus verwirrt und ein wenig beleidigt. Glaubte der Colonel etwa, er hätte nicht die Nerven für das hier?
    »Ich frage nur, weil Sie voller Blut sind.«
    »Was?« Gus schaute an sich herunter und sah erst jetzt, dass seine Uniform von geronnenem Blut verklebt war. »Wo kommt das dann her?«
    »Wie es aussieht, aus Ihrem Gesicht. Sie haben da eine üble Wunde.«
    Gus tastete seine Wange ab und zuckte unwillkürlich zusammen, als seine Finger rohes Fleisch berührten. »Ich weiß nicht, wann das passiert ist«, sagte er.
    »Gehen Sie zum Verbandplatz, und lassen Sie das sauber

Weitere Kostenlose Bücher